So Leute, wir haben Euch lange genug warten lassen. Eine halbe Ewigkeit nach unserer Tour stelle ich hier mal den kompletten Bericht rein. Er ist SEHR ausführlich geworden; über nette Kommentare freuen wir uns natürlich.
Ich muß noch dazu sagen daß das natürlich aus meiner Sicht alles ist, evtl. schreibt ja Bernhard auch noch was dazu

Viel Spaß beim Lesen
Schottland 2011
Die VorbereitungDa die Abfahrt für den Morgen des 2.8., ein Dienstag, geplant war und ich seit Samstag frei hatte, hatte ich viel Zeit um alles gut vorbereiten zu können. Dachte ich. De fakto hatte die Zeit überhaupt nicht gereicht. Dies lag an vielen Dingen und Umständen, die weitaus mehr Zeit gefressen hatten als gedacht. Zum einen artete der Ölwechsel in die größte Sauerei aus, die ich mit dem Rotax-Motor je erlebt hatte und mußte feststellen daß die Werkstatt die Ritzelabdeckung (die für den Ölfilterwechsel ab muß) mit einer Schraube befestigte, die ich das letzte mal extra weggelassen hatte, da sie direkt hinter dem Fußrastenträger sitzt und dort praktisch unerreichbar ist.
Drei Stunden. Ja, geschlagene drei Stunden lag ich auf dem Rücken und versuchte diese Schraube milimeterweise herauszudrehen. Ich hätte evtl. auch einfacher die Schwingenhalterung lösen können um hier besser heranzukommen - nur war ich nicht gewillt, wenige Tage vor Abfahrt an einer Stelle herumzuschrauben mit der ich mich schlicht nicht auskenne. Daß der Tag nach vier Stunden Schraube lösen und Ölwechsel im Arsch war, muß ich wohl nicht erwähnen, zumal ich noch Wäsche zu waschen hatte.
Auch die anderen Tage kosteten die Vorbereitungen weitaus mehr Zeit als gedacht, da ich für diverse Einkäufe mehrere Läden abklappern mußte ehe ich das gewünschte Teil bekam. So hatte ich eigentlich geplant, mir von meinen Media-Markt-Gutscheinen die ich noch vom letzten Geburtstag hatte, einen Camcorder zu kaufen. Auf der Internetseite suchte ich mir ein passendes Modell von Aiptek für rund 130 Euro heraus und beabsichtigte, mir in einer Filiale auch noch andere Modelle anzusehen da es auf der Webseite heißt, man solle sich in jedem Fall auch vor Ort kundig machen da die Filialen oft eine weit größere Auswahl böten. Also fuhr ich los, nur um festzustellen daß die Auswahl des Speyerer Media Marktes ein Witz ist: völlig andere Modelle als online angegeben und diese fingen auch erst beim doppelten Preis an. Um die Fahrt nicht völlig sinnlos werden zu lassen schaute ich mir zumindest die Navigationsgeräte an, von denen mir auch eines recht positiv auffiel.
Danach fuhr ich zum Sandhofener Media Markt (unter Umgehung der Neckarauer Filiale da die Sandhofener generell größer sein soll) und erlebte dort praktisch das gleiche wie in der Speyerer Filiale: Auswahl ab rund 300 Euro und wieder völlig inkompatibel mit der Online Übersicht. Also kaufte ich mir schließlich das Navi von der Firma Garmin.
Ähnlich ging es mir beim Kauf eines Minikanisters für den Benzinkocher, der eine Extra Tour zum Polo nötig machte da bei Louis nichts Adäquates vorhanden war. Und die gleiche Geschichte beim Kauf von transportabler Tubenmilch mit Zucker für den Kaffee, für den ich insgesamt drei Großmärkte abklappern mußte und erst im Real fündig wurde.
Auf diese Weise ging für praktisch alles weitaus mehr Zeit ins Land als gedacht, so daß ich am Vorabend der Abfahrt erst so weit war, daß alles zum Einpacken fertig zurecht lag und ich die Nacht bis 2 Uhr noch damit verbrachte, die Liste der Tipps und Sehenswürdigkeiten auf der Strecke druckfertig zu machen und auch die Buchungsbestätigungen für die Fähre und das Etap-Hotel auszudrucken - natürlich auch inklusive eines stundenlangen Kampfes mit dem Drucker, der sich beharrlich weigerte schwarz zu drucken obwohl die lila Patrone leer war.
So kam es durch die recht kurze Nacht, daß ich am nächsten Morgen das bereitliegende Gepäck nicht wirklich gut den einzelnen Koffern zuordnen konnte und einiges an Platz verschenkte. Ich entschied mich, die Rotax-Reparaturanleitung daheim zu lassen. Auf diese Weise liegenbleibend verdeckte sie eine kleine Tasche mit dem wichtigsten Bordwerkzeug: z.B. dem Zündkerzenschlüssel und dem 18/21er Maulschlüssel den man zur Lösung der Hinterachse braucht wenn man die Kette nachstellen muß. Auch ein Bowdenzugreparatursatz war hierunter. Daß diese Tasche verdeckt war und daher liegengelassen wurde sollte sich noch als fatal herausstellen.
Mit einer Stunde Verspätung traf ich dann bei Markus ein, wo wir noch schnell die Ketten nachstellten und ich bereits den Maulschlüssel vermisste. Nochmal zurück zu fahren hätte aber eine weitere Stunde Verspätung bedeutet.
Das bereitete mir aber wenig Sorgen da meine MZ in den letzten 2 Monaten praktisch alle denkbaren Verschleißteile ersetzt bekam.
Folgende Arbeiten und Neuteile hatte ich im Vorfeld investiert:
-Reifen vorne und hinten neu
-Schläuche vorne und hinten neu
-Zahnriemen neu
-Kette neu
-Kettenrad neu
-Kettenritzel neu
-Antrieb hinten gereinigt
-Tachoantrieb gefettet
-beide Kettenschläuche neu
-Ölwechsel durchgeführt
-Ölfilter neu
-Ventilspiel eingestellt
-Bremsflüssigkeit neu
-Kontrolle der Bremsbeläge: OK
-Kontrolle der Radlager: OK
-Kontrolle des Lenkungslagers: OK
Ebenfalls mit maximal 6 Monaten noch recht frisch waren weitere Dinge:
-Alle Bowdenzüge abgeschmiert
-Batterie neu
-Vergaserschwimmer neu
-Schwimmernadelventil neu
-Tachobeleuchtung neu
Die Arbeiten am Antrieb und der Bremse erledigte meine Werkstatt, insgesamt - so war ich der Meinung - war die Country nun in einem so guten Zustand wie lange nicht mehr. Da ich auch noch Ersatzzahnriemen, -kupplungszug und -zündkerze mitnahm wähnte ich mich auf vollkommen sicherer Seite.
Im Gegensatz dazu bereiteten mir die Motorräder meiner Mitfahrer einige Sorgen;
Markus' Suzuki war in den letzten vier Jahren gerade nur zwei mal bewegt worden: zum TÜV und zurück. Die Maschine sah in dieser Zeit keine Inspektion, keinen Ölwechsel, nichtmal eine neue Batterie. Zu erwartende Standschäden wie undichte Gabeldichtungsringe oder spröde Reifen sind da noch ein Klacks gegen die alte Bremsflüssigkeit, gerade in einem Gebirge wie den Highlands. Übrigens scheint es bis heute mit dem Benzinhahn Probleme zu geben, da es offenbar keine funktionsfähige Reservestellung gibt. Das Problem ist seit 2007 bekannt.
Vertrauenserweckender war da immerhin Bernhards Skorpion, die einigermaßen scheckheftgepflegt ist und HWE Motorsport den guten Zustand bestätigte. Nichtsdestotrotz hatte Bernhard die Maschine neu und war ihm noch recht unvertraut.
Sowohl vom Alter her, als auch von der Laufleistung waren die drei Motorräder aber recht vergleichbar:
Markus' Suzuki GS500e: EZ 1995, 36.000 km
Bernhards MZ Skorpion Traveller: EZ 2000, 46.000 km
Meine MZ Country 500: EZ 1997, 42.000 kmAutobahnfahrt Mannheim - BelgienDie Etappen auf der anstrengenden Autobahnfahrt wurden von der Suzuki bestimmt da sie - auch mangels Reservestellung - die geringste Reichweite hat. Alle ca. 200-250 Kilometer war somit ein Halt nötig.
Das Wetter war in Ordnung, aber dennoch recht wolkenverhangen.
Da ich vor zwei Wochen das letzte mal nach meinem Luftdruck geschaut hatte, wollte ich das nun bei einer der ersten Autobahnraststätten tun. Aber es zeigte sich, daß die Armatur einen ganz bescheuerten Winkel hatte, mit dem ich nicht vernünftig an die Ventile meiner Reifen kam. Der spitze Winkel der Armatur war zu spitz, so daß die Felge im Weg war und der flache Winkel war zu flach, so daß die Bremse im Weg war. Also weiterfahren und später irgendwann nach der Luft schauen.
Plötzlich und unerwartet - und natürlich bei einem Überholvorgang - spürte ich in Belgien einen kleinen Ruck in der Gashand, der Gasgriff war ohne Widerstand und ich mußte auf dem Seitenstreifen ausrollen.
Markus bekam das im Rückspiegel mit und fuhr die nächste Ausfahrt raus, Bernhard hielt hinter mir.
Der Defekt war sofort klar: Gaszug gerissen. Schöne Scheiße. Und ich merkte: offenbar war das Bowdenzugreparaturset daheim liegengeblieben. Also, mitten an der Autobahn, galt der erste Anruf Ente, den ich fragte wie schnell und wie teuer ein Versand nach Belgien möglich wäre. Er beruhigte mich zunächst und wir sollten erstmal schauen ob irgendein Provisorium möglich ist; ferner wüßte er die Versandarten auch nicht; ich wollte mich also wieder melden wenn wir eine Adresse hätten, wo er das Teil hinschicken kann.
Bernhard fuhr inzwischen zu Markus weiter, der an einer Tankstelle bei der nächsten Ausfahrt gehalten hatte, damit sie sich noch auf die Suche nach einem Motorrad- oder Rasenmähergeschäft machen konnten. Leider hatte schon alles zu und Ersatzteile waren nicht aufzutreiben.
Natürlich begann es kurz nach dem Defekt heftig an zu regnen, was meinen Ausdrucken (die ich wegen der Adresse des Etap-Hotels brauchte) einen ersten Fleckenteppich bescherte.

(Ich, auf der Autobahn liegengebliebend, mit spontaner Momentaufnahme um diesen einzigartigen Moment festzuhalten...)
Mangels Alternativen wollte ich erstmal von der Autobahn runter und begann, die Country auf dem Seitenstreifen zu schieben in der Hoffnung so die nächste Ausfahrt zu Fuß zu erreichen. Dieses Vorhaben wurde nach etwa einem Kilometer unterbrochen, als Bernhard mir per Handy mitteilte daß die nächste Ausfahrt noch sehr weit entfernt sei und ich selbst schließlich an eine Brücke kam, deren einer Pfeiler den Seitenstreifen komplett unterbrach. Ich hätte also für einige Meter auf die Fahrbahn gemußt - und das bei dichtem Verkehr; unmöglich.
Markus rief also beim belgischen ADAC an und beauftragte eine Abschleppung. Ich stand da im Regen und wartete.
Bereits vorher kamen wir auf die Idee ob die Maschine mit Choke (und damit erhöhter Drehzahl) evtl. zumindest langsam fahren könnte, aber das funktionierte nicht.
Nach einiger Wartezeit kam ich jedoch auf die Idee, den Vergaser so weit zu verstellen daß er eine so hohe Drehzahl ermöglicht, damit ich wenigstens langsam weiterfahren könnte: und das klappte. Auf etwa 6 km/h konnte ich die Emme dadurch bringen.
Ich "fuhr" also noch ein Stück weiter bis ich bei der Brücke ankam. Hier beobachtete ich den rückwärtigen Verkehr eine Weile und maß die Zeit die von dem Moment an vergeht, daß ein Auto hinten auftaucht bis es die Brücke erreicht. Das waren rund 25 Sekunden.
Ich schätzte daß mich die Überwindung des Pfeilers auf der Fahrspur gut 10-15 Sekunden kosten würde. Also wartete ich (lange) auf eine Lücke im Verkehr und kam so mit den besagten 6 km/h an dem Hindernis vorbei.
Meine weitere Fahrt auf dem Seitenstreifen dauerte sehr lange, ich war sicher eine knappe Stunde hier unterwegs. Rechts an der Fahrbahn angrenzend waren Kuhweiden. Deren Bewohner sind den täglichen Autobahnverkehr ja gewohnt - mich aber beglotzten diese Kühe wie einen Außerirdischen. Ein dutzend Rindviecher, die plötzlich neben einem aufhören zu grasen und einen mit dem dämlichen Blick einer verwirrten Kuh begaffen ist ein fantastisches Erlebnis. Aber ich will nichts gegen den Intellekt von Kühen sagen: die Pferde auf der nächsten Weide taten genau das gleiche. Ich winkte ihnen zu

Unterwegs ersann ich den Masterplan wie es weitergehen sollte. Animiert wurde er von einem toten Fuchs an dem ich auf dem Seitenstreifen vorbeikam. Ich sagte mir: dem gehts grade schlechter als mir. Der Plan war: sobald ich an der Ausfahrt ankomme, irgendwie irgendein Provisorium zurechtbasteln das die Weiterfahrt nach Calais erlauben würde - noch rund 150 km, und am nächsten Morgen die Emme notfalls auf die Fähre schieben, in Dover eine Übernachtungsmöglichkeit suchen wo man Post empfangen kann und dort auf den Ersatzgaszug warten, den ich dann mit Eilpost bestelle. Und wenn es drei Tage kosten sollte: der Urlaub sind schließlich drei Wochen.
Als ich nach langem endlich an der Ausfahrt Beernem ankam versuchte Markus erstmal die Abschleppung zu stornieren. In all der Zeit die inzwischen vergangen war, war immernoch kein Abschleppdienst in Sichtweite. Interessanterweise konnte der deutsche ADAC die Abschleppung beauftragen, aber sah sich außerstande sie nun wieder zu stornieren. Unsere Meinung: Pech gehabt. Ich bin auch nach Stunden nicht abgeschleppt worden also zahle ich auch nichts, erst recht nicht bei dieser Desorganisation.
Wir nahmen nun also den Gaszug auseinander, der, wie sich herausstellte, am unteren Ende gerissen war: er hatte hier unbemerkt ein Führungsröhrchen am Vergaserdeckel durchgesägt und sich an der hierdurch entstandenen Kante aufgerieben.
Zu dritt bastelten wir aus dem gerissenen Zug einen neuen, der in der Folge zwar viel zu kurz war, aber funktionierte. Die Kürze verursachte leider, daß der Motor Gas gab wenn man nach links lenkte, was aber durch die Kupplung auszugleichen war. Gegen 23 Uhr war dann eine Weiterfahrt möglich - der Plan ging auf.
Calais - Dover...und warten...
(Hier sieht man unsere Moppeds auf der Fähre angeschnallt)
Da wir um 6 Uhr aufstehen mußten hatten wir zwar viel zu wenig Schlaf, aber wir erreichten die Fähre und kamen in Dover an. Die Frage war nun: sollten wir wie eigentlich geplant bis nach Leeds weiterfahren und dort auf das Ersatzteil warten, oder uns in Dover einquartieren? Die Wahl fiel auf Dover da es schwer genug war mit dem Provisorium zu lenken - und das noch im Linksverkehr, an den noch keiner von uns gewöhnt war. So ließen wir uns von meinem Navi - welch Glück daß ich mir doch keinen Camcorder besorgte - einen Campingplatz zeigen, den wir ansteuerten: Howthorne Farm.
Hier bestellte ich direkt bei Ente den Gaszug und Ente organisierte auch noch das bei mir zerstörte Führungsröhrchen.
Die Zeit hier war nicht schlecht, denn das Wetter war bisweilen gut. Wir lernten unseren Zeltnachbar, einen Engländer aus Manchester (und Manchester City Fan) kennen und ich konnte mein Gepäck nochmal umordnen und besser packen.
Ferner testeten wir das erste mal den russischen "Hummel 4" Benzinkocher, der mittlerweile seit rund 15 Jahren bei mir in der Garage stand und waren eigentlich alle recht begeistert: Heizleistung super, Verbrauch gering - nur fehlten aus unbekanntem Grund die Stangen auf die man den Kochtopf stellt. Die Anwendung gestaltete sich also leider schwierig.
Bereits am Mittag des übernächsten Tages kam dann die ersehnte Eillieferung (Versand: 10 Euro) an und ich baute den Gaszug sofort - und mit Eile (und das ist nie gut) - ein. Letztlich wollten wir aber endlich weiter und da es mittlerweile Nachmittag war, galt für heute: Kilometer machen. Wir packten unser Zeug zusammen und fuhren los.
Erstes Ziel in Dover war allerdings zunächst eine Tankstelle - an der ich wiederum nach der Luftdrucksäule schauen wollte. Die hatte aber exakt das gleiche Format wie die in Belgien. Es sollte sich zeigen daß in gesamt Großbritannien an jeder Tankstelle exakt die gleiche Armatur, das exakt gleiche Luftdruckgerät steht - und folglich kein einziges davon an meine Reifen paßt. So war ich mit spürbar immer weniger Luft unterwegs.
Dover - CambridgeWir kamen bis Cambridge, wo wir einen ebenfalls schönen Campingplatz fanden.
Die Linksfahrt auf britischen Straßen war noch sehr gewöhnungsbedürftig und schon kurz nach der Abfahrt aus Dover baute ich meinen ersten Fahrfehler; es ist gar nicht mal das schwierigste, nun permanent links zu fahren oder auf die richtige Spur abzubiegen. Nein, etwas ganz anderes bereitete mir erhebliche Schwierigkeiten: daß man bei der Überquerung einer Straße zuerst nach rechts und dann nach links schauen muß. Bei uns im Rechtsverkehr schaut man nämlich zuerst nach links, weil von hier die Autos auf der eigenen Seite kommen. Wie sehr sich dieses Verhalten eingewachsen hat, ohne daß man es je wahrnahm ist echt erstaunlich. Jedenfalls konnte das Auto, das ich durch dieses Fehlverhalten nicht sah noch rechtzeitig bremsen...
Cambridge - Newcastle Upon Tyne - HexhamDa wir am nächsten Tag bis auf die Höhe von Newcastle Upon Tyne kamen, blieb der Zeitverlust zunächst bei zwei Tagen.
Aber langsam: es ging zunächst nämlich weiter mit Ungemach.
Das erste stellte sich ein, als meine Country auf der Autobahn plötzlich Leistung verlor. Sie lief, sie fuhr, aber es fühlte sich so an als ob nicht mehr jede Zündung zündet. Eigentlich sollte ich auch vorausfahren, aus mir unbekanntem Grund fuhr aber Markus vor, der somit nicht bemerkte daß ich anhielt. Bernhard hielt ebenfalls an und ich sagte ihm Bescheid daß irgendwas nicht stimmt. Nach längerem Halt und Sichtprüfung des Motors fuhren wir, ohne die Ursache zu kennen, weiter.
Unterwegs hielten wir bei einem Autobahn-McDonalds - mir ein Gräuel, aber immerhin geht das schnell.
Da es auch begann, in Strömen zu regnen, peilten wir Newcastle Upon Tyne an in der Hoffnung, daß die Tourist Information dort uns eine Bed&Breakfast Unterkunft vermitteln könne. Dort angekommen, wir waren klitschnaß da die bei Louis erstandene Regenkombi alles andere als Wasserdicht ist, mußten wir aber feststellen daß von den fünf in den Plänen eingezeichneten Tourist Information Stellen vier quasi nicht existierten und die fünfte schon geschlossen hatte. Triefnaß stapften wir in strömendem Regen zu den Motorrädern zurück und ich suchte mit dem Navi einen Zeltplatz bei Hexham aus, da in unmittelbarer Umgebung von Newcastle keinerlei Unterkünfte (außer teurer Hotels) verzeichnet waren.
Die Fahrt nach Hexham hätte man auch problemlos in einem Indiana-Jones-Film unterbringen können, da wir hierfür überspülte Straßen passieren mußten und der Platz allgemein sehr abgelegen ist.
Immerhin liegt Hexham direkt am Hadrianswall, der ohnehin fester Tourenpunkt war. Ich schlug vor daß wir zu Chesters Roman Fort wandern könnten, zu Fuß etwa 12 Kilometer entfernt; mein Navi zeigte 8 Kilometer Luftlinie an. Mitten dabei entpuppte sich das aber als etwa 12 Kilomter Fußweg und so entschieden die anderen beiden, daß das nun doch zu weit sei und wir drehten um.
Der gesamte Aufenthalt in Hexham war äußerst naß. Es regnete immernoch sehr viel, schon durch die Fahrt hatte ich nur noch ein trockenes Paar Schuhe. Der Zeltplatz hatte einen Trockner, der aber leicht überfordert war. Wir kamen ja schon sehr naß auf dem Zeltplatz an, und noch bevor wir das Zelt aufbauten wurden wir von einem Engländer begrüßt der nebenan seinen Wohnwagen stehen hatte und der uns fragte, ob wir Tee oder Kaffee wollten - uns die äußerst willkommenen Heißgetränke sogleich brachte und noch süßes Gebäck dazu reichte. Wahnsinn. Diese Herzlichkeit von Einheimischen sollte nicht ein Einzelfall bleiben.

(Bernhard und Markus als wir gerade in Hexham unsere Zelte aufgebaut hatten, den Kaffee und das Gebäck des netten Engländers in den Händen)
Da ich den Leistungsverlust meines Motors zunächst auf die Zündung zurückführte, machten sich Bernhard und Markus auf, einen Zündkerzenschlüssel zu kaufen - und etwas Öl, da mein Ölstand nur knapp über Minimum war; offenbar hatte ich beim Ölwechsel nicht lange genug den Motor drehen lassen. Was Bernhard und Markus nicht wisssen konnten: Standard-Nüsse passen nicht ins Zündkerzenloch meines Motors, das dafür zu eng ist. Und so kauften sie einen kompletten Ratschensatz, was zwar prima war da er auch meinen fehlenden 18/21er Maulschlüssel ersetzen konnte, aber für die Zündkerze keine Hilfe war. Also suchten und fanden wir in Hexham eine Werkstatt in der Hoffnung daß man dort einen passenden Zündkerzenschlüssel hätte. Wir dachten erst daß evtl. das metrische Maß problematisch sein könnte, aber das erwies sich als Irrtum: Zündkerzen sind offenbar auch hier alle metrisch. Nein, das 18er Maß meiner Zündkerze ist wohl eher ungewöhnlich und so hatte die Werkstatt keinen passenden Schlüssel.
Nächste Anlaufstelle war ein Rasenmäherbetrieb; hier kauften die beiden vorher auch den Ratschensatz. Nach einigem hin und her fand der Verkäufer dort auch einen alten Zündkerzenschlüssel mit richtiger Größe - der aber total verdellert war. Unter heftigen Hammerschlägen bog er ihn zurecht et voila - er paßte!
Die Zündkerze war total verrußt und ich schraubte die Ersatzzündkerze D8EA rein, die ohnehin besser sein soll da sie ohne Extrawiderstand ist.
Anschließend erfragte ich bei Ente inzwischen die korrekte Einstellung der (einzig sichtbaren) Vergaserschraube und als sich herausstellte, daß ich sie nach meiner Seitenstreifenfahrt in Belgien nicht ganz korrekt wieder zurückgedreht hatte, stellte ich sie richtig ein und war der Meinung, den Fehler für den Leistungsverlust gefunden zu haben: über 500 km zu fetter Lauf bisher, also Auspuff verkokt. Aber nun stimmt ja wieder alles und ich habe eine neue Zündkerze drin, also muß ich nur noch fahren, fahren, fahren damit der ganze Ruß wieder weggeblasen wird.
Am folgenden Tag unternahmen wir dann den Ausflug zum Römerfort mit den Motorrädern.
Schon beim Einparken auf dem Parkplatz des Forts begrüßte mich das nächste Malheur: der Kupplungszug riß. Natürlich ausgerechnet auf einer Fahrt wo ich das meiste Werkzeug (und den Ersatzkupplungszug) nicht dabei hatte. Nach der Besichtigung mußten Bernhard und Markus daher nochmal extra zurück zum Zeltplatz um den Kram zu holen; die Reparatur war dann problemlos.
Chesters Fort beinhaltet das Fort sowie ein kleines Museum mit Fundstücken die die Römer hier zurückließen und ist insgesamt sehenswert und der Eintrittspreis von 6 Pfund geht in Ordnung.

(Ich und Markus in den Ruinen von Chesters Fort, hier eines der Thermenräume)
Auf meinen Wunsch hin sollte es dann abends endlich mal etwas Gescheites zu essen geben so daß wir immerhin Spaghetti und frisches Hackfleisch kauften. Als wir den Benzinkocher anzündeten geschah es aber: die Vorwärmung entzündete plötzlich auch Benzin, das sich wohl noch außen am Einfüllstutzen befand. Normalerweise unbedenklich da solche Reste praktisch sofort weggebrannt sind; aber die Flamme hier wurde im Gegenteil immer größer.
Die anderen begriffen die Gefahr, die hier bestand offenbar nicht ganz und lächelten mir erstmal nur zu als ich immerhin versuchte, die - noch relativ kleine Flamme - mit einem Schwall Wasser und dann einem übergestülpten Kochtopf zu ersticken. Das mißlang und so rannte ich zum nächsten Feuerlöscher und holte den nächstbesten heraus. Ich gab ihn Bernhard da er erst kürzlich einen Kurs für die Dinger gemacht hatte und er begann erstmal, einen Fleck brennenden Grases zu löschen während der Benzinkocher selbst mittlerweile von dem aus dem Einfüllstutzen tretenden Benzin von Flammen umhüllt war.
Was hier passieren kann ist klar: der Druck im Tank steigt durch die Hitze immer weiter bis dieser birst und eine explosionsartige Verbrennung des Inhalts zur Folge hat, mit einigen Metern Radius. Das hätte wirklich übel ausgehen können.
Letztlich gelang es uns, die Flamme zu löschen. Der Benzinkocher wanderte tags drauf (als er abgekühlt war) in den Müll. Eine Prüfung des Einfüllstutzens und des eingeschraubten Verschlusses ergab, daß dieser korrekt und fest verschraubt war. Offenbar hatte also die Dichtung in den 15 Jahren Lagerzeit gelitten. Ich sollte nicht unerwähnt lassen daß ich mich vorher bei Fans solcher Gaskocher kundig gemacht hatte und mehrere diese lange Zeit als völlig unbedenklich bezeichneten.
Entlang des Weges zum Zeltplatz gab es auch ein Pub, eine kleine, einsame verlassene Hütte. Als wir nach der abgebrochenen Wanderung zum ersten mal hineingingen war der Raum bis auf einen in einem Sofa liegenden Hund, der Fernsehen schaute, leer.
Wir blieben noch einen weiteren Tag auf diesem Zeltplatz da die Wetterprognose für Edinburgh ohnehin erst am folgenden Tag Besserung versprach. Und so versuchten wir unser Glück noch einmal in diesem Pub. Dieses mal war eine Schar älterer Leute vor dem Fernseher versammelt. Hier lief eine Sendung, die quasi einer Quizversion von "Kunst und Krempel" entsprach (sehr interessant!) und anschließend ein Quiz in dem tatsächlich Fragen auftauchten wie etwa "What is the Capital of the German country Rheinland-Pfalz?". Wir tranken einheimisches Bier bzw. Radler und spielten Skat.
Hexham - Edinburgh
(Yay! Wir sind da!)
Tatsächlich wurde das Verhalten meines Moppeds nun, nach der Schraubenkorrektur, besser. Bisweilen wurde es auch wieder sehr gut - nur um dann wieder plötzlich leichten Leistungsverlust zu zeigen. Immerhin fuhr es und ich war der Meinung, daß es halt wohl noch ein paar Kilometer bräuchte bis der Auspuff wieder komplett freigeblasen sein würde. Trotzdem schwankte der Verbrauch zwischen 6 und 8 Litern und ich mußte mir einmal sogar etwas Sprit von Markus borgen.
Der Zeltplatz den wir nun ansteuerten lag im Stadtgebiet, und er sollte sich als der mit Abstand schlechteste auf der ganzen Tour herausstellen: mit knapp 17 Pfund je Nacht für jeden für uns der mit Abstand teuerste, dazu noch eine regelrechte Massenabfertigung mit einigermaßen überforderten Bediensteten. Der Boden war dicht unterm Gras steinig und uns wurde trotz ausreichenden Platzes untersagt, unsere beiden Zelte benachbart aufzubauen. WLan gab es nur gegen Geld.
Aber nun waren wir hier und wir wollten schließlich Edinburgh ansehen, wo über den August jedes Jahr drei Wochen lang Festival ist. Daher planten wir direkt mit zwei Übernachtungen hier.
Wir entschieden uns dazu, den Bus zum Stadtzentrum zu nehmen und wurden sogleich übers Ohr gehauen; wir erwarben jeder zwei Einzeltickets in der fälschlichen Annahme, daß man eines für die Hin- und das andere für die Rückfahrt benutzen könne. Das erwies sich als falsch, beide waren ab dem Kauf gültig und am Abend natürlich verfallen, was den Kauf eines weiteren Tickets nötig machte.
Das Wetter war regnerisch, trotzdem bekam man schon auf den Straßen Edinburghs eine Menge zu sehen; Überall Künstler die Aufführungen machten und in jeder Kneipe gab es täglich mehrere Aufführungen. Auch hierauf hatten meine Mitreisenden keine Lust und so endete der Abend damit, in einem Pub Skat zu spielen, schottisches Bier zu testen (selbst für mich als Nichtbiertrinker war der Geschmack doch eher fad) während im Nebenraum Künstlerprogramme liefen. Auch die hier überall stattfindenden Ceileidhs fielen damit weg.
Auf Edinburgh Castle waren wir aber natürlich - und das sollte man sich echt nicht entgehen lassen! Alleine die große Zahl Museen die hier untergebracht sind ist enorm, so wie die Größe des Schlosses überhaupt.

(Ein kleiner Teil von Edinburgh Castle)
Schon über den Tag regnete es nun immer stärker, was Bernhard bewog einen neuen Regenschirm zu kaufen, da sein alter förmlich auseinanderfiel. Faltregenschirme sind für Motorradfahrer zwar besser zu transportieren, müssen sie aber ständig genutzt werden und ist es dann noch recht windig gehen sie auch sehr schnell kaputt. Ich würde das nächste mal einen stabileren, großen Regenschirm mitnehmen.
Unser Rückweg fand bereits auf überspülten Straßen und mit nassen Füßen statt und auch der Bus war wieder problematisch; die Haltestationen werden hier nämlich offenbar nicht ausgerufen und es waren außen auch nirgends Schilder der Stationen lesbar. Wir mußten also auf Vermutung hin aussteigen und erwischten prompt eine Station zu früh, was einen kilometerlangen Marsch zurück zum Zeltplatz nötig machte. Da es sich nun so richtig eingeregnet hatte, verschwanden wir direkt im Zelt.
Der nächste Morgen war dann grauenvoll: unter dem Zelt schwamm es, das Vorzelt stand zentimetertief unter Wasser. Trocken geblieben war hier praktisch nichts, es war auch das einzige mal nun der Fall, daß Wasser ins Zelt eindrang und somit die Schlafsäcke und Luftmatrazen feucht wurden. Die Duschen befanden sich in einem in einer Kuhle abgesenkten Bau und waren wegen Überflutung geschlossen, so daß der ganze Platz auf ein einziges verbliebenes Duschgebäude ausweichen mußte. Und es regnete noch immer.
Beim Zusammenpacken wurde das gesamte Zelt daher nun auch richtig naß.
Markus war das alles zu viel; er sagte "Ich war wohl etwas zu naiv, für mich ist so ein Abenteuerurlaub einfach nichts mehr." und trat die Heimreise an. Ich hingegen war mir bewußt, daß es nicht drei Wochen durchgängig regnen kann. Zumindest hoffte ich es.
In komplett durchnäßten Motorradklamotten (ja, auch mein letztes trockenes Paar Schuhe war schon gestern klitschnaß geworden) brachen wir dann in strömendem Regen auf. Ziel: irgendwo nördlich und wenn möglich ein günstiges B&B, ein durchnässtes Zelt wollten wir jedenfalls nicht aufbauen.
Wir erfuhren hinterher daß bei diesen heftigen Regenfällen, u.a. in Edinburgh, binnen zwei Tagen so viel Regen fiel wie sonst über den ganzen August üblich. Und das will in Schottland was heißen.
Edinburgh - GlamisDie Weiterfahrt an diesem Tag war furchtbar, denn es war inzwischen richtig kalt; die nassen Kleider taten ihr übriges dafür. Bernhard und ich verloren uns auch noch paktisch schon beim ersten Kreisverkehr, als er nicht mitbekam, daß ich wegen Verkehrs halten mußte. Es folgte für jeden von uns eine lange Odysee, getrennt voneinander den richtigen Weg zu finden, was erstmal darin münden mußte, festzustellen daß wir uns auf der zwar richtigen Autobahn aber in die falsche Richtung bewegten. Per Zufall begegneten wir uns dann auf der ersten Raststätte nödlich der Forth-Brücke wieder und waren uns einig, daß wir bei der Kälte möglichst bald eine Unterkunft finden sollten.
Die Überquerung der Forth-Brücke war bei heftigem, böigem Wind auch alles andere als ein Vergnügen; ich mußte zeitweise auf 40 km/h herunter um die Spur halten zu können. Es war das einzige mal (!) überhaupt während der Tour, daß ein Auto hinter mir nicht den Sicherheitsabstand einhielt.
So durchfuhren wir auf einer Landstraße Richtung Norden diverse Ortschaften, immer auf der Suche nach einem "B&B"-Schild. Doch es sollte noch länger dauern, ehe wir eines fanden. Dies war schließlich im Örtchen Glamis der Fall, wo auch das gleichnamige Schloß steht.
Die 70 Pfund für zwei Personen waren in unserer Lage nicht zu viel, wir waren froh trocken unterzukommen. Ironischerweise hatte der Regen mittlerweile auch aufgehört. Die Gastgeberfamilie war sehr nett, fotografierte ihren Jüngsten auf unseren Moppeds und brachte uns die korrekte Aussprache für "Edinburgh" bei: in etwa "Edinburoer". Wir hingen das Zelt und andere nasse Sachen auf deren Wäscheleinen auf; das Zelt war sogar noch bis zum Abend wieder trocken. Am nächsten Morgen begrüßte uns unsere Gastgeberin dann sogar mit den fein zusammengelegten Sachen von der Wäscheleine im Arm und den Worten "Heute Nacht hat es nochmal geregnet, ich habe die Sachen daher in den Trockner getan" - fantastisch! Nun konnte der Urlaub gut werden. Wenn das Wetter mitmachen würde.
Da wir auch einen Fernseher auf dem Zimmer hatten, studierten wir natürlich intensiv die Wetterprognosen. Und die sahen recht gut aus, da auf der Osthälfte der britischen Inseln ein Band trockener Luft aus dem Süden nun alles freiblies, während der Westen weiterhin unter dichten Wolkenbändern stand. Also weiter auf nach Norden, auf der östlichen Seite natürlich.
Wir konnten hier auch unser Frühstück frei auswählen und bekamen wunschgemäß ein echtes, typisches britisches Frühstück. Wurst, Ei, Schinken, Bohnen - herrlich. Und lecker.
Mittlerweile kam mir dann auch endlich ein Verdacht, wieso mein Motorrad immernoch nicht astrein lief. Wir hielten in Glamis noch einmal auf einem Parkplatz und ich nahm den Vergaser nochmal auseinader (was bei der Country bedeutet: Frontverkleidung, Lampenhalter und Tank zusätzlich abmontieren...). Und tatsächlich: als ich in Dover den Gaszug einbaute, hatte ich zwei Teile im Vergaser vertauscht, so daß sie nun wechselweise viel zu fett lief. Immerhin, der Fehler (der einzige, an dem ich wirklich Schuld war) war gefunden und ausgemerzt.
Glamis - Keith - FochaberAn diesem ersten Tag nach der Sintflut und der Behebung aller (bisherigen) Defekte brach die Sonne hervor und wir glitten durch die schöne Landschaft der Midlands. Das war der erste richtig schöne Tag ohne Sorgen und Wasser in den Schuhen.

(Auf einem Aussichtspunkt in den Midlands)
Die Strecke führte weiter auf einer Straße Richtung Keith, wo wir der Strathisla Destillerie einen Besuch erstatten wollten um Souvenirs - natürlich Schottischen Whisky - einzukaufen. Danach machten wir uns mit hungrigen Mägen in die Innenstadt und fanden ein Bistro in dem wir das beste Essen des gesamten Urlaubs bekamen: Highlander Chicken. Das sind Hühnerschnitzel, gerollt und mit Black Pudding (gehackter Blutwurst) gefüllt in einer Pfefferkornsoße. Spätestens ab hier habe ich das Vorurteil über die britische Küche in die Tonne gekippt; es war saulecker!
Wir schlenderten zurück zum Parkplatz, stiegen auf die Motorräder mit dem Vorhaben daß wir beim nächsten Zeltplatz unser Lager aufschlagen wollten, ich drückte den Anlasserknopf...und außer einem Leiern geschah nichts. Absolut nichts. Nichtmal ansatzweise einer Zündung. Ich brach innerlich nun wirklich zusammen: "NICHT SCHON WIEDER!!! WAS IST JETZT LOS?????" Killschalter? Nein. Abgesoffen? Nein. Dekompression schließt? Ja. Ich war am Verzweifeln. Lange beäugte ich alles an der Maschine das irgendwie in Frage kam, lose Kabel, Sicherungen, aber alles sah gut aus. "Ich weiß nicht weiter" war die ernüchternde Feststellung. Bernhard fuhr los um eine möglichst nah gelegene Unterkunft zu finden während ich nachdachte was man noch versuchen könnte. Einen passenden Zündkerzenschlüssel hatte ich ja immernoch nicht.
Bernhard fand zur freudigen Überraschung sogar noch im Ort Schilder eines Vier-Sterne-Campingplatzes, denen er jubelschreiend folgte. Diese Schilder führten ihn zu einem als Müllabladeplatz genutzten Feld mit abgebrannter Hütte und einem einer Ruine gleichenden Gebäude, auf dem noch halbwegs "Reception" zu entziffern war.
Ich kam währenddessen auch nicht weiter - bis zu dem Moment als ein kräftiger Mitt-20er mit Bomberjacke, Gesichtsnarbe und nicht ganz vertrauenserweckendem Blick mich sah, zu mir lief und mich fragte ob ich denn Probleme hätte. Ich bekam erstmal ein wenig Schiss: weil ich nämlich fürchtete daß mir absichtlich jemand das Ding lahmgelegt hatte um uns in einer Werkstatt abzocken zu können. Aber ich erklärte ihm mein Leid und daß mir das entscheidende Werkzeug, der Zündkerzenschlüssel, fehlt. Kurz darauf hielt ein Freund von ihm (mit tiefergesägtem vollgetönten BMW) , dem er seine Türschlüssel in die Hand drückte und ihn in seine Garage schickte da er dort einen Zündkerzenschlüssel habe. Aber noch bevor dieser Freund zurück war, tauchten zwei weitere auf, die zwei Gehminuten entfernt ihre Garage haben und die ebenfalls Motorrad fahren und die mit ihrem Zündkerzenschlüssel noch schneller waren.
So fanden wir zusammen heraus, daß, nicht wie erst vermutet die Zündkerze, sondern der Zündkerzenstecker hinüber war. Eine absolute Unglaublichkeit und natürlich unvorhersehbar. Wieder einmal. Ich fahre seit 15 Jahren Motorrad und hatte noch nie einen defekten Zündkerzenstecker, nichtmal bei den alten Zweitaktern.
Die zwei Jungs mit der benachbarten Garage hatten sogar noch einen Zündkerzenstecker auf Lager, den wir aufschraubten und sie schenkten mir noch den Zündkerzenschlüssel. Worte können nicht ausdrücken, was ich bei so viel Hilfe empfunden habe. Wir luden unsere Helfer noch zu einem Bier ins benachbarte Pub ein, doch das lehnten einige sogar ab! Wir mußten uns schließlich auch direkt weiter auf den Weg machen damit wir noch eine Unterkunft finden würden, denn mittlerweile war es schon recht spät geworden. Aber ich habe mich für meine anfänglichen Befürchtungen echt geschämt.

(Die netten Schotten leisten Hilfe)
Das war jedenfalls der Punkt an dem ich so weit war, die Country zu verkaufen. Ich beschloß, sie in jedem Fall zu verkaufen sollte sie mich nicht nach Hause bringen. Aber in mir regte sich auch Trotz: Ich wollte nun in jedem Fall bis ganz in den Norden, ich wollte die Orkney-Inseln sehen!
Wir fanden einen Campingplatz bei Fochaber und nächtigten dort. Mittlerweile regnete es entgegen aller Prognosen schon wieder. Auch vor Edinburgh hatte der Wetterbericht ja schon nicht gestimmt. Wir waren noch dabei zu lernen, daß wir selbst das Wetter machten: fuhren wir ohne Regenkombi so regnete es mit hoher Wahrscheinlichkeit. Fuhren wir mit Regenkombi hatten wir meist schönes Wetter. Der Wetterbericht selbst hatte praktisch nie irgendeinen Bezug zur Realität. Fragte man die Einheimischen ob sie denn wüßten wie das Wetter werden würde so war die Antwort jedesmal "crossing fingers" - also in etwa "Wir drücken die Daumen, mit Glück wirds morgen gut".
Fochaber - Inverness - DornochDer Campingplatz war prima, anscheinend schließen sich hier direkt Wanderwege durch Wälder an, auch zwei Bäche kreuzten das Gelände. Ich hätte hier gerne noch ein wenig Zeit verbracht, zumindest um einmal Laufen zu gehen, doch Bernhard drängte darauf am Folgetag noch ein paar Kilometer zu machen, weswegen wir dann recht früh wieder aufbrachen. Durch den nächtlichen Regen war das Gelände ziemlich aufgeweicht und matschig.
Mittagessen gab es dann in Inverness, wo ich das erste mal puren Haggis aß - äußerst lecker. Wir gingen anschließend einkaufen und fanden eine Stelle in der Stadt mit kostenlosem WLan, was wir für weitere Wetterberichte nutzten. Mittlerweile sollte auch der Norden weitgehend regenfrei sein - was genau in unserem Sinn war. Wenngleich auch die Prognose "gutes Wetter" hier soviel heißt wie: es wird so oder so mal kurze Schauer geben, auch wenn den ganzen Tag die Sonne scheint.

(Inverness Castle)
Wir kamen noch bis Dornoch, wo wir auf dem recht großen Zeltplatz praktisch die einzigen waren. Es fiel jedenfalls auf, daß, je weiter nördlich man kommt, es immer weniger Zeltplätze und immer mehr Caravanplätze gibt. Wir gingen im Ort dann einkaufen und erledigten das größte Problem, das wir seit Markus Rückkehr hatten: uns fehlte seitdem der dritte Mann beim Skat. Die Lösung des Problems war indes schwarz-weiß, hatte 64 Felder und auch sonst alles was man braucht um Schach zu spielen. Am Ende des Urlaubs stand es 6:3 für mich.

Wir gingen nun auch dazu über, die Milch frisch zu kaufen. Die aus Deutschland mitgebrachten "Milchmädchen"-Tuben waren bereits in Dover aufgebraucht und die so vorhandene Frischmilch ermöglichte auch immer eine gute Portion Cornflakes morgens oder mal zwischendrin.
Unser Schlaf wurde vom Blöken der Lämmer auf den angrenzenden Feldern begleitet. Nun war das Wetter endlich wie es der Wetterbericht schon seit zwei Tagen versprach.
Dornoch - Wick - ThursoEs ging weiter Richtung Norden bis nach Wick wo es eine idyllisch am Steilufer gelegene Ruine gibt. Auch das Ufer selbst war malerisch und - wie bei den kleineren Burgen und Ruinen wohl üblich - keine Touristen weit und breit. Außer uns natürlich. Bernhard gefiel es hier trotzdem nicht da die Burg seiner Ansicht nach keine Burg sei sondern nur ein Steinhaufen. Mir war das wurscht, die Landschaft war traumhaft schön. Immerhin konnte ich ihn dazu bringen hier auf den Felsen am Meer zu Mittag zu essen.

(Castle of Old Wick)
Schließlich kamen wir in Thurso an; es war wie bei einem Computerspiel in dem man haufenweise Leben verloren hat, nur mit Mühe an manchen Stellen überhaupt weiterkam und dann doch noch endlich den Endgegner besiegte: wir fuhren auf den Zeltplatz, der direkt am Meer lag, der Himmel wurde blau und umrahmt von einem kompletten, leuchtenden, doppelten Regenbogen lagen vor uns im ruhigen Meer: die Orkney-Inseln. Es fehlte lediglich die Schrift "Congratulations!" wie es bei Computerspielen üblich ist. Es war herrlich.

(Congratulations! You have passed all levels of rain, defects and evil traps!)
Vor allem: ab heute begann die Rückfahrt. Auch wenn mit den Highlands noch ein Highlight vor uns lag.
Wir schätzten grob ab, wieviel Zeit uns nun noch für die Rücktour bliebe und einigten uns schweren Herzens, am nächsten Tag weiterzufahren, uns aber noch Zeit zu lassen.
Das gab mir die Möglichkeit, das erste mal wieder laufen zu gehen, dabei erkundete ich auch den Ort. Was mir auffiel: nicht ein einziges Haus hatte einen Balkon. Nicht eines! Und wenn doch vom ursprünglichen Bau her ein Balkon zu erkennen war, dann war er nachträglich zum Wintergarten umgebaut worden. Das dürfte einiges über das durchschnittliche Wetter hier verraten. Auch Bernhard wurde angesprochen als er seine Wäsche aufhing; es war gerademal leicht bewölkt als ihm ein Schotte riet, die Wäsche wieder abzuhängen da es ohnehin gleich wieder regnen würde.
Immerhin muß man mal festhalten, daß z.B. die Schwedische Hauptstadt Stockholm noch etwas nördlicher liegt und dabei nicht vom Golfstrom profitiert.
Am folgenden Tag kauften wir noch im Lidl ein und machten uns auf den weiteren Weg - wie gesagt schweren Herzens, ich wäre hier gern noch einen Tag geblieben.

(Thurso Castle)
Thurso - LairgNun wurde es etwas gebirgiger. Man sollte erwähnen, daß es die Schotten hier nicht für nötig erachten Steigungen oder Gefälle von unter 12% anzugeben. Hin und wieder hatten wir auch 16%. Der Straßenzustand ist dabei zwar im Durchschnitt recht gut, aber die Stellen mit Schlaglöchern, Fahrbahnverengungen und wechselndem Belag kommen so plötzlich und zufällig, daß sich immer ein sehr moderates Tempo empfiehlt. Auf vielen Strecken wird hier auch ein wohl eher minderwertiger Belag verbaut, auf dem, obwohl sichtlich in Ordnung und bei trockenem Zustand, mein Motorrad schon bei kleiner Schräglage eine Drift aufwies. Und da habe ich noch nichts von den überall am Straßenrand lauernden Lämmern gesagt.
Daher kann ich selbst meiner Fahrweise auch kein "zu langsam" attestieren, mir ging zwei mal in einer Kurve das Vorderrad weg und ich konnte die Maschine nur knapp noch abfangen.
In Lairg fanden wir einen hübschen Zeltplatz; hier trafen wir auch die "Ducks from hell", wie wir sie nannten: eine Horde Enten, die den ganzen Tag nichts anderes taten als den Zeltplatz hoch- und runterzumarschieren und das Gras zu fressen. Diese Enten hatten vor nichts Angst und testeten sogar meine Schuhe auf ihre Nahrhaftigkeit - während ich sie an hatte. Eine andere Ente beobachtete ich dabei, wie sie aus der Luft eine Fliege fing. Wir waren uns schnell einig, daß wir es vermeiden sollten diesen Enten Brotreste oder etwas in der Art hinzuwerfen, vermutlich würden wir sie nie wieder los werden. Und Tiertransporte von Dover nach Calais sind teuer.
Am nächsten Tag, kurz vor der Abfahrt, hatte ich aber ein Stück Banane mit Druckstelle übrig. Die Enten grasten etwa 50 Meter entfernt. Ich warf ihnen das Stück zu und gelangte viel zu kurz, etwa bis zur Hälfte. Ich dachte daß das die Enten überhaupt nicht merken würden. Doch weit gefehlt: den Ducks from hell entging nichts! Mit einem Schlag rannte die gesamte Horde Enten auf uns zu - diesen Anblick werde ich auch mein Leben lang nicht vergessen!

Südlich von Lairg fand ich endlich bei einer Werkstatt einen Luftschlauch, mit dem ich den Luftdruck korrigieren konnte. Vorne 1.4, hinten 1.8, das war mittlerweile nur noch auf den Reifen drauf. Hätte sollen sein wären 2.0 vorne und 2.4 hinten.
Lairg - BalmacaraWeiter ging es durch wunderschöne felsige und bachdurchströmte Graslandschaften mit Schafen.
Hier, zwischen dem Eilean Donan Castle und der Insel Skye, beabsichtigten wir zwei Nächte zu verbringen, um am nächsten Tag mal ohne Gepäck einen Ausflug nach Skye unternehmen zu können.

(Eilean Donan Castle, bekannt aus "Highlander")
Kaum angekommen machten wir das erste mal Bekanntschaft mit der Schottischen Midge, einer 1-2 Milimeter großen Stechmücke, die bei geeigneten Verhältnissen zu Millionen auftreten können. Auf dem Zeltplatz hier gab es geeignete Verhältnisse.
"Repel", ein Antimückenmittel ähnlich dem in Deutschland erhältlichen "Autan", tat zwar seine Wirkung, empfand ich aber als äußerst unangenehm; ich bekam ein pelziges Gefühl in den Fingern und paßt man nicht auf und bekommt das Aerosol auch nur ein wenig ins Gesicht so mündet das in sofortiger Atemnot und Hustenreiz. Aber wir fanden im benachbarten "Spar", endlich, den Geheimtipp: "Skin So Soft", eine Hautcreme die überraschenderweise die Nebenwirkung hat, daß sie für Midges tödlich ist.
Tatsächlich: wir cremten die Haut damit ein (und wie von einer Hautcreme zu erwarten ist sie recht angenehm auf selbiger) und die Viecher gingen drauf. Man konnte sich regelmäßig über die eingecremten Stellen fahren und dann aberhunderte tote schwarze Punkte auf der Hand bewundern. Nervig waren die Biester natürlich trotzdem, aber man wurde nicht mehr gestochen...außer an den Stellen die man vergaß, einzureiben.
Auf Skye fuhren wir bis zum "Old Man Of Storr", einer Felsnadel. Landschaftlich ist auch Skye unglaublich schön, man kann keine zweihundert Meter gehen ohne einem idyllisch dahinplätscherndem Bach zu begegnen (was das mangels Gletschern vorherrschende Regenwetter nur allzu gut unterstreichen dürfte...), nur das Wetter war heute recht wechselhaft und wir fuhren durch einige unvermittelt auftretende Schauer hindurch; dies bewog uns auch dazu, Syke nicht komplett zu umrunden da wir wiedermals einigermaßen naß waren.
Hier tauschten wir für eine gewisse Strecke auch einmal die Motorräder. Ich habe mich auf der Skorpion gefühlt wie auf einem Schiff: massig schwer, auch die aufrechte Sitzposition der Country habe ich komplett vermisst; da Bernhard ein Stück größer ist als ich dürfte er aber nicht derart flach auf der Skorpion liegen wie ich es notgedrungen tat. Jedenfalls stieg ich von seiner Skorpion ab und schrie "Waah, ein Schiff!" und er stieg ab und fluchte "Waah, ein Panzer!". Man ist doch sehr an das eigene Mopped gewöhnt.

(Isle of Skye, rechts Bernhard)
Im Ort unseres Zeltplatzes suchten wir uns dann noch ein kleines Restaurant und aßen; hier gab es sogar WLan und so konnten wir nochmal die Wetterprognose studieren. Die Vorhersage orakelte: Hochdruckeinfluß über Südengland, Rest wolkig. Das Essen war sehr gut, ich hatte Haggis-Canneloni.
Balmacara - Loch Ness - Glen NevisAm Tag darauf, das Wetter blieb einigermaßen durchwachsen, besichtigten wir noch das aus "Highlander" bekannte Eilean Donan Castle und fuhren dann weiter Richtung Loch Ness.
Loch Ness an sich ist unspektakulär, wir setzten uns an eine Schleuse die die Schiffahrt Richtung Loch Lochy ermöglicht und aßen Brot. Oder das, was man hier als "Brot" zu kaufen bekommt. In Wahrheit ist es ungetoasteter Toast. Wir kamen mit Österreichern ins Gespräch und tranken in einem Bistro noch ein Kaffee. Hier hingen zur Dekoration einige Postkarten aus Allerwelt; New York, Sydney, Moskau und genau daziwschen: Mannheim.


(Loch Lochy, gleich im Süden von Nessies Becken)
Dann fuhren wir weiter, meine Plüsch-Nessies als Mitbringsel hatte ich ja schon. Nur suchten wir ja auch Aufkleber, und die Suche danach gestaltete sich mühselig: es gab einfach nirgendwo Aufkleber. Ich hätte gern einen Thurso-Aufkleber gehabt (das ist subtiler und nicht so plakativ wie ein Schottland-Aufkleber auf dem Mopped). Aber es gab bis dato nichts.
Ziel des Tages war ein Campingplatz am Ben Nevis, Großbritanniens höchstem Berg. "Hoch" ist dabei relativ, das Ding ist flacher als der Feldberg. Aber er ist offenbar ein sehr beliebtes Reiseziel von deutschen Rucksacktouristen im Studentenalter wie wir feststellen mußten.
Der Zeltplatz war jedenfalls sehr gut und bot sehr leistungsfähige Trockner, was sehr willkommen war da ich mal wieder Wäsche waschen mußte. Auch war direkt vor der Zeltwiese für Motorradfahrer extra ein steiniger Streifen angebracht, auf dem man sein Vehikel sicher abstellen konnte. Genau das war nämlich auf den durchweichten Wiesen sonst nirgendwo der Fall.
Endlich fanden wir im Laden des Zeltplatzes auch die lange gesuchten Schottland-Aufkleber, immerhin.
Ich schlug vor, daß wir noch auf den Ben Nevis wandern gehen könnten, aber Bernhard hatte keine Lust und so endete der Tag wieder mit Schach.

(Ben Nevis im Hintergrund, Emmen davor, unser Zelt im Vordergrund)
Glen Nevis - CroftheadSüdlich des Ben Nevis war die Landschaft erneut ein absoluter Höhepunkt; man fuhr durch Schluchten, an Wasserfällen vorbei und alle paar hundert Meter lud ein Parkplatz zum Verweilen.

(ich, irgendwo in den südlichen Highlands)
Weiter südlich begann es wieder zu regnen, ziemlich stark sogar und so waren wir bereits ziemlich durchnässt als wir nach einer anstrengenden Fahrt quer durch Glasgow auf dem Zeltplatz bei Crofthead ankamen. Zeltplatzaufsicht Frodo Beutlin zeigte uns den Platz und wir begannen in strömendem Regen das Zelt aufzubauen, was zunächst überhaupt nicht klappte und nach einigen gegenseitigen Beschuldigungen, wer hier Mist baut und warum, doch noch darin mündete daß wir ein gerades, innen trockenes und ordentlich aufgebautes Zelt hatten. Überflüssig zu sagen daß unmittelbar als es stand die Sonne schien.
Crofthead - Fleetwood - ChorleyMit Crofthead war der Urlaub dann weitgehend schon vorbei, da wir nun Schottland verließen und es fast nur noch darum ging, die letzten Tage ohne weitere unangenehme Überraschungen nach Süden vorzudringen.
Nur ein Ziel gab es noch: Fleetwood. Aus für den Normalmenschen sicher nicht ganz einfach nachvollziehbaren Gründen hatten wir uns in den Kopf gesetzt, in Fleetwood im McDonalds zu essen und so in den Genuß eines "echten" Fleetwood-Mac zu kommen. Ja, wir sind schon ein wenig irre^^.
Auf der Fahrt nach Fleetwood regnete es wieder recht heftig und beständig, meine Hände waren wieder schwarz wie die Nacht und wir waren froh als wir endlich ankamen. Auf dem Weg dorthin kamen wir an unzähligen Campingplatz-Schildern vorbei und wir beschlossen, hier dann auch direkt die Nacht zu verbringen.
Der Fleetwood-Mac in Form eines Chicken King war unspektakulär, allerdings fiel mir in Fleetwood auf, daß mein Leerlauf nicht mehr auf 3000 orgelte - was ich seltsam fand. Wieder Leistungsverlust? Ich fürchtete schon das schlimmste. Bei einem Halt auf der Rückfahrt aus Fleetwood heraus schaute ich mir das Mopped dann genau an und fand die Ursache sehr schnell: die Auspuffhalterung war durchgebrochen und der Auspuff lag nun am äußersten Ende auf der hinteren Kofferträgerstrebe auf, weshalb der Auspuffdurchmesser natürlich verkleinert war und der Leerlauf in die Knie ging. Glücklicherweise ist es recht einfach, den Auspuff mit Kabeln und Kabelbindern wieder provisorisch dank seines Hitzeschutzes nach oben zu binden. Trotzdem: ein weiterer Defekt, wieder etwas vollkommen Unerwartetes, wieder bei mir.
Auf dem Weg aus Fleetwood heraus klapperten wir dann all die Zeltplätze ab die wir auf dem Hinweg gesehen hatten; manche Schilder führten ins nirgendwo, auf manchen Plätzen waren keine Zelte (sondern nur Wohnwägen) zugelassen. Nach dem dritten Versuch konnte uns nur noch das Navi weiterhelfen, das uns mitteilte daß der nächste Zeltplatz erst gut 50 Kilometer südlich liegt.
Ich gab Bernhard das Navi, da die Sichttasche meines Tankrucksacks nicht ganz wasserdicht ist und so lotste es uns nach einer Weile erstmal von der Landstraße herunter, durch eine Ortschaft durch, durch noch eine Ortschaft durch, durch weitere Felder, Dörfer und immer weiter in die Pampa hinein. Nach einer Autobahnbrücke hielt Bernhard auf einmal und ich dachte schon "Jetzt gibt er es auf, anscheinend ist hier auch nichts" - aber er hatte nur die "Ausfahrt" in einen Feldweg verpaßt. Feldweg ist auch zu viel gesagt, Kraterlandschaft wäre passender. Und nach weiteren paar hundert Metern standen wir - vorm Gatter eines Bauernhofs. Meine Reaktion: "Cool!" Bernhards Reaktion: "Wir sind hier falsch!"
Plötzlich kam aus dem Gebäude ein Mann heraus, kam auf uns zu und Bernhard erklärte nur daß wir eigentlich einen Zeltplatz suchen und hier ja wohl offensichtlich falsch wären und bat um Entschuldigung. Der Mann stutzte kurz und erklärte, daß wir hier im Gegenteil richtig seien. Ich: "Cool!

" Und nun stutzte Bernhard.
Der Mann führte uns hinein, am Haus vorbei und tatsächlich war hinterm Haus eine etwa 10 Meter mal 40 Meter messende Wiese, auf der wir unser Zelt aufschlagen konnten. Es gab eine zu Klo und Dusche umfunktionierte Scheune, Lämmer auf der Nachbarwiese und Trinkwasser.
Als wir ankamen standen sogar zwei Wohnwägen da, die am nächsten Tag aber sehr früh schon weiterfuhren, womit wir die einzigen Gäste waren. Mit 10 Pfund für uns beide war dies auch die günstigste Übernachtungsmöglichkeit - und die coolste, wie ich finde. Bernhard ist da anderer Meinung.
Chorley - CalaisAm nächsten Tag wollten wir bei der ersten Frühstücksgelegenheit halten. Meine Bedingung war nur: bitte kein McDoof oder sowas in der Art, irgendein kleines einheimisches Bistro. Und das fanden wir; als wir hineingingen wurden wir auf unsere Auskunft daß wir früshstücken wollten in ein kleines Hinterzimmer geleitet, vorbei an einer schrulligen alten Frau die uns einen guten Tag wünschte. Wir bestellten Frühstück (eine ordentliche Portion Schinkenbohnentoasteiwürstchen, das übliche halt) mit Kaffee und die Wirtin fragte uns woher wir denn kämen. Schon kurz nach unserer Antwort, die Wirtin war wieder an den Tresen entschwunden, machte jemand die Musik an. Und zwar genau ein Lied. Es lief: Kraftwerk, "The Model". Klischees sind etwas wunderbares, vor allem wenn sie einem vorauseilen.
Danach verabschiedeten wir uns, wir wurden drei mal gefragt ob auch alles recht war (ja!) und beim Hinausgehen fragte auch die schrullige Alte ob alles recht war. Ja, sehr: gerademal 5 Pfunde hatte jedes Frühstück inklusive großem Kaffee gekostet.
Nun folgte eine lange Etappe zurück nach Dover, wir schrieben den 21.August und für den 22.August abends war unsere Fähre gebucht. Einerseits wollten wir sichergehen noch etwas Zeitreserve zu haben falls noch etwas Unvorhergesehenes passiert, andererseits hatten wir so Gelegenheit, vor der letzten großen Etappe nach Mannheim noch ein wenig auszuspannen. Immerhin war auch das Autobahnstück in England nicht ohne - und tatsächlich wurden wir aufgehalten;
Völlig unerwartet bog Bernhard in eine Parkbucht auf der Autobahn ein. Seine Skorpion hatte wohl kurz vorher die typischen Symptome eines Kolbenklemmers gezeigt. Ein metallisches Sirren, gefolgt von einer plötzlichen "Motorbremse", aber nun lief sie wieder. Ich riet ihm erstmal langsam weiter zu fahren und beim nächsten Tankstopp mal genauer nachzusehen.
Das taten wir auch und siehe: der Ölstand war viel zu gering, bereits unter Minimum. Auch ein seltsamer Brabbel im Öltank sah alles andere als vertrauenserweckend aus. Also: nach Möglichkeit hier direkt einen Ölwechsel machen oder zumindest Öl nachkippen. Der Ölwechsel scheiterte letztlich an der Unkenntnis wie er bei der Skorpion zu machen ist; aber wenn wir nachkippen - welches Öl ist denn schon drin? 15W50 oder 15W40? Die Betriebsanleitung empfiehlt 15W50. Wir setzten uns in die Raststätte und versuchten per WLan Infos zum Ölwechsel bei der Skorpion zu bekommen, vergebens: das WLan taugte hier nichts und die vielen gutgemeinten Tipps aus Foren zum Ölwechsel waren auch nicht hilfreicher als hätten wir Tarotkarten gelegt.
Immerhin gelang es Bernhard, die Nummer des Vorbesitzers nochmal aus seinem Gesprächsverlauf im Handy herauszusuchen und ihn zu fragen welches Öl zuletzt verwendet wurde. Er war sich relativ sicher daß 15W40 verwendet wurde. Was, wenn nicht? Bernhard riskierte es und kippte 15W40 nach - was auf der weiteren Fahrt problemlos war. So fuhren wir, mit einiger Verspätung, weiter bis wir spätabends endlich Dover erreichten. Auf dem Zeltplatz gibt es eine extra Wiese für Spätankömmlinge, auf der wir dann das Zelt aufbauten.
Am Morgen nahm ich erstmal das Mega-Frühstück und probierte nun doch einmal aus, was eigentlich "Fried Slice" ist. Ganz einfach: eine frittierte Toastscheibe. Zusammen mit den Würsten, dem Schinken, den Spiegeleiern und den Kartoffeltaschen hätte man alleine mit dem darin enthaltenen Fett einmal komplett Ölwechsel machen können. Ich finde es saulecker, frage mich aber wie man das z.B. an einem Arbeitstag essen soll, denn danach ist man erstmal einigermaßen erledigt.
Am 22.August war also noch viel Zeit um Dover anzuschauen, wir besichtigten auch die Kreidefelsen und suchten verzweifelt weiter nach England- oder Dover-Aufklebern. Schon den obligatorischen Schottland-Aufkleber hatten wir ja nur mit Mühe nach langer Suche gefunden. Man findet in den Souvenirläden ansonsten alles: Aufnäher, Fahnen, Pins, sogar Schottland-Kühlschrankmagnete. Aber Aufkleber sind auf der Insel weitgehend unbekannt. So fuhren wir leider ohne England-Aufkleber zurück. Immerhin hatten wir Schottland-Aufkleber. Sie dürften selten sein.

(Der Hafen von Dover, von den Kreidefelsen aus)
Am Abend waren wir die ersten auf der Fähre, wir gingen dort durch leere Gänge und tranken auf der Fahrt einen Kaffee und gaben die restlichen Pfund - zwei - für Spielautomaten aus.
Dank Navi fanden wir das Etap-Hotel auch recht schnell wieder und waren sogar im gleichen Zimmer wie auf der Hinreise untergebracht.
Calais - MannheimDie Rückgewöhnung an den Rechtsverkehr war weitaus problemloser als befürchtet, wenngleich ich selbst sogar Tage brauchte, um mir wieder abzugewöhnen zuerst nach rechts zu schauen. Nein, was wirklich eine brutale Umstellung war, war wieder die agressive Fahrweise auf dem Festland, allem voran in Frankreich. Zum Kotzen! Kaum auf dem Festland habe ich direkt wieder Großbritannien vermisst.
Wir verabredeten, daß wir in etwa 80 Kilometern zum Tanken halten und fuhren nach Belgien hinein. Das Wetter war sintflutartig und ich war komplett durchnässt, wie so oft. Da uns der genaue Weg bis hinter Brüssel nicht bekannt war, fuhr ich mit dem Navi vor. Umso mehr wunderte mich, als Bernhard hinter mir auf einmal an einer Raststätte hinaus fuhr, und zwar schon nach 50 Kilometern. Ich hatte vorher natürlich geschaut ob er blinkt, sah aber nichts dergleichen. Nungut dachte ich mir, er muß ja wissen was das bedeutet: selbst den Weg finden und alleine heim fahren, ich selbst war an der Abfahrt schon vorbei als ich sah daß er hineinfährt.
Ich selbst hielt an der nächsten Raststätte, da ich hoffte ihn noch per Telefon zu erwischen. Aber was ist denn das für ein Kack: an keiner Zapfsäule kam etwas heraus. Ein Schild belehrte mich, daß man vorher zahlen müsse. Wie bitte? Woher soll ich denn jetzt wissen wieviel ich tanken will bis der Tank voll ist? Außerdem, seit wann gilt denn "erst Geld, dann Ware"? Sind wir hier beim Onlineversand oder was? Ich fuhr verärgert weiter, ohne zu tanken. 100 Kilometer gehen noch.
Vor Brüssel schließlich leistete sich das Navi den ersten wirklichen Fehler: obwohl ich selbst auch der Meinung war, daß man besser nicht nach "Brüssel" fährt sondern die rechten Spuren auf den Autobahnring drumherum führen, zeigte mein Navi an, daß man sich auf den linken Spuren einreihen solle. Äh, OK? Na gut, ich tat dies. Und landete mitten in Brüssel. Ich nahm also die zweite Straße rechts um rechtsherum zu wenden und wieder auf den Ring zu kommen - da kam mir beim Herausfahren auf die Einfallstraße Bernhard entgegen, nur sah er mich nicht. Er war also auch falsch gefahren und wollte hier nun wenden.
Wieder auf der Autobahn gab es aber die nächste Verwirrung: Ich wußte, daß ich Richtung Liege weiter mußte. Liege kenne ich auch unter der deutschen Bezeichnung Lüttich. Merke: auf belgischen Schildern steht nichts davon, obwohl im ganzen Südteil des Landes französisch gesprochen wird und Deutsch anerkannte Minderheitensprache dort ist. Nein, auf den Schildern stand einzig - neben vielen anderen unbekannten Stadtnamen - in flämisch "Luik". Das assoziierte ich aber gar nicht mit Liege, zumal das Navi eine andere Richtung angab, und das mit Grund: Um Brüssel herum ist nämlich eine riesige Baustelle, Umleitungen ohne Ende und vor allem STAU. Zwei mal bog ich so ab wie es das Navi haben wollte, nur um zu merken daß ich beim zweiten mal eins früher hätte abbiegen müssen. Nerv. Ja, und das alles immernoch bei strömendem Regen und Nullsicht. Da plötzlich traf ich Bernhard wieder, der exakt gleich falsch gefahren war. Immerhin führte uns das Navi aus diesem Chaos wieder heraus und wir hielten an der nächsten Tankstelle, da ich nun wirklich dringend tanken mußte; mein Sprit hielt schätzungsweise noch 10-15 Kilometer.
Aber vorsicht: mit belgischen Raststätten ist nicht zu spaßen. Zunächst kam da ein Schild, das die nächste Raststätte in 5 Kilometern ankündigte. Ätsch, gearscht: die Abfahrt dafür kam nämlich schon nach einem Kilometer! Danach ging es halt noch 4 Kilometer parallel zur Autobahn sinnlos nebenher... Wir trafen auf eine Tank-? Nein, auf eine Baustelle. Man sah schon daß hier irgendwann mal eine Tankstelle stehen würde. Aber Benzin bekam man hier noch nicht. Prima. Was für Nulpen werden hier eigentlich als Straßenmeister angestellt?
Glücklicherweise hatte ich noch meinen vollen 1,5-Liter Benzinkanister dabei, der nun aushelfen mußte. Als wir bei der nächsten Raststätte hielten zeigte sich, daß ich es tatsächlich nicht mehr geschafft hätte. Übrigens war auch dies eine Vorbezahl-Tankstelle, aber der Kassierer wies mich darauf hin daß man auch mit Karte direkt an der Säule zahlen kann. Wow. Ja klar, wenn man das weiß - kein Problem, wobei das für Barzahler immernoch idiotisch ist. Da läuft das dann nämlich so:
1. An die Zapfsäule fahren.
2. Feststellen daß kein Benzin rauskommt.
3. Schild lesen: "Vorm Tanken bezahlen".
4. Absteigen, an die Kasse laufen.
5. Sagen, daß man gern tanken möchte.
6. Gefragt werden wieviel man denn tanken will.
7. Sagen, daß man voll tanken will.
8. Gefragt werden, wieviel Liter das sind.
9. Sagen, daß man das natürlich nicht genau weiß.
10. Gesagt bekommen daß man erstmal zu viel bezahlen soll und sich den Rest was übrig bleibt an der Kasse wieder auszahlen lassen soll.
11. Innerlich einen Heulkrampf bekommen.
12. Einen Betrag zahlen der so hoch ist daß man damit in jedem Fall voll tanken kann.
13. Ans Motorrad zurücklatschen (jaja, klitschnaß natürlich, immernoch)
14. Den Autofahrer hinter einem anlächeln, der schon denkt man sei nun fertig.
15. Volltanken.
16. Wieder ans Kassenhäuschen latschen. (Ja, klitschnaß)
17. An der mittlerweile langen Schlange anstellen.
18. Endlich dran, Geld zurückbezahlt bekommen.
19. Quittung einstecken.
20. Wieder ans Motorrad latschen. Das macht klitschnaß lustige Geräusche und scheuert so schön an den Fersen.
21. Den entnervten Blick des Autofahrers hinter einem mit einem Lächeln quittieren. Das Hupen der Leute dahinter ignorieren.
22. Weiterfahren.
Da darf es doch nicht wundern daß es keine belgischen Formel-1-Rennställe gibt. Alleine wenn ich an deren Boxenstopps denken würde...
Wie war das? Servicewüste Deutschland? Was ein Unsinn. Leute, es geht uns hier richtig gut.
Bernhard verabschiedete sich dann da er gerne etwas zügiger fahren und noch ein paar mal rasten wollte.
Von hier aus waren es noch rund 400 Kilokmeter, was mich dazu bewog, gemächlicher aber in einem Stück durchzufahren.
Das war dann immer recht lustig weil mich Bernhard noch zwei mal überholte.
Letztlich kam ich daheim an, machte mir eine der mitgebrachten IRN BRU Dosen auf und war glücklich.