Brandenburg - 04.09.2013
Alte FDJ-Kaderschmiede
Ladenhüter am Bogensee
Das Land Berlin startet einen neuen Versuch, die einstige Kaderschmiede der DDR-Jugendorganisation zu verkaufen.
Die großen Eingangstüren zum einstigen Gemeinschaftshaus sind abgeschlossen. Roberto Müller holt einen Schlüssel hervor, und schließt auf. Die klinkenlose Tür öffnet er dann mit einer Art Vierkant. „Hier wurden mal viele Türklinken geklaut, deswegen wurden sie alle abgeschraubt“, erklärt Müller. Der 52-Jährige ist der einzige Hausmeister auf dem riesigen Areal der einstigen FDJ-Hochschule Wilhelm Pieck. Nur ein Wachschutz schaut ab und zu noch mal nach dem Rechten.
168.000 Quadratmeter groß ist das Anwesen mit dem einstigen Seminargebäude, den Gemeinschaft- und Internatshäusern, dem Heizhaus, den Lagerräumen und Werkstätten. Seit 1999 steht diese kleine Stadt mitten im Wald unweit der Gemeinde Wandlitz (Barnim) leer. Seitdem ist Müller, wie er selbst sagt, wie ein Don Quichotte in den Gebäuden unterwegs, um das Schlimmste zu verhindern – den Verfall.
Hinter der Tür liegt der wohl imposanteste Raum der einstigen FDJ-Kaderschmiede. Der Saal mit seiner Empore, zu der eine breite Treppe führt, die von Säulen gestützt wird. Ein Tanzsaal für rauschende Feste. Die Wände des Saals sind fliederfarben gestaltet. Doch an vielen Stellen blättert die Farbe ab. „Es tut schon weh, wenn man das alles sieht“, sagt Müller. Ab und an fegt er die Farbe zusammen, wenn sich Besucher angemeldet haben.
Im Oktober beginnt Verfahren
Der Hausmeister wird demnächst wohl häufig den Besen in die Hand nehmen müssen. Das hofft jedenfalls Irina Dähne, die Sprecherin des Berliner Liegenschaftsfonds. Denn das Land Berlin startet nach langer Zeit einen neuen Versuch, das Areal zu verkaufen und neues Leben in die Gebäude zu bringen. „Wir bereiten ein Ausschreibungsverfahren vor“, sagt Irina Dähne. Weltweit wird ein Käufer gesucht.
Das Verfahren soll am 7. Oktober anlässlich der Immobilienmesse ExpoReal starten. Interessenten können dann das Objekt besichtigen und bis zum 13. Januar ihre Nutzungskonzepte und Gebote abgeben. Bis dahin soll auch der aktuelle Verkehrswert ermittelt werden. „Wir verkaufen nicht an den Höchstbietenden, sondern mindestens zum Verkehrswert an denjenigen mit dem überzeugendsten Konzept“, erklärt Dähne. Mehrfach schon sollte das denkmalgeschützte Areal verkauft werden. Im Jahr 2008 hatte der Liegenschaftsfonds zum vorerst letzten Mal versucht, die FDJ-Hochschule zu vermarkten. „Doch vor fünf Jahren gab es null Interesse“, so Irina Dähne. Das sei jetzt anders. In der jüngsten Vergangenheit hätten sich die Anfragen gehäuft. „Außerdem geht derzeit auf dem Immobilienmarkt sehr viel und die Zinsen sind günstig.“
Das Nutzungskonzept muss mit der Gemeinde Wandlitz abgestimmt werden. Es gibt schon jetzt Überlegungen, zu welchen Zwecken die Immobilie dienen könnte. Denkbar wären eine internationale Schule, ein Hotelressort mit einem Tagungs- und Wellnessbereich, eine Klinik oder Reha-Einrichtung, zählt Dähne auf. Geeignet wäre das Areal auch als Unternehmenssitz, Behördenstandort, Seniorenresidenz oder eine Einrichtung der Jugendhilfe.
250.000 Euro Unterhalt
Im großen Haupthaus, dem Seminargebäude, zeigt Roberto Müller indes den Plenarsaal mit der großen Bühne, in dem einst Funktionäre der Jugendorganisation tagten. 500 Menschen hatten hier Platz. Jetzt ist Feuchtigkeit eingedrungen und hat das Eichenparkett aufgeworfen. Es ist kühl in dem großen Raum. Geheizt wird hier seit 2006 nicht mehr, nachdem auf dem Areal letztmalig Bereitschaftspolizisten für zwei Wochen untergebracht waren, die am 1. Mai ihre Berliner Kollegen unterstützen sollten. Auch Strom und Wasser wurden abgestellt. Aus Kostengründen. Berlin musste 250 000 Euro im Jahr zahlen. Das Objekt werde nun lediglich vor Vandalismus geschützt, und man komme der Verkehrssicherungspflicht nach, erklärt Irina Dähne.
Roberto Müller kennt die Einrichtung noch aus der Zeit, als sie FDJ-Hochschule war. Der gelernte Werkzeugmacher hat 1984 im Heizhaus angefangen und war nach der Wende auch für den Internationalen Bund tätig, der am Bogensee kräftig investierte und dort bis 1999 junge Menschen ausbildete. „Zu Zeiten der FDJ-Hochschule war hier Leben pur. Jeden Tag war was los“, erzählt Müller. Er ist kein Nostalgiker, aber ein wenig von diesem Trubel wünscht er sich schon zurück.
Das Haupthaus der einstigen FDJ-Hochschule entstand Anfang der 1950er-Jahre. Architekt war Hermann Henselmann, der auch am Bau der Stalinallee, der heutigen Karl-Marx-Allee, mitwirkte.
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-- Hinzugefügt: 6/9/2013, 00:26 --
Kennt jemand dort nen Ansprechpartner für ne Führung?
Ich hätte Interesse...