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Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 26. März 2016 10:23
von ollipa
Viele Grüße aus Tiflis oder wie die Georgier hier sagen: "Bilisi". Eine 1,2 Mio. Einwohnerstadt der Moderne und des Verfalls. Selten habe ich eine Stadt erlebt in dem beides so nah beieinander liegt. Nach einem schweren Erdbeben 2002 hat es viele der ohnehin schon sehr maroden Häuser (teilweise jugendstil) schwer erwischt. Ein Durchschnittseinkommen von ca. 350,- € monatlich reicht nicht mal richtig zum Leben, geschweige denn dazu, um die Häuser zu renovieren. Die Mieten liegen im Schnitt in der Stadt bei 300-400,- €. Für viele ein sehr harter Alltag und Jobs gibt es meistens nur über Beziehungen. Überall spürt man noch die vielen Jahre sowjetrepublikanischen Einflusses und es wird wohl noch Jahre dauern, bis dieser überwunden ist. Aber die Stadt hat Potential, die Menschen sind freundlich und es herrscht reges Treiben auf den Straßen. Autofahren wird hier zum Abenteuer, der Stärkere mit der lautesten Hupe gewinnt. Verkehrssregeln kann man getrost vergessen. 2-reihige Fahrspuren werden locker 6-spurig genutzt. Motorräder habe ich in einer Woche nur 2 gesehen. Dürfte auch ein Himmelfahrtskommando sein. Die meisten Menschen hier wollen von der sowjetischen Zeit nichts mehr wissen, sondern fühlen sich europäisch, auch wenn Georgien geographisch zu Asien gehört. Eine beeindruckende Stadt in einem schönen Land.
Heute Abend bin ich zu einer georgischen Familienfeier eingeladen. Es ist Sitte, dass nur dann getrunken wird, wenn der Gastgeber einen Trinkspruch gehalten hat. Danach geht es reihum. Das Glas wird "bis zum Ende" geleert und sofort wieder gefüllt. Vodka und Wein versteht sich. Getrunken wird sehr viel und ich weiß noch nicht, wie ich den Abend überstehen soll... :|
Wenn Ihr wollt, werde ich weiter berichten. :ja:

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 26. März 2016 10:27
von samasaphan
Schöne Bilder - danke - für Smalltalk doch zu Schade, eher für Reiseberichte!!

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 26. März 2016 10:34
von trabimotorrad
samasaphan hat geschrieben:Schöne Bilder - danke - für Smalltalk doch zu Schade, eher für Reiseberichte!!


samasaphan hat völlig Recht, darum habe ich es verschoben :ja:

Und ich wäre sehr an weiteren Berichten und Bildern aus einem unbekannten Land interessiert :wink:

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 26. März 2016 10:40
von muffel
Moin,

um es auf den Punkt zu bringen - ja, bitte weiter berichten. :ja:
Ich bin sehr neugierig, was machst Du in Georgien? Freunde? Job? Abenteuer?

@ Achim: danke fürs verschieben

Viele Grüße

Uwe

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 26. März 2016 10:59
von lothar
Unbedingt weiter berichten!!!!

Gruß
Lothar

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 26. März 2016 10:59
von Martin H.
Viel Spaß noch, Micha! ;D Und übertreib´s heut Abend net...

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 26. März 2016 11:11
von pierrej
Micha nur los, das sind interessante eindrücke an denen Du uns da teilhaben läßt, weiter so .
@Martin: das wird kein übertreiben am Abend, eher eine leichte Übung für unseren nächsten Stammtisch. :mrgreen:

Gruß Pierre :bia:

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 26. März 2016 11:18
von Martin H.
@Pierre: :oops: Jetzt hab ich mir extra jede Bemerkung in dieser Richtung verkniffen... :versteck:

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 26. März 2016 11:38
von ollipa
Gerne berichte ich weiter: Vor Jahren haben meine Frau und ich bei uns daheim für eine junge georgische Frau eine Bürgschaft übernommen, damit sie hier für ein paar Jahre studieren konnte. Da Georgien kein EU-Land ist, wird so etwas benötigt, damit keine deutschen Sozialleistungen 'abgegriffen' werden. Die Bürgschaft diente für den Fall der Fälle. Falls etwas passiert wäre (Krankheit usw.) hätte sie z.B. nach Hause fliegen können. Die junge Frau, Maka heißt sie, war ausserordentlich vertrauenswürdig und hat in Deutschland angefangen Germanistik zu studieren und sehr fleissig deutsch gelernt. Ihren Lebensunterhalt hat sie sich u.a. bei Bosch am Fliessband verdient. Vor 9 Jahren ist sie zurück nach Georgien gegangen, hat inzwischen in Tiflis geheiratet und eine kleine Tochter Anastasia bekommen. So kam es, dass meine Frau und ich eine Einladung erhielten und nun über Ostern nach Tiflis geflogen sind.
Wir wohnen hier in einem Hotel (40,- € mit Frühstück) sehr zentral in der Innenstadt. Das Preisgefüge für den täglichen Lebensunterhalt ist für unsere deutschen Verhältnisse ausserordentich günstig. Ist ja auch kein Wunder bei den Monatsverdiensten hier. Ich kann diese Stadt immer noch nicht richtig fassen, obwohl wir nun schon bald eine Woche hier sind. Man ist im ständigen Wechsel zwischen Entsetzen und Staunen. Viele hier behaupten, dass Tiflis das Paris des Ostens ist. Auf jeden Fall gibt es dazu noch viel zu tun hier...
Was auffällt, sind die besonders gepflegten hübschen und herausgeputzten jungen Frauen. Sehr europäisch und modebewusst gekleidet. Viele Männer hier haben dagegen durchaus etwas Nachholbedarf. Zumeist dunkel gekleidet stehen sie vielfach in Gruppen an jeder Strassenecke, auf den Plätzen, unterhalten sich und warten anscheinend auf irgendwas. Auf was genau, habe ich noch nicht so recht herausgefunden.... Die Gesichtsausdrücke sind jedoch sehr selbstbewusst und es gibt keinen Zweifel daran, wer in den Familien das Sagen hat.
Es gibt in Tiflis eine uralte U-Bahnlinie quer durch die Stadt. Die U-Bahn stammt noch aus Sowjetzeiten und ich habe gestern mal die Geräuschkulisse während der Fahrt gemessen. 95 Dezibel! Man kann sich quasi nicht unterhalten. Die U-Bahnschächte verschwinden in endlosen Tiefen weit unter der Stadt. 2 Minuten steht man auf der Rolltreppe um dann in einem riesigen Schlund "verschluckt" zu werden. Auf der gegenüberliegenden Seite spuckt dieser Schlund, wie ein riesiger Moloch, im Sekundentakt hunderte von Menschen aus, die im selben Moment aus der Tiefe nach oben befördert werden. Unglaublich, wenn man so etwas noch nicht gesehen hat.

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 26. März 2016 11:56
von UlliD
Schöner Bericht, bitte weitermachen... :ja: Und geniesst euren Urlaub.

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 26. März 2016 13:13
von jens-mz
Servus

Moppedfahrn kann man dort aber schon.
Gibt sogar ne Firma die geführte Touren anbietet.
Hier mal ein paar Eindrücke. Ein Kumpel war da mal mitgefahren und so begeistert dass er im Mai noch mal hinfliegt.

Viel Spass noch, und bitte noch ein paar so schöne Photos.

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 26. März 2016 13:58
von ollipa
Ja, du hast Recht was Offroadtouren angeht, abseits von den Hauptstraßen. Die gibt es und sind sicher sehr abenteuerlich und spannend. Würde mich auch reizen. Das Moppedfahren in der Stadt allerdings ist bei der Verkehrsdichte eine andere Sache... ;-)

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 26. März 2016 14:16
von Sandmann
Schön weiter berichten :ja: Danke Micha und noch schöne Tage wünsche ich euch. Warum trinken die so viel da? Na dann immer eine gute Unterlage schaffen und durchhalten :mrgreen:

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 26. März 2016 14:25
von calenberger
Toller Bericht, bloß nicht locker lassen und weiter berichten. Dickes Danke dafür :D

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 26. März 2016 17:16
von mzdietmar
Top
der Bericht liest sich sehr gut und bitte keine Motorräder mitbringen
Grüße Dietmar

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 26. März 2016 17:51
von pierrej
mzdietmar hat geschrieben:...und bitte keine Motorräder mitbringen


DOCH, jede menge olle Russenkisten und dann unter uns verteilen. :mrgreen: :freude:

Gruß Pierre

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 26. März 2016 20:06
von Lorchen
Aber nur mit Zündfunken.

Bitte weiter berichten!

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 27. März 2016 21:24
von ollipa
Wenn die Georgier/innen feiern, dann aber richtig! Was war das gestern für ein Abend. Trinkfest sollte man sein. Die Frauen trinken nicht ganz so viel. Pro Mann wird für einen Abend 2 Ltr. Wein kalkuliert. Und ich sag Euch, nach 20 Minuten hatte ich bereits drei Gläser getrunken. Der Gastgeber eröffnet den Abend, steht dabei auf, hebt sein Glas und alle anderen Männer erheben sich ebenfalls. Dann stehen auch die Frauen auf. Die Trinksprüche gehen immer um die Familie, die Liebe, die Kinder, die Eltern, den Frieden, die Freundschaft.... Angestossen wird laut und kräftig und dann das Glas mit 'einem Zug' geleert. Bevor man sich setzt, bestimmt der Gastgeber die Reihenfolge der Trinksprüche. Natürlich nur die Männer... Kaum hat man sich wieder hingesetzt, wird nachgeschenkt bis das Glas wieder voll ist. Nicht etwa aus Flaschen, nein aus Glaskaraffen. (Giesst sich schneller ;D ). So geht es den ganzen Abend. Auch mit dem Essen. Der Tisch ist immer voll. Die Teller mit den vielen verschiedenen Speisen werden ständig nachgereicht, Neues Essen aufgetragen, die Speisen teilweise übereinander gestapelt. Und du wirst natürlich freundlich, aber bestimmt gebeten, doch von allem zu probieren. Und den ganzen Abend sorgen Kellnerinnen dafür, dass du immer frische Bestecke und neue saubere Platzteller vor dir stehen hast.
Zu später Stunde wurde es dann sehr traditionell. Wir konnten georgische Tänze bewundern, die genauso wie der georgische mehrstimmige Gesang, ins Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen wurde. Zwischen den Darbietungen haben dann alle Gäste getanzt. Das ging in etwa so: Trinken - Essen - Trinken - Tanzen - noch mehr Essen - noch viel mehr Tanzen - noch viel mehr Trinken - noch viel viel viel mehr essen - mit allen Frauen tanzen - und wieder trinken... Den ganzen Abend bis tief in die Nacht. Die Georgier konzentrieren sich beim Essen eher auf das Fleisch in allen Variationen. Unmengen verschwinden da in den Bäuchen und so sehen bereits junge Männer oftmals sehr gut genährt aus. Gemüse und Salate werden eher von den Frauen gegessen. Und natürlich auch immer Brot dazu. Eine andere Welt, dieses Georgien, aber warmherzig und sehr gastfreundlich.
Es war eine tolle Stimmung mit ausgelassener Fröhlichkeit den ganzen Abend. Unsere georgische Freundin hat gedolmetscht und so konnten wir uns alle gut unterhalten.
Der heutige Ostersonntag war für meinen Kopf dagegen dann "stark verlangsamt". Musste leider sehr früh aufstehen, da es in den großen Kaukasus in Richtung russische Grenze ging. Aber ich konnte im Bus ein wenig schlafen..... ;D

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 27. März 2016 22:24
von samasaphan
Klasse !! Konntest Du auch die georgischen Weine Chwantschkara und Kindsmarauli kosten? Sollen sehr berühmt sein...

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 28. März 2016 07:28
von ollipa
Die beiden genannten Weine sind Rotweine, von denen ich noch keinen probiert habe. Aber georgische Weine haben ein lange Tradition und sind im Allgemeinen sehr gut. Ich habe von den Weißweinen probiert, die mir mehr liegen. Auf der Feier gab es einen kupferfarbenen, von Maka's Mutter selbst hergestellten Wein, der kräftig, fruchtig und sehr gut zu trinken war. Trotz der großen Mengen an dem Abend, hatte ich am nächsten Tag keine Kopfschmerzen. :ja:
Auch wenn die Georgier zu feiern wissen, das wirkliche Leben hier ist für einen Großteil sehr mühsam und es reicht oft nicht, das tägliche Leben zu bestreiten. Die Schere zwischen denen die gar nichts haben und der Mittelschicht ist gefühlt riesengroß. Von den Oligarchen, die nach dem Zerfall der Sowjetunion Millarden angehäuft haben mal ganz zu schweigen. Die Wohnhäuser sind nicht nur abseits der großen Einkaufsstrassen oft in erbarmungswürdigem Zustand und man darf sich von den teilweise renovierten Fassaden keinesfalls täuschen lassen. Geht man in diese Häuser und schaut sie sich von hinten an, überkommt einen manchmal fassungsloses Entsetzen über das, was man da sieht. Es soll hier schon Zwangsräumungen gegeben haben, weil das Haus buchstäblich vor dem Zusammenbruch stand.
Die Frauen dürfen mit 16 Jahren heiraten. Mit Ausnahmen auch schon ab 14. Spätestens mit 25 Jahren haben sie das Gefühl, nicht mehr begehrt zu sein, weil "die besten Männer" dann ihrer Meinung nach bereits vergeben sind. Und es ist dann auch wirklich viel schwerer noch einen Mann abzubekommen. "Wer will schon ein spätes Mädchen haben"...?
Freundschaften zwischen Mann und Frau sind nicht angesagt weil es die, ohne dass Hintergedanken unterstellt werden, nicht geben kann.
Sehr weit verbreitet ist folgender Familienalltag: Haushalt, Kochen, Wäsche, Kindererziehung, Vieh versorgen (soweit vorhanden), sich um die Eltern kümmern, Gartenarbeit ist allein Frauensache. Dazu kommt selbstverständlich noch, dass die Frauen arbeiten gehen, soweit es überhaupt Arbeit gibt. Man könnte sich fragen, was machen die Männer? Gute Frage. Der Mann ist für die Frau wichtig um zu zeigen, dass sie einen abbekommen hat. Mit ihm kann sie sich und die Familie nach aussen repräsentieren. (Das würde auch erklären, warum hier an jeder Strassenecke so viele Männer den ganzen Tag einfach nur 'rumsitzen, 'rumstehen und den Tag geniessen). Wer es sich leisten kann, fährt bei all den finanziellen Sorgen trotzdem ein Auto. Bevorzugt Mercedes, dann BMW in allen erdenklichen Zustandsklassen. TÜV gibt es wohl nicht wirklich und jeder Mann der selbst keine Arbeit hat, fährt mit seinem Auto einfach Taxi. Davon wimmelt es hier und Taxifahren ist ausserordentlich günstig. Man kauft sich einfach ein beleuchtetesTaxischild für 5 Lari (= 2 Euro) montiert es auf's Dach und fährt los. Preis ist Verhandlungssache, Lizensen gibt es nicht. :shock: (Benzin kostet etwa 60 Cent)
Überall in Tiflis sieht man in den Servicebereichen und in den Geschäften meistens nur Frauen arbeiten, auch wenn das Leben hier in der Großstadt schon etwas fortschrittlicher ist. Von 4.5 Mio. Einwohnern in Georgien leben 1,2 Mio. in Tiflis. Jeden zieht es vom Land hierher. Egal wie er wohnt. Hauptsache Tiflis. Und wer die Dörfer auf dem Land gesehen hat, versteht auch warum.
Das Bildungssystem ist leider sehr unterentwickelt. Maka sagte uns, dass es egal ist was du kannst. Hauptsache irgendwo Arbeit finden. Angelernt wirst Du dort. Und so gibt es faktisch überhaupt keine Berufsausbildung, auch ist es nicht möglich Praktikas in Betrieben zu absolvieren. Es ist einfach egal. Hauptsache du bist gesund und kannst arbeiten. Der Rest stellt sich dann schon von alleine ein. :wink:
Es gibt so viel von hier zu berichten, dass ich gar nicht alles aufschreiben kann. Ich hoffe es langweilt Euch nicht inzwischen. Soll ich weiterschreiben?

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 28. März 2016 07:53
von mz-schrauber
Hallo Ollipa, deine Berichte lese ich mit großer Begeisterung!! :gut:

( kleiner TV-Tip heute Abend Georgien-Reisebericht )

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 28. März 2016 09:05
von Schumi1
Micha,nix mit langweilig. Bitte bitte weiter schreiben,ist sehr interessant. :ja:

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 28. März 2016 09:45
von samasaphan
Bitte mehr davon!! Danke!!

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 28. März 2016 09:58
von Nordlicht
samasaphan hat geschrieben:Bitte mehr davon!! Danke!!
dito.. .erinnert mich an Feiern vor 30 Jahren....

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 28. März 2016 10:31
von der garst
Eine Reise vom Computer aus...toll...Bitte mehr.

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 28. März 2016 10:41
von Der Harzer
Danke Micha, ein toller Bericht, hat Spaß gemacht ihn zu lesen.

Gruß
Frank

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 28. März 2016 20:52
von ollipa
Die gestrige Fahrt in den großen Kaukasus verlief leider bei sehr ungünstigen Wetterverhältnissen. Mit einem Kleinbus ging es die alte Heerstrasse nördlich von Tiflisi in Richtung russische Grenze. Je weiter man vorankam, desto mehr russische Fahrzeuge kamen einem entgegen. Knapp 50 km hinter Tiflis liegt an einem großen Stausee die Festung Ananuri aus dem 17. Jhr. Viele Kirchen wurden regelrecht zu Festungen umgebaut und mit Mauern und Zinnen umgeben. Von Ananuri wurde den persischen und osmanischen Angriffen getrotzt und so das strategisch wichtige Aragwital kontrolliert. Tiflis selbst war immer wieder unter wechselnder Herrschaft da es an einem Knotenpunkt verschiedener Karawanenstraßen lag. Das weckte bei vielen Herrschern natürlich Begehrlichkeiten.
Die Fahrt führte uns dann weiter auf der Heerstrasse gen Norden. Auf 2.200 m Höhe war dann leider Schluss. Schlechte Sicht und 3 m Schneeverwehungen ließen ein Weiterkommen nicht zu. Leider konnte ich so auch keinen Blick auf die 5000er des großen Kaukasus werfen. Alles war wolkenverhangen und so mussten wir umkehren. Die Passstraßen sind teilweise in einem sehr desolaten Zustand, so dass man sehr langsam fahren musste, um sich keine Achsschäden oder ähnliches zu holen. Auch die Schlaglöcher, riesengroß, gefüllt mit Wasser, sollte man besser nicht durchfahren. Man konnte schlecht einschätzen wie das endet...
Immerhin, ich habe den großen Kaukasus gesehen, was ein großer Wunsch war und das karge Leben in den Bergdörfern erahnen können. Nach einem Ruhetag heute in Tiflis, geht es morgen dann ca. 60 km nordwestlich von Tiflis, nach Gori ins Stalinmuseum.
Ich stelle immer wieder fest, wie schön das Land ist. Besonders im Sommer, wenn alles grün ist, muss es hier traumhafte Gegenden geben, die es lohnen würde mit dem Motorrad zu erkunden...

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 29. März 2016 12:38
von Klaus P.
Hallo Micha,

in Gori war ich heute auch,
via Arte um ca. 11:20 Uhr.
Von 11:05 bis 11:50 lief ein Film über eine Reise durch Georgien.

Viele Grüße
Klaus

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 29. März 2016 12:47
von biebsch666
Bringste mir was mit?
So `n GAZ69 z.B. wäre toll...
SPOILER:
Ich frage mich, wie ich als Biertrinker überlebt hätte.2 Gläser Schnaps und meine Augen gehen zu.

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 29. März 2016 12:53
von beres
Super Reisebericht, ich habe mit großer Begeisterung gelesen!

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 30. März 2016 09:05
von ollipa
Der Weg nach Gori ins Stalinmuseum begann mit der morgendlicher Metrofahrt in Tiflis zum Treffpunkt, von dem wir uns mit dem Kleinbus auf den Weg machten. So warm wie die vergangene Woche war, so kalt ist es in den letzten beiden Tagen geworden. Zudem wehte ein eisiger Wind, der durch Mark und Bein ging. Die Fahrt nach Gori verlief, bereits wie gewohnt, durch schöne Landschaft ziemlich nah an der südlichen Grenze zu Südossetien. In Georgien gab es 2008 eine kurze, wenige Wochen dauernde, heftige kriegerische Auseinandersetzung mit Russland um diesen Landstrich, der getrennt durch den großen Kaukasus nur durch einen Tunnel mit Nordossetien verbunden ist. Beide Seiten behaupten den Krieg angefangen zu haben und er endete so wie er wohl enden musste: Südossetien ist seitdem von Russland besetzt und streng militärisch abgeriegelt. Ebenso erging es Abchasien ganz im Nordwesten des Landes. Für beide Regionen gilt eine Reisewarnung und es empfiehlt sich, besser nicht dorthin zu fahren. Der Krieg in Südossetien vor 8 Jahren hat heftige Flüchtlingsströme innerhalb des Landes ausgelöst und auch in Tiflis war große Sorge, dass russisches Militär sich der Hauptstadt bemächtigt. Die Umklammerung des großen Bruders Russland ist latent im ganzen Land zu spüren und dennoch gibt es einen Teil der Bevölkerung, der durchaus russlandfreundlich ist. Besonders wenn es Touristen sind, von denen es hier viele gibt. Das erklärt vielleicht auch, weshalb das Stalinmuseum in Gori, dem Geburtsort von Iosseb Bessarionis dse Dschughaschwili, besonders auch von russischen Touristen stark frequentiert ist. Erst später nannte Stalin sich: Josef Wissarionowitsch Stalin (= der Stählerne).
Gori ist keine besonders schöne Stadt. Heruntergwirtschaftete Häuser und man sieht es der Bevölkerung an, dass das Leben hier mit viel Mühe verbunden ist. Umso mehr fällt mitten in der Stadt das Stalinmuseum auf, vor dessen Haupteingang der gepanzerte Eisenbahnwaggon Stalins steht, mit dem er nach dem 2. Weltkrieg zu den Potsdamer Verträgen gereist ist. Stalin hat es vermieden zu fliegen. Das Museum ist von einem kleinen Park umgeben, in dem das kleine Geburtshaus von Stalin steht. Man kann es fast übersehen, da es komplett von einem tempelartigen Überbau erdrückt wird. Der Haupteingang und das Foyer lassen keinen Zweifel daran, wie Stalin gesehen wird. Als gebürtiger Georgier war man stolz auf Stalin. Im ganzen Museum findet keinerlei Auseinandersetzung mit den Untaten statt, die ja zweifellos von ihm auch millionenfach begangen wurden. Enteignungen von Land und die damit ausgelöste katastrophale Hungersnot der russischen Bevölkerung mit vielen Toten, gegenseitige Denunziationen und Anklage innerhalb der Bevölkerung, das Leben in Angst, unter Folter erpresste Eigenbeschuldigungen, Arbeitslager (Gulags) mit millionen Toten und eine über Jahre ausgelöste starke Depression der gesamten sowjetischen Bevölkerung. Kein Wort davon in dem Museum. Wie uns gesagt wurde, ist dieser Teil der Geschichte erst jetzt von der jungen Generation als Erweiterung des Museums geplant, scheitert aber derzeit an den Finanzen.
Das Museum hängt voller Bilder Stalins, seinen politischen Weggefährten, Informationen und Dokumente von seiner Geburt, seinem Wirken bis zu seinem Tode. Leider alles nur in georgischer Sprache, was ein wenig Verständnisprobleme bei mir hervorrief. Interessant waren auch die Glasvitrinen, in denen die Gastgeschenke ausgestellt sind, die Stalin von Regierungen aus anderen Ländern erhielt. In einem hinteren Teil des Museums, befindet sich ein etwas abgedunkelter mausoleumsähnlicher Raum, in dem ein Bronceabguss von Stalins Totenmaske auf einem Kissen aufgebahrt liegt. Die ehrfürchtige Stille in dem Museum unterstreicht die Bedeutung, die Stalin noch heute in der Bevölkerung geniesst. Das macht schon sehr nachdenklich...
Draussen dann, wurden wir durch Stalins Eisenbahnwaggon geführt, mit dem er immer unterwegs war. Es gibt darin einen kleinen Speisesalon, natürlich eine Küche mit zwei gusseisernen Küchenherden in der die Speisen zubereitet wurden, kleine Abteile für die Offiziere bzw. Begleitpersonal und natürlich die privaten Räume Stalins. Ein Abteil mit einem Bett und Schreibtisch und direktem Verbindungsgang zum Waschraum mit Badewanne und Toilette.
Zurück in Tiflis haben wir uns abends mit Freunden über diesen denkwürdigen Tag unterhalten. Stalin wird bei den jungen Menschen heute kritischer gesehen, auch weil er als gebürtiger Georgier sein Geburtsland in die Sowjetunion integrierte. Auch hier wird wieder deutlich, wie sehr sich Georgien die Unabhängigkeit von Russland wünscht. Ob Abchasien oder Südossetien jemals wieder an Georgien zurück gegeben werden? Gefühlt hat Georgien da noch einen langen Weg vor sich.
Unsere Reise neigt sich nun langsam dem Ende und ich muss sagen, dass ich mich wieder auf daheim freue. Es ist schon eine andere Welt daheim in Mitteleuropa. Gestern haben uns unsere Freunde gefragt, was wir von diesem Land erzählen werden. Ganz sicher einmal, dass Georgien ein sehr schönes Land ist, dass es sich lohnt zu besuchen. Hier leben freundliche Menschen, für die Gastfreundschaft das Höchste ist. Wie sagte gestern unsere Freundin Maka: "Ein Gast ist für einen Georgier wie ein Geschenk von Gott und so muss er auch behandelt werden." Das haben wir überall dort gespürt, wo wir in den direkten Kontakt mit den Menschen hier gekommen sind. (Ich werde daheim erstmal eine Diät machen....)
Für die Zukunft bleibt Georgien zu wünschen, dass eine stabile Regierung dafür sorgt, dass der Wunsch zur Veränderung Realität wird und den Menschen bei der Umsetzung auch wirklich konstruktiv hilft. Es gibt an allen Ecken und Enden jede Menge zu tun.

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 30. März 2016 17:06
von samasaphan
Wunderschöne Eindrücke - die Du uns weitergegeben hast. Danke!! Gute Heimreise

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 30. März 2016 18:47
von Madjack
Toller Bericht, hat Spaß gemacht zu lesen.

Gerne mehr :ja:

Gruß,
Thomas

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 2. April 2016 23:38
von ollipa
Zum Abschluss der Reise habe ich noch ein paar Aufnahmen von "Tiflis bei Nacht" gemacht. Tiflis ist in den Abendstunden nochmal ein besonderes Erlebnis, wenn die Menschen in den Strassen und Lokalen unterwegs sind und die Stadt auch dann nicht richtig zur Ruhe kommt. An Schlaf war eh nicht viel zu denken, da unser Flugzeug so früh ging, dass wir um 3 Uhr morgens schon wieder aufstehen mussten. Durch die Zeitverschiebung bekamen wir die 3 Std. nun wieder zurück, die man uns vor 10 Tagen genommen hat.
Die Tage in Georgien waren schön und ich habe mal eine ganz andere, mir bisher unbekannte Welt kennengelernt. Besonders war sicherlich, dass wir Maka in Tiflis kannten und jetzt sogar noch ein paar weitere Bekannte dazu gekommen sind. Man bekommt dann einfach einen anderen Bezug zu der Region, zu den Menschen die dort leben und kann mit Begriffen wie Ossetien, Abchasien oder auch den Nachbarländern Aserbaidschan und Armenien etwas anfangen. Georgien ist eine Reise wert und die vielfältigen Eindrücke hinterlassen Spuren. Natürlich haben uns unsere Freunde eingeladen bald wiederzukommen.
Der Höhepunkt wäre natürlich, das Land mal mit dem Motorrad zu sehen. Ist sicher noch mal ein ganz anderer Blickwinkel. Ich habe mir vorgenommen mich damit mal näher zu beschäftigen. Vor allem den Link den jenz-mz gepostet hat, muss ich mir mal genauer ansehen... Eine geführte Motorradtour mit Dnjepr-Gespannen klingt ja schon ziemlich spannend.
Der Rückflug ging wie der Hinflug. Von Tiflis über die Krim nach Kiew, von dort nach Amsterdam und dann weiter nach Nürnberg. 3x Starten und Landen und das, wo ich mich auf einem Motorrad eigentlich sicherer fühle. Aber ich habe während des Fluges viel geschlafen. War wohl einiges nachzuholen.
Ich hoffe, dass Euch der kleine Reisebericht gefallen hat. Daheim angekommen habe ich heute erstmal mein ES2-Gespann aus der Garage geholt, ein wenig daran 'rumgeschraubt und dann eine kleine Tour unternommen. Herrlich war's. Man sieht sich auf dem nächsten Forumtreffen beim Egon. ;D

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 3. April 2016 00:03
von pierrej
Hallo Micha, vielen Dank für diesen schönen und interessanten Reisebericht, mir war beim lesen stellenweise so als ob ich ein Stückchen dabei gewesen bin. :respekt:
Also, danke noch mal und hoffentlich machst Du bald wieder einen Spannenden Urlaub von dem es zu berichten gibt. Dann können auch wir wieder dabei sein. :gut:

Gruß Pierre

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 3. April 2016 05:04
von allgäumz
:zustimm: :gut: :biggthumpup:

Micha, Vielen Dank und gutes Wiedereinleben!

Markus

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 3. April 2016 05:35
von samasaphan
Danke - hat mir sehr gefallen - lockt Fernweh...

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 3. April 2016 06:23
von calenberger
Danke für Deine Mühe, hast Du toll geschrieben und fotografiert. Hättest ruhig noch eine Woche bleiben können :D .

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 3. April 2016 06:25
von jens-mz
Servus

Danke für den klasse Reisebericht, war gut zu lesen.

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 5. April 2016 18:07
von Captain_Fokke
Toller Bericht und super Bilder.
Google sagt man ist mit 3,5 Tkm in Tiflis, so weit ist das doch gar nicht. Wie ist die Sicherheitslage in Georgien und wie teuer (oder auch preiswert) lebt man dort?
Auf jeden Fall weckt dein Bericht Interesse.
Gruß Bernd

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 5. April 2016 22:12
von ollipa
Die Sicherheitslage in Georgien ist gut und man kann sicher in dem Land reisen. Latent ahnt man natürlich den Klammergriff Russlands und denkt hin und wieder mal daran, was eigentlich passiert, wenn der grosse Bruder "hustet".... :wink: Aber die Menschen dort sind sehr freundlich, gelassen und fürchten den grossen Nachbarn nicht.
Das Preisgefüge ist ausserordentlich niedrig und man kann im Land sehr günstig unterwegs sein. Der durchschnittliche Monatslohn liegt bei 300-400 €, wie mir unsere Bekannte dort sagte.

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 7. April 2016 20:47
von Captain_Fokke
Danke
Also einen Reiseführer hab ich mir gerade bestellt. Mal schaun was draus wird.

Gruß Bernd

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 7. April 2016 21:24
von ollipa
Captain_Fokke hat geschrieben:Danke
Also einen Reiseführer hab ich mir gerade bestellt. Mal schaun was draus wird.

Gruß Bernd


:gut: per Mopped auf dem Landweg? ;D

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 8. April 2016 08:46
von beres
Vielen Dank für den schönen Bericht. Mit Gespann auf dem Landweg fände ich auch reizvoll!

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 8. April 2016 21:19
von Captain_Fokke
Jo Landweg.
Die Fähren übers Schwarze Meer verkehren seit den Veränderungen auf der Krim nur sehr eingeschränkt und sind "sorry" sauteuer. Sicherlich nur ein Hirngespinst, aber mit´em Moped, das hat was.
Google sagt 43 Stunden und 3941 km, die km glaub ich, aber es könnten knapp über 43 Stunden werden.
Ausserdem, andere fahren im Winter an den Polarkreis und frieren sich den

Gruß Bernd

Re: Grüße aus Tiflis oder auch Tblisi

BeitragVerfasst: 12. April 2016 20:16
von samasaphan
Auf ARD alpha läuft gerade ein Reisebericht...