Nachdem in der letzten Zeit wieder sehr begeisternde Reiseberichte im Forum zu lesen und anzuschauen waren, kam mir der Gedanke, die während meiner mit Abstand schönsten Dienstfahrt gesammelten Eindrücke einmal hier zu dokumentieren. Die Strecke selbst ist ein absoluter Witz, es sind gerade mal ca. 60 km, die Erlebnisdichte ist aber gewaltig und die Streckenwahl mehr als ungewöhnlich. Vielleicht hat jemand Lust es nachzumachen.
Es trug sich Ende Juli diesen Jahres zu, da führte die Elbe Niedrigwasser. Die Schiffahrt wurde eingeschränkt und selbst die Dampfschiffahrt stellte einzelne Streckenabschnitte ein. Mir oblag es nun an einem Tage, den flachgehenden Dampfer DIESBAR anzuheizen, damit er bei fallendem Wasser in Fahrt gehen konnte, sowie die Kessel von anderen, vorübergehend abgestellten Schiffen warm zu halten. Dabei mußte ich, nachdem ich die betreffenden Dampfer am Dresdener Terassenufer geheizt hatte, noch das in Bad Schandau liegende Schiff aufsuchen. Bei den dieser Tage vorherrschenden Temperaturen und einer Wetterlage, die noch nicht einmal einen Gedanken an Regen aufkommen ließ, war klar, daß die DKW mein Dienstfahrzeug sein würde. Der Zufall wollte es, das die Stadt Dresden just ab diesem Tage das Blaue Wunder, eine der wichtigsten Dresdner Brücken, wegen Sanierungsarbeiten voll sperrte. Früh auf dem Weg in die Landeshauptstadt war das alles kein Problem. Jedoch die Szenarien, die ich mir für den Rückweg in die Sächsische Schweiz ausmalte, waren wenig erheiternd. Mich quälte die Frage, wie ich dem Innenstadtverkehrskollaps wohl am besten entkommen könnte. Da kam mir die Idee, die Stadt südlich zu umfahren. Das ist weder neu noch originell, immerhin kamen schon die Erbauer der alten Postkutschenstraße nach Böhmen, genau wie die Planer der A17 auf diesen Gedanken. Auf der Karte wirkt es zunächst auch wie eine Abkürzung (was die A17 auch ist, aber die wollte ich nicht benutzen), jedoch übersieht man in der Draufsicht schnell, daß für diese scheinbare Abkürzung des Elbbogens eine Vielzahl von Tälern durchquert werden muß. Weißeritztal, Poisental, Lockwitztal, Müglitztal und noch viele kleine Täler sind zu durchfahren. Zwischendurch gelangt man immer wieder auf die Ebene des sogenannten Meißner Hochlandes. Das versprach, eine angenehme Reise zu werden und, soviel kann man vorwegnehmen, es wurde schöner, als ich es mir ausgemalt hatte.
Hier, von der in der Gluthitze unseres Zentralgestirns flirrenden Dresdener Innenstadt gings los. Zunächst passierte ich das Terassenufer, den sächs. Landtag und fuhr Richtung Löbtau.
Dort konnte ich mir den kurzen Halt vor dem ehemaligen Kühne/Bark Motorrad-Motorenwerk nicht verkneifen. Nun folgt man einfach der Straße weiter über Dresden-Plauen in den Plauenschen Grund Richtung Freital. Obwohl stark von der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts gezeichnet, kann man die romantische Wildheit des Tales, die viele Maler zwischen 1800 und 1820 herlockte, noch (oder wieder?) erahnen. Morbide und geheimnisvoll liegt die alte Mühle im Grund, ihr Getreidespeicher erinnert, auch dank seines Verfalls, an eine mittelalterliche Wehranlage. Vorbei geht es auch am legendären Felsenkeller der gleichnamigen ehemaligen Brauerei, in dem der "Eiswurm",ein roter Drache, der auch das Etikett ziert, die Fässer bewacht haben soll. Leider machten Verkehrsfluß und Bordsteinhöhe einen Fotohalt unmöglich. In Freital wird endlich aus dem Hauptverkehrsstrom ausgeschert und es wird umgehend ruhig. Die Fahrt führt über Possendorf nach Babisnau. Das Hochlandplateau ist erstmals erreicht, es bietet sich ein gigantischer Ausblick über das Elbtal, talwärts bis Meißen und bergwärts bis in die Böhmische Schweiz.
Endlich sind sie erreicht, die Erholung spendenden kleinsten Sträßchen, man könnte sie auch befestigte Wege nennen. Über die winzigen, malerisch in der Mittagssonne liegenden Orte Bärenklause und Kautzsch geht es wieder ins Tal, diesmal ins Lockwitztal hinein. Die Route durchquert ein uraltes Obstanbaugebiet. Dessen sonnige Lage, wie auch der Baustil nebst den jahrhundertealten, kilometerlangen Trockenmauern lassen unwillkürlich Assoziationen zu südlichen Sehnsuchtsorten wie Toskana oder Mallorca aufkommen. Jetzt wird die Fahrt zum Genuß, spätestens hier vergißt man die Zeit.
-- Hinzugefügt: 21. August 2022 16:48 --
Hier geht's natürlich bald weiter