Power, Commander! Ein Drama in drei Akten
Verfasst: 8. April 2021 14:21
Hinweis: Hier geht's überhaupt nicht um MZ, und als ob das allein nicht schon schlimm genug wäre, ist das Hauptthema eine elektronische Einspritzanlage, also reinstes Teufelszeug!
Ab hier ist's Lesen auf eigene Gefahr und, liebe Kinder: Nicht nachmachen!
Das Dynojet-Abenteuer
Prolog:
Ein weit verbreitetes Problem bei Motorradfahrern, die auch Schrauber sind, ist, sie können ein Motorrad nicht einfach mal so lassen, wie es ab Werk ist…
Mein Gespann aus dem Reich der Mitte ist ja an den allermeisten Stellen echt durchdacht und mit Sinn und Verstand konstruiert worden, aber auch hier finden sich Möglichkeiten, einer alten Weisheit, nämlich der, dass die Perfektion der Feind des Guten ist, zur Geltung zu verhelfen.
In diesem Fall, den ich hier beschreibe, ging es ursprünglich um die Verbesserung an Einlass und Auslass des Motors:
Der originale Luftfilterkasten hat seine Ansaugöffnung ziemlich weit unten, etwa auf Achshöhe und direkt hinter der Hinterradabdeckung. Der originale Luftfilter ist ein Papierfilter, der bei Schlechtwetter-Fahrten dann schnell Gefahr läuft, feucht, bzw. nass zu werden. Berichte von anderen Jialingfahrern über durchfeuchtete Luftfilter, die dann plötzlich ein Loch hatten und daraus folgende Motorschäden ließen mich zu einem K&N-Filter, der eigentlich für eine BMW R1200GS gedacht war, greifen. Der passte natürlich nicht plug’n play, es mussten ein paar Anpassungen am Luftfilterkasten vorgenommen werden.
Der serienmäßige Schalldämpfer wurde gegen einen KTM-Schalldämpfer getauscht, weil dieser erstens deutlich leiser war, mir zweitens die Aufhängung sinnvoller erschien und drittens auf dem Gebrauchtteilemarkt ein echtes Schnäppchen ist.
1. Akt: Arbeit zieht Arbeit nach sich (Meister Röhrig):
Um die Haltbarkeit des Luftfilters musste ich mir jetzt keine Sorgen mehr machen, die Lautstärke war nun auch so, dass ich sicher war, sie einem Mitfahrer zumuten zu können. Da nun aber der Motor von Hause aus schon ausgesprochen mager abgestimmt war, hatte ich Sorge, meine Umbaumaßnahmen gingen auf Kosten der Motorlebensdauer.
Als alter MZ-Fahrer, der immer mit einem Ohr am Motor fährt, hörte ich auch die zu magere Abstimmung.
Wie das Internetz für unsere Kanzlerin, war das Abstimmen einer Einspritzanlage für mich, als Fahrer bisher ausschließlich alten Geraffels mit Vergasern, ebenfalls völliges Neuland. Manipulative Eingriffe an der Bosch-ECU schieden für mich wegen fehlender entsprechender Kenntnisse und technischer Ausstattung komplett aus, daher fiel meine Wahl auf den „Power Commander“ aus dem Hause Dynojet, den man angeblich einfach zwischen Motorperipherie und ECU einschleifen und damit die Einspritzung beeinflussen könnte.
Natürlich gibt es nichts, was für eine Jialing passend, quasi plug’n play, zu kaufen wäre, aber nach Rücksprache mit dem Deutschland-Vertrieb der amerikanischen „Wunderkiste“, wurde es dann ein Gerät, das eigentlich für eine BMW G650X sein sollte, ebenfalls ein Einzylinder mit Saugrohreinspritzung, „…das kann man wahrscheinlich passend machen…“.
Das Gerät, ein kleines Kästchen, hatte dann jeweils zwei Anschlüsse für die Steuerung des Einspritzventils und des Drosselklappensensors, um den „Power Commander“ zwischen ECU und diese beiden Bauteile einzuschleifen, ein Massekabel und zwei freie Kabel, die mittels „Stromdieben“ mit dem Kurbelwellensensor verbunden werden sollten.
Weiter war bereits ein modifiziertes Kennfeld für eine BMW mit Sportluftfilter und –auspuff aufgespielt, nach Aussage des Vertriebs „…eine geeignete Basis, um ein passendes, individuelles Kennfeld zu erstellen…“
Also, einfach mal fröhlich alles angeschlossen, das USB-Kabel vom „Power Commander“ in den mit der mitgelieferten Software bestückten Laptop gesteckt und den Motor gestartet…läuft! …naja, lief ja vorher auch…allerdings…die Anzeige auf dem Bildschirm hatte keine Entsprechung in der Realität:
Die Drosselklappe erschien dort im Leerlauf als zu 100% geöffnet, die Leerlauf-Motordrehzahl schwankte zwischen 9900 und 10500 rpm…
Die Zuleitung der ECU zum Drosselklappensensor so umzupolen, dass die Drosselklappenöffnung korrekt angezeigt wurde, war ja noch ein für mich lösbares Problem; es blieb die viel zu hoch angezeigte Drehzahl.
Nach einiger Überlegung und Rechnerei war dann klar, dass die angezeigte Drehzahl ziemlich genau um Faktor 6 zu hoch lag…wie ich dem abhelfen könnte, wusste ich allerdings überhaupt nicht, also rief ich die beiden Foristi Nils und Stefan (Mainzer&Seife), beides ausgewiesene Elektronik-Spezialisten, zu Hilfe.
-- Hinzugefügt: 8/4/2021, 15:30 --
2. Akt: Der Signalwandler (für den Einen ist es Pillepalle, für den Anderen die reinste Raketentechnik)
„Jo“, sagte Nils, „das Signal des Kurbelwellensensors müsste man schon mal genauer messen…am liebsten würde ich mal rumkommen und selbst messen, ich krieg aber mein Oszi nicht auf dem Mopped unter…hast du eins?“ – „Ein Oszilloskop??? Nee, ich wüsste nicht mal mehr, wie man damit umgeht…das war im letzten Jahrtausend, und nicht mal knapp! Ich kann den Werkstattnachbarn mal fragen, ob der sowas hat…“
Ja, hatte er, allerdings nicht den Hauch einer Ahnung, wie man damit umgeht…super, damit waren wir schon zwei! „Wieso hast du denn sowas, wenn du nicht weißt, wie man damit umgeht?“ – „Diese Frage stellt mir meine Frau auch andauernd!“ – „Aha, du bist auch einer von der Sorte „Besser haben als brauchen“, hm?“ – „Ja, sowas in der Art!“
Mit meinen bereits vor 35 Jahren verschütteten und daher nur noch rudimentären Kenntnissen aus der Technikerschule und unter Nils geduldiger, video-telefonischer Anleitung gelang es mir dann, ein aussagekräftiges Bild des Signals zu erstellen und zu Nils zu schicken.
„Ist jetzt keine ideale Ausgangsbasis, 35 Impulse pro Umdrehung“, befand Nils, „guck mal, ob du das Signal des Drehzahlmessers abgreifen kannst, das hat meist nur einen Impuls pro Umdrehung!“ Na, das ging dann schon wesentlich schneller und mit dem Ergebnis war Nils dann auch zufrieden. „Es ist echt einfacher, aus einem Impuls sechs zu machen, als sechs aus 35…wir nehmen das Drehzahlmessersignal!“
Dann unterhielten sich Nils und Stefan über eine geeignete Strategie zur Umwandlung des Signals, welche Bauteile warum besser geeignet seien, wie man das am besten programmieren sollte u.v.a.m.
Davon hab ich so ziemlich gar nix verstanden, war wahrscheinlich eine andere Sprache….
Nach einer Woche war dann ein kleines Platinchen mit zwei LEDs und vier Kabeln dran fertig und per Post bei mir.
Zwischenzeitlich hatte ich einen Kabelbaum für den „Power Commander“ neu gestrickt und so verlegt, dass ich nicht das halbe Gespann auseinanderbauen, sondern nur die Sitzbank abnehmen muss, um den Laptop anschließen zu können. Der „Power Commander“ selbst war nun vibrationsgeschützt und saß an seinem vorgesehenen Einbauort.
Nach einer Funktionsprüfung, -Hurra, es funktioniert, die Drehzahl stimmt!- wurde der Signalwandler in selbstvulkanisierendes Band eingewickelt, final angeschlossen und, ebenfalls vibrationsgeschützt, untergebracht.
-- Hinzugefügt: 8/4/2021, 15:41 --
3. Akt: Das Autotune-Modul (…der Fahrer prüft unter Realbedingungen, bzw. selbst ist der Mann!)
Nach den ersten Probefahrten zeigte sich, dass der von den beiden "Raketentechnikern" konstruierte Signalwandler völlig unbeeindruckt von den z.T. deftigen Lebensäußerungen des China-Gespanns seine Arbeit verrichtete...großes Lob, fetten Respekt und meinen tief empfundenen Dank, meine Herren! Saubere Arbeit!
Wenn man weiß, wie ein Vergaser funktioniert, und was er eigentlich macht, ist man auch in der Lage, sich in die grundlegende Arbeitsweise einer Einspritzanlage hineinzudenken. Eine komplette Erstellung eines Kennfeldes nur „nach Gefühl“ fand ich für mich dann aber doch illusorisch, also dann…am besten eine Prüfstandsabstimmung!
Meine Recherchen im Vorfeld hatten ergeben, dass der nächstgelegene Prüfstand, auf den ein Gespann passt, knappe zwei Autostunden entfernt ist, das Gespann etwa 7-10 Tage dort verbleiben würde und dann fertig abgestimmt abgeholt werden könnte.
Oder aber am Hauptsitz in Nürnberg, sechs Stunden einfache Fahrt mit dem Anhänger…beides nicht sehr verlockend, zumal die Kosten für die Abstimmung bei schlapp 300 € los gingen (und es, aller Wahrscheinlichkeit nach, durch den Exotenstatus nicht dabei bleiben würde).
So traf es sich ganz gut, dass, bedingt durch meine Recherchearbeit, bei Google mittlerweile bekannt war, was mich aktuell brennend interessierte: Bei meiner morgendlichen Online-Nachrichtenlektüre bekam ich ein Sonderangebot eines Motorradzubehörhändlers für ein Autotune-Modul zugespielt, was nicht nur deutlich unter dem lag, was der Vertrieb abzüglich Rabatt dafür haben wollte, sondern auch billiger war, als die Abstimmung auf dem Prüfstand. Nicht lange überlegt, zugeschlagen, bestellt und dann hatte ich das Ding in der Hand:
Ein noch kleineres Kästchen, zwei Kabel dran, schwarz und rot, ein Datenkabel für die Verbindung zum „Power Commander“ und eine Breitband-Lambdasonde samt Kabelbaum dafür dabei…
Das Produkt-Versprechen: Die mitgelieferte Breitbandsonde analysiert im realen Fahrbetrieb die Gemischzusammensetzung, ändert diese in Echtzeit und speichert die dazu notwendigen Änderungen des im „Power Commander“ hinterlegten Kennfeldes im eigenen Speicher. Die Änderungen sind auf +/- 20% limitiert, um Motorschäden zu verhindern. Nach der Probefahrt können die Änderungen (Trims) in einem „Trim-Tab“ ausgelesen und das Kennfeld im „Power Commander“ entsprechend geändert werden. Das macht man dann wohl ein paar Mal, bis die im „Autotune“ gespeicherten Trims nur noch sehr klein sind, was bedeutet, dass man nahe an der optimalen Einstellung ist. Hört sich nach einer guten Sache an, ich bin gespannt!
Na prima, rot an Zündungsplus, schwarz an Masse, Daten-Verbindung zum „Power Commander“, den Kabelbaum der Breitband-Lambdasonde anklemmen…das sieht ja ausnahmsweise mal nach plug’n play aus, insbesondere, da die Jialing ja eine serienmäßige Lambda(sprung-)sonde hat!
Ok, die Lambdasonde „mal eben“ zu wechseln verursachte noch etwas unvorhergesehene Schweißarbeit, weil der Gewindestutzen beim Ausschrauben der serienmäßigen Sonde komplett aus dem Krümmer herausgebrochen ist.
Aber irgendwann war dann alles fertig, der ganze Verkleidungsquatsch wieder angeschraubt und die erste Probefahrt stand an. Nach den ersten 20 km verbesserte sich die Gasannahme schon spürbar, der Klang des Motors wurde weniger hart, der Drehmomentverlauf merklich glatter…
Die kleine Undichtigkeit der Auspuffanlage, die durch leichtes Patschen im Schubbetrieb auf sich aufmerksam machte, wurde noch beseitigt, und nun können einige Mess- und Einstellfahrten beginnen…
wird fortgesetzt...
Ab hier ist's Lesen auf eigene Gefahr und, liebe Kinder: Nicht nachmachen!
Das Dynojet-Abenteuer
Prolog:
Ein weit verbreitetes Problem bei Motorradfahrern, die auch Schrauber sind, ist, sie können ein Motorrad nicht einfach mal so lassen, wie es ab Werk ist…
Mein Gespann aus dem Reich der Mitte ist ja an den allermeisten Stellen echt durchdacht und mit Sinn und Verstand konstruiert worden, aber auch hier finden sich Möglichkeiten, einer alten Weisheit, nämlich der, dass die Perfektion der Feind des Guten ist, zur Geltung zu verhelfen.
In diesem Fall, den ich hier beschreibe, ging es ursprünglich um die Verbesserung an Einlass und Auslass des Motors:
Der originale Luftfilterkasten hat seine Ansaugöffnung ziemlich weit unten, etwa auf Achshöhe und direkt hinter der Hinterradabdeckung. Der originale Luftfilter ist ein Papierfilter, der bei Schlechtwetter-Fahrten dann schnell Gefahr läuft, feucht, bzw. nass zu werden. Berichte von anderen Jialingfahrern über durchfeuchtete Luftfilter, die dann plötzlich ein Loch hatten und daraus folgende Motorschäden ließen mich zu einem K&N-Filter, der eigentlich für eine BMW R1200GS gedacht war, greifen. Der passte natürlich nicht plug’n play, es mussten ein paar Anpassungen am Luftfilterkasten vorgenommen werden.
Der serienmäßige Schalldämpfer wurde gegen einen KTM-Schalldämpfer getauscht, weil dieser erstens deutlich leiser war, mir zweitens die Aufhängung sinnvoller erschien und drittens auf dem Gebrauchtteilemarkt ein echtes Schnäppchen ist.
1. Akt: Arbeit zieht Arbeit nach sich (Meister Röhrig):
Um die Haltbarkeit des Luftfilters musste ich mir jetzt keine Sorgen mehr machen, die Lautstärke war nun auch so, dass ich sicher war, sie einem Mitfahrer zumuten zu können. Da nun aber der Motor von Hause aus schon ausgesprochen mager abgestimmt war, hatte ich Sorge, meine Umbaumaßnahmen gingen auf Kosten der Motorlebensdauer.
Als alter MZ-Fahrer, der immer mit einem Ohr am Motor fährt, hörte ich auch die zu magere Abstimmung.
Wie das Internetz für unsere Kanzlerin, war das Abstimmen einer Einspritzanlage für mich, als Fahrer bisher ausschließlich alten Geraffels mit Vergasern, ebenfalls völliges Neuland. Manipulative Eingriffe an der Bosch-ECU schieden für mich wegen fehlender entsprechender Kenntnisse und technischer Ausstattung komplett aus, daher fiel meine Wahl auf den „Power Commander“ aus dem Hause Dynojet, den man angeblich einfach zwischen Motorperipherie und ECU einschleifen und damit die Einspritzung beeinflussen könnte.
Natürlich gibt es nichts, was für eine Jialing passend, quasi plug’n play, zu kaufen wäre, aber nach Rücksprache mit dem Deutschland-Vertrieb der amerikanischen „Wunderkiste“, wurde es dann ein Gerät, das eigentlich für eine BMW G650X sein sollte, ebenfalls ein Einzylinder mit Saugrohreinspritzung, „…das kann man wahrscheinlich passend machen…“.
Das Gerät, ein kleines Kästchen, hatte dann jeweils zwei Anschlüsse für die Steuerung des Einspritzventils und des Drosselklappensensors, um den „Power Commander“ zwischen ECU und diese beiden Bauteile einzuschleifen, ein Massekabel und zwei freie Kabel, die mittels „Stromdieben“ mit dem Kurbelwellensensor verbunden werden sollten.
Weiter war bereits ein modifiziertes Kennfeld für eine BMW mit Sportluftfilter und –auspuff aufgespielt, nach Aussage des Vertriebs „…eine geeignete Basis, um ein passendes, individuelles Kennfeld zu erstellen…“
Also, einfach mal fröhlich alles angeschlossen, das USB-Kabel vom „Power Commander“ in den mit der mitgelieferten Software bestückten Laptop gesteckt und den Motor gestartet…läuft! …naja, lief ja vorher auch…allerdings…die Anzeige auf dem Bildschirm hatte keine Entsprechung in der Realität:
Die Drosselklappe erschien dort im Leerlauf als zu 100% geöffnet, die Leerlauf-Motordrehzahl schwankte zwischen 9900 und 10500 rpm…
Die Zuleitung der ECU zum Drosselklappensensor so umzupolen, dass die Drosselklappenöffnung korrekt angezeigt wurde, war ja noch ein für mich lösbares Problem; es blieb die viel zu hoch angezeigte Drehzahl.
Nach einiger Überlegung und Rechnerei war dann klar, dass die angezeigte Drehzahl ziemlich genau um Faktor 6 zu hoch lag…wie ich dem abhelfen könnte, wusste ich allerdings überhaupt nicht, also rief ich die beiden Foristi Nils und Stefan (Mainzer&Seife), beides ausgewiesene Elektronik-Spezialisten, zu Hilfe.
-- Hinzugefügt: 8/4/2021, 15:30 --
2. Akt: Der Signalwandler (für den Einen ist es Pillepalle, für den Anderen die reinste Raketentechnik)
„Jo“, sagte Nils, „das Signal des Kurbelwellensensors müsste man schon mal genauer messen…am liebsten würde ich mal rumkommen und selbst messen, ich krieg aber mein Oszi nicht auf dem Mopped unter…hast du eins?“ – „Ein Oszilloskop??? Nee, ich wüsste nicht mal mehr, wie man damit umgeht…das war im letzten Jahrtausend, und nicht mal knapp! Ich kann den Werkstattnachbarn mal fragen, ob der sowas hat…“
Ja, hatte er, allerdings nicht den Hauch einer Ahnung, wie man damit umgeht…super, damit waren wir schon zwei! „Wieso hast du denn sowas, wenn du nicht weißt, wie man damit umgeht?“ – „Diese Frage stellt mir meine Frau auch andauernd!“ – „Aha, du bist auch einer von der Sorte „Besser haben als brauchen“, hm?“ – „Ja, sowas in der Art!“
Mit meinen bereits vor 35 Jahren verschütteten und daher nur noch rudimentären Kenntnissen aus der Technikerschule und unter Nils geduldiger, video-telefonischer Anleitung gelang es mir dann, ein aussagekräftiges Bild des Signals zu erstellen und zu Nils zu schicken.
„Ist jetzt keine ideale Ausgangsbasis, 35 Impulse pro Umdrehung“, befand Nils, „guck mal, ob du das Signal des Drehzahlmessers abgreifen kannst, das hat meist nur einen Impuls pro Umdrehung!“ Na, das ging dann schon wesentlich schneller und mit dem Ergebnis war Nils dann auch zufrieden. „Es ist echt einfacher, aus einem Impuls sechs zu machen, als sechs aus 35…wir nehmen das Drehzahlmessersignal!“
Dann unterhielten sich Nils und Stefan über eine geeignete Strategie zur Umwandlung des Signals, welche Bauteile warum besser geeignet seien, wie man das am besten programmieren sollte u.v.a.m.
Davon hab ich so ziemlich gar nix verstanden, war wahrscheinlich eine andere Sprache….
Nach einer Woche war dann ein kleines Platinchen mit zwei LEDs und vier Kabeln dran fertig und per Post bei mir.
Zwischenzeitlich hatte ich einen Kabelbaum für den „Power Commander“ neu gestrickt und so verlegt, dass ich nicht das halbe Gespann auseinanderbauen, sondern nur die Sitzbank abnehmen muss, um den Laptop anschließen zu können. Der „Power Commander“ selbst war nun vibrationsgeschützt und saß an seinem vorgesehenen Einbauort.
Nach einer Funktionsprüfung, -Hurra, es funktioniert, die Drehzahl stimmt!- wurde der Signalwandler in selbstvulkanisierendes Band eingewickelt, final angeschlossen und, ebenfalls vibrationsgeschützt, untergebracht.
-- Hinzugefügt: 8/4/2021, 15:41 --
3. Akt: Das Autotune-Modul (…der Fahrer prüft unter Realbedingungen, bzw. selbst ist der Mann!)
Nach den ersten Probefahrten zeigte sich, dass der von den beiden "Raketentechnikern" konstruierte Signalwandler völlig unbeeindruckt von den z.T. deftigen Lebensäußerungen des China-Gespanns seine Arbeit verrichtete...großes Lob, fetten Respekt und meinen tief empfundenen Dank, meine Herren! Saubere Arbeit!
Wenn man weiß, wie ein Vergaser funktioniert, und was er eigentlich macht, ist man auch in der Lage, sich in die grundlegende Arbeitsweise einer Einspritzanlage hineinzudenken. Eine komplette Erstellung eines Kennfeldes nur „nach Gefühl“ fand ich für mich dann aber doch illusorisch, also dann…am besten eine Prüfstandsabstimmung!
Meine Recherchen im Vorfeld hatten ergeben, dass der nächstgelegene Prüfstand, auf den ein Gespann passt, knappe zwei Autostunden entfernt ist, das Gespann etwa 7-10 Tage dort verbleiben würde und dann fertig abgestimmt abgeholt werden könnte.
Oder aber am Hauptsitz in Nürnberg, sechs Stunden einfache Fahrt mit dem Anhänger…beides nicht sehr verlockend, zumal die Kosten für die Abstimmung bei schlapp 300 € los gingen (und es, aller Wahrscheinlichkeit nach, durch den Exotenstatus nicht dabei bleiben würde).
So traf es sich ganz gut, dass, bedingt durch meine Recherchearbeit, bei Google mittlerweile bekannt war, was mich aktuell brennend interessierte: Bei meiner morgendlichen Online-Nachrichtenlektüre bekam ich ein Sonderangebot eines Motorradzubehörhändlers für ein Autotune-Modul zugespielt, was nicht nur deutlich unter dem lag, was der Vertrieb abzüglich Rabatt dafür haben wollte, sondern auch billiger war, als die Abstimmung auf dem Prüfstand. Nicht lange überlegt, zugeschlagen, bestellt und dann hatte ich das Ding in der Hand:
Ein noch kleineres Kästchen, zwei Kabel dran, schwarz und rot, ein Datenkabel für die Verbindung zum „Power Commander“ und eine Breitband-Lambdasonde samt Kabelbaum dafür dabei…
Das Produkt-Versprechen: Die mitgelieferte Breitbandsonde analysiert im realen Fahrbetrieb die Gemischzusammensetzung, ändert diese in Echtzeit und speichert die dazu notwendigen Änderungen des im „Power Commander“ hinterlegten Kennfeldes im eigenen Speicher. Die Änderungen sind auf +/- 20% limitiert, um Motorschäden zu verhindern. Nach der Probefahrt können die Änderungen (Trims) in einem „Trim-Tab“ ausgelesen und das Kennfeld im „Power Commander“ entsprechend geändert werden. Das macht man dann wohl ein paar Mal, bis die im „Autotune“ gespeicherten Trims nur noch sehr klein sind, was bedeutet, dass man nahe an der optimalen Einstellung ist. Hört sich nach einer guten Sache an, ich bin gespannt!
Na prima, rot an Zündungsplus, schwarz an Masse, Daten-Verbindung zum „Power Commander“, den Kabelbaum der Breitband-Lambdasonde anklemmen…das sieht ja ausnahmsweise mal nach plug’n play aus, insbesondere, da die Jialing ja eine serienmäßige Lambda(sprung-)sonde hat!
Ok, die Lambdasonde „mal eben“ zu wechseln verursachte noch etwas unvorhergesehene Schweißarbeit, weil der Gewindestutzen beim Ausschrauben der serienmäßigen Sonde komplett aus dem Krümmer herausgebrochen ist.
Aber irgendwann war dann alles fertig, der ganze Verkleidungsquatsch wieder angeschraubt und die erste Probefahrt stand an. Nach den ersten 20 km verbesserte sich die Gasannahme schon spürbar, der Klang des Motors wurde weniger hart, der Drehmomentverlauf merklich glatter…
Die kleine Undichtigkeit der Auspuffanlage, die durch leichtes Patschen im Schubbetrieb auf sich aufmerksam machte, wurde noch beseitigt, und nun können einige Mess- und Einstellfahrten beginnen…
wird fortgesetzt...