mit meinem ersten Beitrag möchte ich Euch meine kürzlich gesammelten Erfahrungswerte zum Thema "Erstzulassung einer ETZ 250/A mit kleinem Kennzeichen" mitteilen, ein bürokratischer Leckerbissen wie ich finde.
Die Kurzfassung vorweg: Es hat geklappt, aber mit viel bürokratischem Aufwand, vielen Telefonaten und einer Menge Zeit die dabei drauf gegangen ist. Aber lest selbst.
Die Randbedingungen:
- Krad ist eine MZ ETZ 250/A, welche aus einer VEBEG-Auktion direkt nach der Wende stammt und laut Vorbesitzer nie bundesdeutsche Papiere besaß. DDR-Brief auch nicht vorhanden.
- Zulassungsort ist Magdeburg/Sachsen-Anhalt
- ich bin Eigentümer, Fahrzeughalter und Versicherungsnehmer
- Folgende Dokumente habe ich vor der Zulassung zusammengestellt: Kaufvertrag, Eidesstattliche Versicherung des Vorbesitzers bzgl. Fahrzeugpapiere, eVB (Versicherungsnachweis), Vollgutachten nach §21 StVZO (im Osten nur DEKRA), Einzugsermächtigung für die KfZ-Steuer, ergänzend: Gutachten zur Kennzeichengröße
- mit "kleinem Kennzeichen" meine ich im Folgenden das Leichtkraftrad-Kennzeichen/Ami-Kennzeichen/Traktor-Kennzeichen mit den Maßen 240x130mm
- folgenden Thread hier im Forum hatte ich u.a. als Vorlektüre
Die Odyssee mag beginnen:
0. Vorweg möchte ich sagen, dass die Mitarbeiter der Stadt Magdeburg stets freundlich und hilfsbereit waren, jedoch durch die strenge Auslegung der neugeregelten FZV (Fahrzeugzulassungverordnung) sowie einiger weiterer bürokratischer Auflagen sich die Zulassung sehr leidlich gestaltete.
- erster Versuch einer Zulassung im BürgerBüro der Stadt Magdeburg (Hintergrund: Privat-Zulassungen nur dort / gewerbliche Zulassungen nur in der KfZ-Zulassungsstelle) --> erfolglos: abweichende Kennzeichengröße nur über die KfZ-Zulassungsstelle (coole Info. wäre schön, sowas vorab zu wissen.)
- Zulassungsstelle telefonisch kontaktiert: "Für ein kleines Kennzeichen brauchen Sie ein Gutachten von einem amtlich anerkannten Sachverständigen." (also TÜV/DEKRA etc.)
- Gutachten beim Sachverständigen erstellen lassen
- mit allen Papieren bin ich dann zur Zulassungsstelle und habe dort mein Anliegen vorgetragen. Leider wurde mein Kennzeichen-Gutachten als nicht ausreichend bewertet, da dort in der textuellen Begründung zwingend auf die Passage "§10 Abs. 2 FZV i.V.m. Anlage 4 Abschnitt 1 Nr. 1 d)" referenziert werden muss. Aber das Gutachten wurde doch von einem amtlich anerkannten Sachverständigen erstellt?!?
- Also wieder zum Gutachter, einen Halbsatz im Gutachten ändern lassen, dafür 10 Euro bezahlt und
- anschließend wieder zur Zulassungsstelle. Obacht, wer glaubt, das reicht für eine sofortige Zulassung, ist in Sachsen-Anhalt "on the woodway". Es ist noch ein Antrag auf Ausnahmegenehmigung notwendig, welcher direkt bei der Zulassungsstelle auszufüllen ist. Dann geht die ganze Chose erst zum Landesverwaltungsamt nach Halle, wo mir eine Ausnahmegenehmigung ausgestellt wird. Dauer: ca. 1 Woche bis sie bei mir im Briefkasten lag.
- kleine Zusatzübung, um warm zu bleiben: ein recht beiläufiger Passus in der Ausnahmegenehmigung verpflichtet den Halter des KfZ, sich vor Fahrtantritt von seinem Haftpflicht-Versicherungsträger eine Bescheinigung ausstellen zu lassen, dass der Versicherungsschutz trotz Ausnahmegenehmigung besteht. Mittlerweile hat sich so etwas wie eine kleine bürokratische Antenne bei mir entwickelt und ich bin VOR der Zulassung zum Versicherer meines Vertrauens und habe mir den Schriebs besorgt. Die Versicherungs-Dame war jedenfalls sichtlich irritiert, denn sowas war ihr bis dato unbekannt sowie gibt es für sowas auch keine Standardvordrucke. Wir haben uns dann zusammen einen schlanken Zweizeiler ausgedacht und gut ist. Zwei Anmerkungen: für die Zulassung wurde das nicht abverlangt; gut dass ich keine Online-Versicherung habe.
- Die Zulassungsstelle wollte mich eigentlich informieren, wenn die Ausnahmegenehmigung auch bei ihnen eingetroffen ist. Angesichts der vergangenen Zeit und des ausbleibenden Anrufs signalisierte mir meine bürokratische Antenne: Ruf selber mal an! Siehe da, die Ausnahmegenehmigung war auch in der Zulassungsstelle eingetroffen. "Sie können vorbeikommen, das Krad zulassen. Bitte beachten Sie unsere Öffnungszeiten."
- Tag der Zulassung: also mal wieder nach den unzähligen vergeblichen Anläufen etwas Zeit von der Arbeit freigeschaufelt, um zum Amt zu gehen. Diesmal sollte es soweit sein, wenn da nicht diese allseits erfolgreich ignorierte Umstellung auf IBAN/BIC wäre. Die bereits erteilte Einzugsermächtigung wurde zum 01. Feb. 2014 ungültig, weil das damals ausgefüllte Formular noch Konto/BLZ enthielt. Durch einen glücklichen Zufall hatte ich meine Daten im Kopf und konnte die letzte Hürde nehmen.
- Schild prägen, Papiere abholen, glücklich sein.
Nicht ganz: Als Belohnung darf ich die Ausnahmegenehmigung "im Original oder in beglaubigter Abschrift" bei jeder Fahrt mitführen. Warum wurde die Ausnahme dann in die Fahzeugpapiere eingetragen? Wahrscheinlich ist das die kleine bürokratische Rache am Antragsteller für seine Impertinenz einen Antrag zu stellen.
Dauer des Spektakels inkl. Jahreswechsel: ca. 2 Monate. Geht schneller, aber wer berufstätig ist und sich nicht flexibel auf Öffnungszeiten der Ämter oder Gutachter einstellen kann, muss etwas mehr Zeit einplanen.
Erkenntnis 1: Geduld und Zeitpuffer sind dein Freund. Wäre das Anfang Mai passiert, wäre die Laune aufgrund der verpassten Schönwetter-Gelegenheiten wohl erheblich schlechter gewesen.
Erkenntnis 2: Die fehlenden Papiere waren völlig unspektakulär, einzig das kleine Kennzeichen hat den Aufwand erzeugt.
Erkenntnis 3: Fangt nicht an mit Einheitsvertrag oder Bestandsschutz zu argumentieren. Mit Neuregulierung der FZV sind die Behörden für derlei Argumente völlig unzugänglich. Akzeptiert deren Regeln und spielt das Spiel mit. Man kann auch gewinnen
Achso: Förderalismus olé! Im Land Brandenburg werden kleine Kennzeichen wohl völlig schmerzfrei erteilt, in Westdeutschland wohl garnicht.
Ich hoffe, es hilft jemandem etwas Zeit zu sparen.
Grüße
pace