Moin!
Also ich hab ja auch keine Ahnung. Aber im NM, 4. Auflage, findet sich dieses Bild auf S. 79, in das ich ein bisschen was eingezeichnet habe:
Kopie von Zwischenablage02.png
Der blaue Pfeil zeigt auf die Querbohrung. In der Abbildung sehe ich den Kraftstoffpegel unterhalb der Bohrung.
Die roten Pfeile zeigen, welchen Weg die "Mischluft" nimmt. Das rote Gekäusel soll darstellen, in welchem Raum sich die "Mischluft" breit macht.
Auf Seite 81 ist auch eine Abbildung eines Vergasers im Querschnitt, in dem die Kraftstoffhöhe deutlich unterhalb der Querbohrung liegt.
Auf Seite 83 (Abschnitt "2.11.2. Wirkungsweise der Vergasersysteme") steht dazu noch:
Teillastsystem
...
Der Kraftstoff wird aus dem Schwimmergehäuse über Hauptdüse und Nadeldüse abgesaugt und mit der durch den Mischluftkanal 22 eintretenden Luft vorgemischt.
So, und nun? Folgende Gedanken:
1. Wenn in der Nadeldüse keine Querbohrungen sind... wo soll dann die Mischluft aus dem Mischluftkanal sich mit dem Kraftstoff vormischen? So, wie ich das aus den Abbildungen entnehme, mündet der Mischluftkanal wirklich in einen "toten Raum", sofern eine Nadeldüse ohne Querbohrungen eingebaut ist. Ich weiß aber nicht, ob es da noch irgendwo eine Bohrung gibt oder bspw. über den Zerstäuber eine Verbindung existiert. Schnittmodelle find ich toll, aber dazu hab ich keine Zeit...

Nun, man könnte es ja mal probieren: Einen Gummischlauch in die Mischluftbohrung am Vergasereingang stecken und reinpusten. Bei Nadeldüse ohne Querbohrungen müsste der Widerstand sehr hoch (tendenziell "kein Durchgang") sein. Bei Nadeldüse mit Querbohrungen müsste es Durchgang geben, wobei ich auch hier einen guten Widerstand erwarten würde. Vielleicht probierst du das mal so aus?
2. Warum habe ich oben das Kraftstoffniveau angesprochen? In Müller/Müller findet sich eine Beschreibung zu verschiedenen Vergasertypen- und Varianten. Ich kann das alles nur aus der Erinnerung aufschreiben, habe das Buch leider nicht. Zielstellung eines Vergasers: das ideale Gemisch herzustellen. Leider funktioniert das eben nicht so schön, wie man das möchte. Es gibt dort ein Diagramm, in dem eine Funktion der Drehzahl dargestellt wird. Ich sage jetzt einfach mal: "sowas wie Lambda mal Drehzahl". Aber eigentlich geht es um Durchsatz.
"Das ideale Lambda" ergibt eine Gerade. "Lambda (real, einfach)" sieht eher aus wie eine Wurzelfunktion (wird aber sicher keine sein, ich nehme die hier nur, weil's so irgendwie geht), d.h. bis zum Schnittpunkt mit der (Ideal-)Gerade zu fett, danach zu mager. Da man sich "zu mager" bisweilen nicht leisten darf, muss man mit "zu fett" unten rum leben.
Aus diesem Problem heraus hat man wohl Mischrohre mit bis zu sechs Querbohrungspaaren (je ein Paar auf verschiedenen Höhen) entwickelt. Bei geringer Drehzahl, geringem Luftdurchsatz, geringem Unterdruck im Vergaser werden die Querbohrungen alle vom Kraftstoffniveau überdeckt. Man befindet sich auf einer Wurzelkurve, wie oben beschrieben, noch linkerhand oberhalb der Ideallinie. Bei höherer Drehzahl zieht der Motor mehr Volumen durch, der Unterdruck wird größer, das Kraftstoffniveau sinkt ab. Währenddessen kreuzt unsere Kennlinie die Idealgerade, wir sind also leicht zu mager. Nun wird durch das Absinken des Kraftstoffniveaus das erste Querbohrungspaar freigegeben. Die nun dort eintretende Mischluft sorgt für eine Art Aerosolbildung.... mit dem hübschen (gewollten!) Effekt, dass das Aerosol sich besser fördern lässt. Durch die bessere Förderbarkeit kann der Motor nun wieder mehr Kraftstoff ziehen, es beginnt an diesem Punkt nochmal so eine Wurzelfunktion. Damit kommen wir wieder in den leicht zu fetten, also unkritischen Bereich. So geht das eben weiter über den betrachtete Bereich, auch noch mit dem zweiten und dritten Bohrungspaar...
Was mich bei der Lektüre wunderte (bin da nicht weitergekommen) war, dass hier die "Mischluft" zu einer besseren Förderung beiträgt. Andernorts findet man aber auch den Begriff "Bremsluft", der ja das Gegenteil suggeriert...

Mir fällt gerade auf, dass das wahrscheinlich sehr schwer vorstellbar ist, wenn man das Diagramm noch nie gesehen hat. Ich versuche deshalb mal, das mit Excel qualitativ nachzubauen...
Zwischenablage01.png
Nicht schön, aber selten...

Blau: Ideallinie.
Rot: Einfache, reale Kennlinie. Unterhalb 4500 U/min deutlich zu fett, danach deutlich zu mager und damit ggf. kritisch.
Gelb: Etwas fetter als ideal aber besser (magerer) als rot. Bei etwa 2300 U/min wird das erste Bohrungspaar durch den absinkenden Kraftstoffpegel freigegeben, das vorgemischte Aerosol lässt sich besser fördern, wir werden wieder fetter. Bei etwa 4700 U/min wird analog ein zweites Bohrungspaar freigegeben...
So. Müller/Müller sagen, dass das ganze höchst kompliziert ist und man sowas nur durch extrem aufwändige Versuchsreihen herauslaborieren kann. Ich vermute mal, dass das erste Querbohrungspaar am einfachsten ist, danach wird's schwieriger und auch der Effekt wird geringer. Übrigens ist konkret von japanischen Vergasern die Rede.
Und was bringt das Ganze nun? Weniger doofe Überfettung untenrum und weniger kritische Abmagerung obenrum. Man käme einfach näher ans Ideal. Wobei "einfach" hier relativ ist, siehe vorangegangener Absatz...
Nun, unsere Querbohrungen... liegen die nun (zeitweilig) im Kraftstoff oder nicht? Und was bewirken sie, wenn sie immer offen sind? Eigentlich müssten sie auch dann für eine bessere Förderbarkeit des Kraftstoffes als Aerosol sorgen - und zwar immer. Tjoa. Fragen über Fragen.
Noch ein Hinweis in eigener Sache sei mir gestattet. Mich interessiert das Thema sehr, aber es gibt da so Leute. Ich lasse mich dazu lieber nicht aus, sondern bitte darum, mein Posting einfach zu ignorieren, wenn sich das alles als Quark herausstellen sollte. Ich hab in dem Buch vor langer Zeit mal gelesen und das war's. Mehr nicht. Also vorsorglich: Einfach nicht lesen, wenn's Stuss ist.