Hallo MZ-Gemeinde,
nachdem ich lange an/mit einem gut funktionierendem Original-Vergaser (das war mir wichtig) getüfftelt und probiert habe, möchte ich Euch an meinen Erfahrungen mit einem aufgebohrten originalen "Berliner Vergaser" 30N2-4 teilhaben lassen (zumindest die, die es interessiert
)
Technische Ausgangslage:
ETZ 250, 1985, 38.000 km, originaler Motor ungeöffnet/1. Garnitur, beide SiRi erneuert, U-Zündung 2,5 vOT, Beru Zündspule, NGK Iridium, originaler erster Auspuff (ca. 116 cm), Kompression kalt 9,45 / warm 8,75 (warum kalt besser als warm, weiß ich noch nicht und muss das nochmals kalt wiederholen), dreht bis 6.000 U/min, 4. Gang bis 110, Übersetzung 19:48 [original), Höchstgeschwindigkeit noch nicht getestet - 120 aber schon problemlos aufrecht erreicht (78 kg
), Vergaser: neuer 30N2-4 mit HD 140, LLD 50, Nadel in 3. Kerbe von oben, Starterdüse 110, Schwimmernadelventil 20, neuer normaler Papierluftfilter
Fahreigenschaften:
Sprang gut an, hatte aber starke Anfahrschwäche, selbst auf gerader Strecke. Steile Feldwege im Ersten waren nicht ohne Kupplungschleifen und somit nur mit viel Gas möglich. 5. Gang eher selten genutzt. Standgas um die 1.000 U/min. Keine Nebenluft, hat schnell abgetourt und kaum Schieberuckeln erzeugt. Musste beim Beschleunigen aus 3.000 bis 3.500 heraus oft runter schalten. Alles in allen trotzdem gut fahrbar aber mit Optimierungspotenzial. Mikuni kam erstmal nicht in Frage, da ich es erstmal mit Originaloptik versuchen wollte. Und ich wollte wissen, zu was man einen BVF noch überreden kann.
Was habe ich getan?:
Einen anderen originalen brauchbaren 30N2-4 und einen Ansaugstutzen habe ich von TKM auf 32 mm aufbohren lassen (Vergaseroberteil musste ich reklamieren, weil beim ersten Mal nur 31.5 mm gebohrt wurde. Dann hat es gepasst). Sorgen machte mir, dass durch das Bohren unten im Gehäuse ein minimaler Radius (vielleicht 0,5 mm) entstand, der sich von der Ansaugseite bis zur Stutzenseite zog. Auch war der minimale Absatz (1mm?) zwischen Boden und "Röhren" nicht mehr da. Ich war gespannt, wie ich da ein vernünftiges Standgas bekommen soll und ob der Schieber dann eher klappert. TKM hat mich aber auch darauf hingewiesen, das mit leicht höherer Leerlaufdrehzahl gerechnet werden muss.
Dann habe ich alle Übergänge vom Vergaser über den Stutzen bis einschließlich der Stutzendichtungen am Zylinder mit dem Dremel, neeee, mit einem Proxon, bearbeitet, damit nirgens eine Kante bleibt. Innen wurde nichts poliert, nur ein paar sehr rauhe Stellen von Aufbohren (Oder Fräsen?), habe ich fein nachgeschliffen. Bedüst habe ich wie folgt: HD 145, LLD 40, Starterdüse 110, Nadel 4. Kerbe von oben, Schmimmernadelventil 25 mit erweiterten schrägen Kanälen, nach dem Ventil 340 ml bei halben Tank und wegen der fehlenden Schieberfixierung unten (1 mm) im Standgas vorsorglich zwei Schieberfedern.
Ergebnis / erster Eindruck von heutiger Fahrt (80 km):
Springt sofort an, der Chock muss aber sofort wieder geschlossen werden. Sie läuft selbst im kalten Zustand wunderbar bei 1.100 U/min im Standgas. Ich hatte es erst mit der 50er und dann mit einer 45er LLD versucht aber damit war nichts zu machen. Erst mit der 40er hatte ich Erfolg. Da dieser kleine Radius (wie eine Furche) unten mit ausgebohrt ist, zieht der Vergaser immer etwas mehr Luft (als normal) unter dem Schieber durch. Dadurch konnte ich das Standgas nur über die Größe der LLD einstellen. Die Leerlaufanschlagschraube berührt den Schieber jetzt nicht mehr, weil bei geringster Schieberanhebung die Standgasdrehzahl schneller als sonst nach oben geht. Die Leerlaufluftdüse habe ich ungefähr 2,5 Umdrehungen raus (habe ich leider nicht gezählt aber der Motor reagiert auch nicht sehr empfindlich, wenn ich da einen besseren Lauf suche). Ich vermute, dass er, auch wenn der Schieber unten aufliegt, mehr Luft als normal zieht und dadurch bereits die Teillast im Leerlauf einen ganz geringen Anteil auf das Standgas hat. Auf jeden Fall hält sie das Standgas ewig und stabil um die 1.100 und lässt sich auch nach 5 Minuten locker hochdrehen (freilich kommt dann doch etwas blauer Dunst hinten raus). Kein Schieberklappern, vielleicht liegt das auch mit an der zweiten Schieberfeder. Die Zündkerze sieht für meine Begriffe sehr schön aus (Isolatorkörper rehbraun, Gewinderand dunkel, fahre Addinol). Habe heute beim Ausdrehen mal den Chocke gezogen und da hat sie sich gleich verschluckt. Ich denke, da habe ich es mit dem ersten Setup schon gut getroffen. Ich mag es lieber etwas fetter ... das Gemisch
Ich weiß, dass Ihr gern viele bunte Bilder sehen wollt aber leider habe ich nur eins von der Kerze.
Die Anfahrschwäche ist total weg. Sie dreht wie vorher locker bis 6.000 hoch. Man kann jetzt sogar im 5. in der Stadt auf der Geraden mit 50 kmh fahren und ruckfrei beschleunigen (natürlich langsam). Konstantfahrten gehen wunderbar und werden nicht unangenehm. Ich muss wesentlich weniger runterschalten, und fahre jetzt Kurven im 4., die ich vorher im 3. angegangen bin. Das Herausbeschleunigen von knapp über 3.000 geht jetzt (für eine 250er ETZ) super. Das konnte sie vorher einfach nicht. Und meinen steilen steinigen Feldweg komme ich jetzt ganz relaxt im 1. mit 15 kmh hoch, ohne die Kupplung zu foltern. Sie fährt sich jetzt völlig anders und besser als jemals zuvor. Ja, ich weiß, ich klinge wie jemand, der das erste Mal mit einem Mikuni fährt
Zum Verbrauch kann ich (noch) nichts sagen aber ich vermute, dass ich, wenn überhaupt, nur unwesentlich mehr brauche, da ich jetzt viel weniger Drehzahlen brauche. Das war heute eine geile Ausfahrt durch das Vogtland bei sonnigen 10°C.
Ich hoffe, ich habe nichts vergessen und konnte Euch Lust auf die alten BVF machen. Ach so, investiert habe ich alles in allem rund 90 Euro. Den gebrauchten 30N2-4 hatte ich ja schon. Wünsche Euch einen schönen Feierabend. Falls Ihr ja Fragen habt, dann kann ich diese erst morgen beantworten ... Training wartet.
Gruß
Ulli
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.