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Re: PROBLEM: Lenkerflattern bei den (insb. kleinen) ES-Model

BeitragVerfasst: 23. Februar 2018 08:35
von Steinburger
Diese Erklärung hört sich plausibal an. Zumal hier beobachtungen geschildert worden, das ein verteilen des gepäcks von der seite nach oben auf die sitzbank abhilfe brachte. Das muss ich dieses Jahr mal testen, großenteils das gepäck auff seitengepäckträger u sitzbank vor die hinterachse zu bekommen. Ggf. auch nen tankrucksack verwenden.

Re: PROBLEM: Lenkerflattern bei den (insb. kleinen) ES-Model

BeitragVerfasst: 23. Februar 2018 10:13
von TS-Jens
schrauberschorsch hat geschrieben:Nach meiner Meinung ist die Konstruktion der geschobenen Langschwinge ab einer gewissen Länge der Schwinge ohnehin anfällig für Lenkerflattern.


Hercules hatte bei der K100 auch sowas in der ersten Serie, der Entwicklungschef hat das damals wohl nicht geglaubt, ist Probegefahren und hat sich prompt gemault. Danach ist dann was geändert worden was das Problem eliminierte. Müsste ich mal nachschlagen was das war, stand auch im Buch meine ich.

Re: PROBLEM: Lenkerflattern bei den (insb. kleinen) ES-Model

BeitragVerfasst: 27. Februar 2018 21:37
von Steffen G
Hi!

Ich hab eben nochmal meinen Vater befragt, der ist auch mal mit einer ES gestürzt.

Es war eine 250er. Er hat das Motorrad probegefahren, und ist auf normaler Straße im Ort bei so 60 km/h völlig unerwartet abgeflogen.
Er sagte, sie hätte plötzlich begonnen stark zu schwingen, und es hätte ihm den Lenker aus den Händen gerissen. Ohne Vorwarnung.

Die vorderen Stoßdämpfer seinen defekt gewesen.

Mein Vater hat mir früher in meiner Jugendzeit auch immer verboten, mit irgend einer ES zu fahren, was ja Ende der 80er Jahre in der DDR meist nur noch fahrende Schrotthäufen waren...

Re: PROBLEM: Lenkerflattern bei den (insb. kleinen) ES-Model

BeitragVerfasst: 27. Februar 2018 23:32
von der janne
Zu meinen "ES150" und 250/2 Zeiten hatte ich immer hintere Federbeine vorn drin bzw. Welche vom Troll.
Die 250/2 hatte mich auch mal versucht bei über 70km/h mit schlagendem Lenker abzuwerfen...hat sie danach nie wieder gemacht...Das hat schon was wie Rockebilly schrieb mit der Geometrie zu tun.

Re: PROBLEM: Lenkerflattern bei den (insb. kleinen) ES-Model

BeitragVerfasst: 28. Februar 2018 06:43
von JHNS
Die in Fahrtrichtung unter die Horizontale abfallende Vorderschwinge ist für einen wesentlichen Vorteil des Schwingenfahrwerks mit verantwortlich, das fehlende Eintauchen bei Betätigung der Vorderbremse.

Re: PROBLEM: Lenkerflattern bei den (insb. kleinen) ES-Model

BeitragVerfasst: 28. Februar 2018 09:44
von schrauberschorsch
JHNS hat geschrieben:Die in Fahrtrichtung unter die Horizontale abfallende Vorderschwinge ist für einen wesentlichen Vorteil des Schwingenfahrwerks mit verantwortlich, das fehlende Eintauchen bei Betätigung der Vorderbremse.


Ob dafür erforderlich ist, dass die Schwinge mit dem vorderen Ende unter die Horizontale zeigt, glaube ich nicht unbedingt, da geschobene Langschwingen beim Bremsen ohnehin nicht zum Eintauchen, sondern zum Aufbäumen neigen...

Re: PROBLEM: Lenkerflattern bei den (insb. kleinen) ES-Model

BeitragVerfasst: 28. Februar 2018 09:49
von Mainzer
schrauberschorsch hat geschrieben:
JHNS hat geschrieben:Die in Fahrtrichtung unter die Horizontale abfallende Vorderschwinge ist für einen wesentlichen Vorteil des Schwingenfahrwerks mit verantwortlich, das fehlende Eintauchen bei Betätigung der Vorderbremse.


Ob dafür erforderlich ist, dass die Schwinge mit dem vorderen Ende unter die Horizontale zeigt, glaube ich nicht unbedingt, da geschobene Langschwingen beim Bremsen ohnehin nicht zum Eintauchen, sondern zum Aufbäumen neigen...

Das fehlende Eintauchen ist in der Abstützung der Bremsankerplatte am Schwingenarm begründet. Wenn das Bremsmoment über eine Strebe in den Schwingenträger eingeleitet wird (wie oftmals bei nachgerüsteten Schwingen für Gespanne), taucht auch eine Langschwinge beim Bremsen ein.

Re: PROBLEM: Lenkerflattern bei den (insb. kleinen) ES-Model

BeitragVerfasst: 28. Februar 2018 09:53
von schrauberschorsch
Mainzer hat geschrieben:Wenn das Bremsmoment über eine Strebe in den Schwingenträger eingeleitet wird (wie oftmals bei nachgerüsteten Schwingen für Gespanne), taucht auch eine Langschwinge beim Bremsen ein.


Ja schon...aber eine solche Konstruktion gibt es bei der kleinen ES vom Werk aus ja gerade nicht...

Re: PROBLEM: Lenkerflattern bei den (insb. kleinen) ES-Model

BeitragVerfasst: 28. Februar 2018 10:33
von Klaus P.
1. die Frage ist ja, ob hier der Thread nicht an der Zielsetzung vom Lothar vorbei geht. Sollte die 250ger Problematik nicht besser getrennt werden ?

Bei der Langschwinge kann auf eine Momentabstützung verzichtet werden,
weil der lange Schwingenholm dem Aufstellmoment entgegen wirkt/aufhebt.
Das ist in der Literatur zum Gespannbau zu finden,


Die Langschwinge zeichnet sich aus, in dem sich der Schwingendrehpunkt hinter dem Vorderreifen befindet,
was bei der ES 250/2 auch der Fall ist.

Bild 1 Kalichschwinge, die Wandstärke der Holme beträgt 7 o. 8 mm
Bild 2 Eigenbau mit dünneren Rohren
Bild 3 Demo Langschwinge
Bild 4 wie eine Schwinge nicht angelenkt sein sollte ( steht hier auf dem Mittelständer zum besseren Veständnis)

Auf der Augustusburg habe ich schon ES/2 Gespanne gesehen, welche die Federbeine (alle) um 40 mm gekürzt (Dämpferstange u. Feder) hatten um eine bessere Straßenlage zu bekommen.

Die Langschwingen haben sich auf Grund der Ästhetik nicht durchsetzen können.

Gruß Klaus

Re: PROBLEM: Lenkerflattern bei den (insb. kleinen) ES-Model

BeitragVerfasst: 28. Februar 2018 12:41
von lothar
Klaus P. hat geschrieben: die Frage ist ja, ob hier der Thread nicht an der Zielsetzung vom Lothar vorbei geht. Sollte die 250ger Problematik nicht besser getrennt werden ?

Finde ich nicht, passt doch alles gut ins selbe Thema!
Danke auch für deinen Beitrag und die Bilder, Klaus!
Gruß
Lothar

Re: PROBLEM: Lenkerflattern bei den (insb. kleinen) ES-Model

BeitragVerfasst: 28. Februar 2018 19:10
von Ex-User Der alte Fritz
Hallo,

interessantes Thema; hat mich schon vor langer Zeit zwar nicht bei einer MZ, jedoch bei meiner BMW R 60/2 mit geschobener Langschwinge vorn beschäftigt. Vom Prinzip her gleiche Baustelle!

Diese Gummikuh hat mich damals auf dem Nürburgring lenkerschlagenderweise bei reichlich 110 km/h über die Leitplanke und einen Steilhang hinunter geworfen.

Ausgiebige Ursachenforschung und diverse Umbauten waren die Folge. Es ist ein wunderbares, komfortables und sicheres (!!) Fahrwerk, verzeiht aber keine Schlampereien. Unerläßlich ist eine penible Wartung, wie von Lothar im Eingangspost aufgelistet. Zusätzlich habe ich drastisch das Trägheitsmoment um die Lenkachse verringert, sprich: Alles, was geht, weg von Vordergabel und Lenker (Lampe, Armaturen, Spiegel in rahmenfeste Verkleidung) oder zumindest erleichtert - GFK-Schutz"blech", Alu-Lenker, Schwingen- und Radachse aus hochfestem Leichtmetall usw..

Je größer diese trägen Massen, desto schwerer sind sie beherrschbar, wenn sie einmal in Wallung bzw. Resonanz geraten. Ein Resonanzphänomen ist die Flatterei nämlich in der Hauptsache. Wenn das Rad "eiert" bzw. unwuchtig ist, kann sich bei zur Eigenfrequenz des Rades passender Geschwindigkeit (um ca. 50 - 70 km/h bzw. beim zwei- oder dreifachen Tempo) eine Rückkopplung ergeben; die "Resonanzkatastrophe", hier das Lenkerschlagen ist da! Ein ausgelutschtes Fahrwerk, falscher Reifendruck etc. verschlimmert die Situation, ganz besonders auch schweres Gepäck weit hinten (= Masse mit Riiiesenhebel nach vorn). Dann kann ebenso die wellige Straße eine passende Impulsfolge in die Fuhre hämmern, welche die Schaukelei anregt.

Mit meinen Umbauten und sorgfältiger Wartung habe ich das so gut in den Griff bekommen, daß ich noch heute ohne Lenkungsdämpfer fahren kann. Seither kam es nur noch ein einziges Mal zum Lenkerflattern, ausgelöst durch einen Reifen. Ausgerechnet der hochgelobte und sicher eigentlich gute BT 45 machte, erst knapp zu einem Drittel abgefahren, die BMW unfahrbar. Die kräftige Vorderbremse hatte Sägezähne in die Gummiblöcke geschliffen, welche zusammen mit dem Zickzackprofil in Reifenmitte offenbar eine Pendelbewegung anregten, was immer schlimmer wurde bis zum unbeherrschbaren Schlagen. Anderer Reifen mit in Fahrtrichtung geraden Blöcken drauf, und weg war das ohne weitere Maßnahmen.

Im 2-ventiler-Forum habe ich die Umbauten und die Theorie sehr ausführlich beschrieben. Wer schauen will: Dort als Suchbegriff "32 Jahre Hartgummikuh" eingeben.

Als Anhang sind unten noch einige Seiten aus dem BÖNSCH, "Einführung in die Motorradtechnik". U.a. ist dort auch gezeigt, warum die Vorderschwinge in leicht positivem Anstellwinkel stehen sollte, wie es weiter oben in den posts von rockebilly und Klaus P. schon gesagt wurde. So befindet sie sich mit dem Hauptarbeitsbereich in einer Stellung, die nach beiden Richtungen (Einfedern / Ausfedern) sensibel anspricht, was sich bei weiterer Auslenkung ändert. Vgl. dort Text S. 83 und Bild 81, S. 78.

Beste Grüße, Fritz.
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Re: PROBLEM: Lenkerflattern bei den (insb. kleinen) ES-Model

BeitragVerfasst: 11. März 2018 09:11
von OWO
Klasse Diskussion!

Ich selbst habe mich Ostern 2007 mit meiner (nach Vollrestauration 1.000 Km gelaufenen) ES 150/1
innerorts bei maximal 40 Km/h hingelegt.

Ich fuhr durch eine Linkskurve, leicht bergan im 3. Gang. Da die Kurve enger wurde nahm ich Gas
weg und siehe: der Lenker flog mir aus der Hand, die Maschine richtete sich auf und schlingerte
fürchterlich in Richtung Außenkurve.

Da dort ein asphaltierter Radweg war wollte ich retten was zu retten war aber ein Baum (ich streifte
ihn noch mit der lenken Schulter) brachte die Maschine deren linke Fußraste sich in Wurzeln verfing
zum Überschlag. Ich selbst segelte in ca. 1 m Höhe in einen Wildzaun und kam mit einer Hüftprellung
davon.

Ich bin sobald ich wieder laufen konnte die gleiche Kurve mit der TS 250/1 gefahren und 50 Km/h wa-
ren kein Problem.

Was war da los gewesen frage ich mich seither.

Ich habe mal gelesen daß Vorderradschwingen sich aufschaukeln wenn man Gas wegnimmt in Kurven -
könnte das die Erklärung sein?

Das Motorrad war vollrestauriert, d.h. alles penibel montiert, Reifen, Radlager etc. alles neu...


für Kommentare bzw. weitere Erklärungen wäre ich Euch sehr dankbar.


es grüßt Euch alle aus dem Norden

Euer OWO

Re: PROBLEM: Lenkerflattern bei den (insb. kleinen) ES-Model

BeitragVerfasst: 2. Juli 2022 20:14
von lothar
Ausgangspunkt des Threads (s. erster Post) war das "Flatterereignis" meiner blauen ES150/1
auf der ersten Etappe Richtung Moskau, was dazu führte, dass ich die Maschine austauschen musste.

Auch ohne großes Gepäck, lediglich mit leichten Seitenkoffern, neigt(e) sie - 5 Jahre später -
bei 25 ... 35 km/h dazu. Wenn auch nicht so dramatisch, aber man spürt die Anregung deutlich.

Bei den möglichen Ursachen (s. Anfang des Threads) wurden zwei Gruppen ausgemacht, eine, die
das Schwingsystem Rahmens bzw. Fahrgestell betrifft und zum anderen die Quellen der Anregung
bei der Fahrt. Soweit so gut.

Obwohl es im Thread schon deutliche Hinweise auf den radialen Radschlag gab, z.B. hier
schrauberschorsch hat geschrieben:... Ich habe dann das komplette Rad mit Reifen mal zum Wuchten gegeben mit der Folge, dass ich es mit mehreren Wuchtgewichten beklebt wieder zurückbekommen habe. Seit dem ist das Schlackern weg...

wollte ich es einfach nicht wahrhaben, dass ein radialer Schlag zu einer axialen bzw. seitlichen Anregung des
Fahrgestells führen könnte.

Aber auch dazu gab es bereits einen Hinweis, nämlich hier
Bastelrunde hat geschrieben:Ich würde sagen unterschiedliche Federwirkung der Stoßdämpfer (in meinem Fall der hinteren Dämpfer), bei zu großer Beladung führt auch zu Lenkerflattern. Ich habe das einmal bei nur geringer Geschwindigkeit erfahren dürfen, ...


Als ich nun kürzlich ein ETZ-Rad zum Reifenwechsel einer kompetenten Firma übergab, staunte ich nicht schlecht,
als ich ein Wuchtgewicht am Rad vorfand. "Wenn wir die Achsaufnahmen haben, machen wir das generell" war der
lapidare Kommentar des Mechanikers.

Mehr aus Jux und Tollerei habe ich wenige Tage später die beiden Räder meiner blauen "Wackeltante" abgegeben,
nach einer Viertelstunde und 2 x 7,50 EUR waren die Räder ausgewuchtet.

Und was muss ich sagen, ... ich habe scheinbar eine neues Motorrad. Keine Anzeichen bei niedrigen Geschwindigkeiten
mehr und auch bei 60 ... 80km/h eine gefühlt deutlich bessere, stabilere Straßenlage. Inwieweit sich die Verbesserungen
jetzt auch bei kritischer Beladung auswirken, konnte ich noch nicht testen, mit einer deutlichen Verbesserung rechne ich allerdings.

Wer also ein ähnliches Problem mit der kleinen ES hat, dem empfehle ich unbedingt, eine Firma ausfzusuchen,
die MZ-Räder fachmännisch auswuchten kann. Der radiale Schlag führt offenbar (wie Bastelrunde richtig vermutete)
bei Differenzen in der Nachgiebigkeit der Federn und Schwingenarmen sowie Differenzen in den Dämpferkräften zu einem
periodischen Verkippen des Rades und damit zu einer seitlichen Anregung.
(s.a. hier: viewtopic.php?p=1644473#p1644473)

Weitere Erfahrungsberichte zur Auswirkung des Wuchtens sind hier sehr willkommen!

Gruß
Lothar

Re: PROBLEM: Lenkerflattern bei den (insb. kleinen) ES-Model

BeitragVerfasst: 2. Juli 2022 22:14
von Klaus P.
Passt nicht ganz,
vielleicht noch eine Erfahrung von mir zum Vollschwingen-Fahrwerk, insbesondere zur Wirkung der Vorderradbreme.

Die neigt ja zum Aufbäumen bei starkem Bremsen, der Grund ist ja bekannt.
Ich hatte mir schon lange Federbeine der 251/301 (L = 375 mm) zugelegt um sie in die ES 250/2 (L = 400 mm) einzubauen.
Somit liegt die Radachse höher als der Schwingendrehpunkt.

Nicht nur beim Bremsen, aber da besonders, auch das Fahren insgesamt, besonders in Kurven, hat sich durch den Tausch deutlich verbessert.

Gruß Klaus