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Gabel RT125

BeitragVerfasst: 9. Januar 2024 07:52
von Der Schrägliche
Hallo miteinander,
ich baue gerade aus überlassenen Fragmenten eine RT125/2-3 zusammen und derzeit beschäftigt mich die Gabel. Ich finde es super, dass die originalen Teile noch oder wieder erhältlich sind und werde sie höchstwahrscheinlich auch verwenden. Allerdings kommt mir das Prozedere etwas abenteuerlich vor mit ‚Buchsen in heißem Öl quellen lassen‘. Deshalb rein aus Interesse meine Frage: hat jemand schon mal Versuche mit moderneren Materialien gemacht? Falls ja, mit welchen und mit welchen Erfahrungen?
Frage zwei bezieht sich auf die Gleitrohre (also die unteren). Was ist denn die Empfehlung, wenn die alten Buchsen festgerostet waren und das seine Spuren hinterlassen hat? Sehr dickwandig sind sie ja nicht …
Beste Grüße!

Re: Gabel RT125

BeitragVerfasst: 9. Januar 2024 19:08
von RT-Tilo
Die Pertinaxbuchsen als Nachfertigungen sind absolut top,da kann man eigentlich nicht meckern. Ich habe schon Gabeln zerlegt, in denen Messingbuchsen drin waren, die allerdings die Führungsrohre angegriffen hatten. Miramid bzw. Polyamid ist besser, da es sich leichter bearbeiten lässt, trotzdem ist eine Drehbank vonnöten. Ich nehme grundsätzlich Buchsen aus Pertinax von Meister Haase, die eine gute Qualität haben und völlig ausreichend für die heutigen Anforderungen sind. In heißem Öl eingelegt, quellen sie noch etwas nach und werden dann vo mir, auf ihr Endmaß geschliffen. Die Achshalterrohre kann man reparieren, falls sie zu sehr korrodiert sind, oder man sucht eben auf den Teilemärkten Ersatz. Man kann sie nicht unendlich schleifen, wegen der Bruchgefahr.

Re: Gabel RT125

BeitragVerfasst: 9. Januar 2024 19:33
von Wellblechente
Hallo,

zudem nimmt Polyamid relativ viel Wasser auf bis zu knapp 4 % und wächst dabei. Einmal das Wasser, welches durch Polyamid dann gebunden sein kann ist korrosionsmäßig als auch das Wachsen welches vielleicht zum klemmen führen könnte ist suboptimal. Ich glaube daß Pertinax, welches in warmes Fett eingelegt wurde erstens sich damit vollsaugt und damit eine Art Notschmierung aufweist als auch damit verhindert daß sich Rost bildet, gar nicht so schlecht ist. Fettbeständig ist Polyamid meist, Teflon wäre als Gleitbuchse auch ganz geeignet und ist auch leicht bearbeitbar, Wasseraufnahme so gut wie nicht vorhanden. Bei makellosen Oberflächen vermute ich daß es gut geeignet wäre, aber haben die Achshalterohre noch eine solche und wer will das probieren wenn bekannt ist daß es mit den Pertinaxführungsbuchsen gut funktioniert?

l.G.
Roland

Re: Gabel RT125

BeitragVerfasst: 9. Januar 2024 20:06
von RT-Tilo
Ich denke, daß unsere Altvorderen nicht ganz blöd waren und sich bei der Wahl des Materials für die Buchsen etwas gedacht haben. :wink: Außerdem ist die Gabel ja reibungsgedämpft und Fett geschmiert, was gleichzeitig auch die beiden Federstränge versorgt. Funktioniert gut ... warum also ändern ? 8)

Re: Gabel RT125

BeitragVerfasst: 9. Januar 2024 21:51
von Der Schrägliche
Danke für eure Beiträge. Meine Gabel war eine Katastrophe. Völlig fest. Ich musste die Standrohre aufschneiden und unter den Pertinax-Buchsen war nach all den Jahren trotz Fett dann doch der Rost. Interessant fände ich die Frage, ob die Altvorderen auch dann Pertinax verwendet hätten, wenn sie heutige Materialien zur Verfügung gehabt hätten!? Zumal bei dieser Gabel „zu gute“ Schmierung auch nachteilig sein soll … Aber ich werde dann wohl auch keine Experimente machen. Und die Reibungsdämpfung soll ja auch erhalten bleiben. Danke nochmal und bis bald.

Re: Gabel RT125

BeitragVerfasst: 11. Januar 2024 12:44
von Der Schrägliche
Eine Frage nochmal zu „ … kann man nicht unendlich schleifen“: gibt es ein „Endmaß“? Die Wandung ist ja nicht sehr stark und umgekehrt sind vielleicht auch irgendwann die Buchsen zu weit?
Und was ist mit „reparieren“ gemeint? Abtrennen und neue Rohre anschweißen?

Re: Gabel RT125

BeitragVerfasst: 11. Januar 2024 13:47
von Mechanikus
Ich habe schon in verschiedenen Bereichen mit unterschiedlichen Kunststoffen als Gleitbuchse zu tun gehabt. Pertinax hat in allen Fällen am Ende die höchste Standzeit erreicht und war somit das Mittel der Wahl. Allerdings hat das Zeug ein gewisses Eigenleben im Quellverhalten, es "wächst" unter gewissen Umständen, vor allem bei hoher Luftfeuchtigkeit. Dem kann man durch das Kochen in Öl einigermaßen entgegenwirken.
Klassischerweise verwendete man für solche Gleitbuchsenkonstruktionen früher Weißmetall, Rotguß, Phosphorbronze. Im Rahmen der Rüstungsproduktion ab Mitte der 30er Jahre versuchte man die edlen Bunt- und Schwermetalle einzusparen. Ersatzstoffe waren Grauguß, teils mit extrem hohem Kohlenstoffgehalt, Weißmetall mit hohem Zinkanteil und Pertinax (Bakelit hatte sich nur bedingt bewährt). Da sich diese Materialschwierigkeiten in der frühen DDR fortsetzten, waren die Kunsstoffbuchsen von Anfang an beschlossene Sache.
Freilich kann man "moderne" Werkstoffe zum Einsatz bringen, das gelingt aber nur erfolgreich, wenn man die Eigenarten dieser Materialien berücksichtigt und die ursprüngliche Konstruktion im Blick behält. Funktionieren wird vermutlich ein Rotguß- Sinterwerkstoff mit viel Raum zwischen den Kügelchen oder eine Gleitmetallbuchse mit Tefloninnenbeschichtung, wie sie in der Hydraulik verwendet wird. Von nicht armierten Kunststoffen würde ich absehen, weil deren Fließvermögen zu starker einseitiger Abnutzung führt.
Was sicher auch nicht schlecht ist, sind gedrehte Bronzebuchsen, die innen mit Weißmetall "verzinnt" sind.
Oder man nimmt einfach Pertinax.

Re: Gabel RT125

BeitragVerfasst: 11. Januar 2024 18:58
von RT-Tilo
Der Schrägliche hat geschrieben:Eine Frage nochmal zu „ … kann man nicht unendlich schleifen“: gibt es ein „Endmaß“? Die Wandung ist ja nicht sehr stark und umgekehrt sind vielleicht auch irgendwann die Buchsen zu weit?
Und was ist mit „reparieren“ gemeint? Abtrennen und neue Rohre anschweißen?

@Mechanikus: " ... man nimmt Pertinax" :rofl:

RT-Tilo hat geschrieben: ... Achshalterrohre kann man reparieren, falls sie zu sehr korrodiert sind, oder man sucht eben auf den Teilemärkten Ersatz. Man kann sie nicht unendlich schleifen, wegen der Bruchgefahr.


so schrub ich ja schon ... ist natürlich etwas Aufwand, mit dem feinen Gewinde und dem Absatz für die Buchse usw. Noch gibt es ganz gute Rohre auf den einschlägigen Teilemärkten ... ich kaufe eigentlich immer alles, was ich kriegen kann. :oops: Das ist billiger und vor Allem einfacher, als Neubau ... NOCH ! :schlaumeier: :wink:
Zu den Buchsen ... falls die handelsüblichen Exemplare zu klein bzw. zu groß sind, habe ich einen Dreher, als Trumpf in Hinterhand, der mir die Dinger auch im Sondermaß fertigen kann. :mrgreen:

Re: Gabel RT125

BeitragVerfasst: 20. Januar 2024 10:29
von Der Schrägliche
Heute will ich mal anfangen, die neuen Pertinaxbuchsen zu kochen. Es wird also spannend. Deshalb nochmal zwei Fragen: Ich habe zum einen die letzte Antwort nicht verstanden. „So schrub ich ja schon …“ … da weiß ich nicht, was damit gemeint ist. Die Rohre schmirgeln? Meine messen 27,42mm. Ich weiß nicht, was übrigbleibt, wenn die Rostnarben raus sind. Deshalb war meine Frage, ob es ein Grenzmaß gibt, unter das man nicht gehen sollte?
Und ich bin gespannt, ob die Buchsen soweit quellen, dass sie dann nicht klappern.
Meine zweite Frage bezieht sich auf „auf das Endmaß schleifen“. Wie schleifen? Nicht überdrehen? Eine Drehbank hätte ich zur Verfügung.
Vielen Dank für die Antworten. Der Austausch hilft mir sehr.

Re: Gabel RT125

BeitragVerfasst: 20. Januar 2024 18:02
von schrauberschorsch
Schrauben ist in Tilos Kontext mit schrieb zu übersetzen. :wink:

Re: Gabel RT125

BeitragVerfasst: 20. Januar 2024 21:57
von Wellblechente
Salut,
auch dies wäre meine Frage.

Zitat : Der Schrägliche
[quote="
Meine zweite Frage bezieht sich auf „auf das Endmaß schleifen“. Wie schleifen? Nicht überdrehen? Eine Drehbank hätte ich zur Verfügung.
Vielen Dank für die Antworten. Der Austausch hilft mir sehr.[/quote]

Sollte man wirklich schleifen oder "darf man auch präzise auf Maß drehen?

vielen Dank,

Roland

Re: Gabel RT125

BeitragVerfasst: 20. Januar 2024 23:08
von RT-Tilo
Ich prüfe das Innenmaß der Führungsrohre und schleife die Buchsen... ja schleife sie auf Fertigmaß, das sich dann ergibt. ( mit verschiedenen Schleifleinewand-Körnungen )
Buchsen quellen nicht auf Paßmaß auf, sondern man unterbindet das spätere Nachquellen.
Achshalterrohre ebenfalls an einer Referenzstelle messen und danach entscheiden, ob und wieviel man abtragen muß/kann.

Re: Gabel RT125

BeitragVerfasst: 21. Januar 2024 09:30
von Wellblechente
Hallo Tilo,

danke für Deine Antwort. Aber ich glaube daß wir die Vorgenhensweise mit dem in heißem Öl quellen lassen und dem nachherigen Bearbeiten verstanden haben. Uns geht es darum warum Schleifen und nicht passend auf Maß Drehen? Ich weiß ja nicht wie Du schleifst, ob per Hand oder maschinell, aber in jedem Fall würde man mit der Drehbank ja genauso auf ein präzises Maß bearbeiten können und auch eine gute Oberfläche erzielen können. Also meinst Du daß Drehen keine Bearbeitungsmethode für diesen Fall ist und wenn, warum?

Danke und liebe Grüße,

Roland

Re: Gabel RT125

BeitragVerfasst: 21. Januar 2024 10:19
von RT-Tilo
ich mache das auf einer umgebastelten Drechselbank mit den besagten Leinewandstreifen, dadurch habe ich das Gefühl,
um die Buchsen auf ihr Endmaß zu kriegen. Mit einer Drehbank habe ich es nie probiert ... hab keine ... :oops:
Letztendlich habe ich die Bearbeitung über Jahre ausgetestet und immer wieder probiert - wie es jeder am Ende macht,
ist unterschiedlich. Es ist einfach bissel Handwerk und messen, zusammenbauen, messen, zusammenbaues ... solange, bis
es gut paßt, kein Spiel vorhanden ist und die Gabel sauber arbeitet. Keine Ahnung, wieviele Gabeln es seit 2004 waren, aber
ein bissel Arbeit mache ich mir schon damit, um am Ende zufrieden sein zu können. 8)
Man kann es halt so machen oder so ... :wink:

PS: du hast Post ! Bild

Re: Gabel RT125

BeitragVerfasst: 21. Januar 2024 21:31
von schrauberschorsch
Bei Überholung meiner Gabel waren die Buchsen innen untermassig, so dass sie nach Einbau in die Standrohre innen aufgerieben habe. Mit der Drehbank hätte man sie auch ausdrehen können. Honen wäre wohl auch möglich gewesen.

Re: Gabel RT125

BeitragVerfasst: 24. Januar 2024 23:54
von Wellblechente
Vielen Dank Tilo,

dann werde ich es mit der Drehmaschine machen und nachher darüber berichten. Den Ausßendurchmesser könnte ich natürlich auch auf der Drehmaschine schleifen. Reibahle für den Innendurchmesser ginge wohl auch.

Grüße,

Roland