Hallo,
da bin ich wieder. Heil und zufrieden aus dem Wendtland zurück auf einem praktisch neuen und beinah ungebrauchten Hinterradreifen, den mir Marius auch noch aufgezogen hat, weil ich mich mit Reifenmontierhebeln irgendwie komisch anstelle. Aber seit ich gesehen habe, wie Marius mit den kurzen Bordwerkzeughebelchen (drei oder vier Stück) diese störrischen Motorradreifen runter- und wieder raufgezogen hat, ohne irgendwas zu beschädigen, bin ich entschlossen, es nochmal zu lernen.
Danke an Dich, Marius, das war eine tolle Begegnung in jeder Hinsicht. Die Hilfe war unschätzbar und der Nachmittagskaffee mit beiden fast vollständigen Familien war auch einfach klasse! So nette Leute lernt man so schnell echt nur übers Forum kennen, ich muss also auch mal wieder ein dickes Lob ans Forum loswerden.
Die Leute übrigens, bei denen ich im Wendtland zu Gast war (eigentlich war ich bei meinem großen Sohn zu Gast, auf dem Hof, wo er seine Lehre macht), aber eben diese Leute waren recht überrascht, dass man so schnell so gute Hilfe auf nichtkommerzieller Basis bekommen kann.
Zur kommerziellen Hilfe vielleicht nochmal was: Natürlich habe ich am Samstagabend auch den ADAC gerufen. Aus Gumtow, nach 116km von Berlin und noch 93km bis zum Ziel.
Bisher hatte ich mit denen mittlere bis sehr gute Erfahrungen gemacht. Aber eine Reifenpanne am Motorrad?
"Wir können Ihnen nicht helfen, wir haben die Zeit nicht dazu. Und wir können auch nicht auf der Straße im Dunkeln einen Reifen wechseln."
Ich habe die Leute wieder abbestellt. In Gumtow habe ich am ersten Haus - es war ja noch hell - einen Mann angesprochen, ob er Fahrradflickzeug habe und vielleicht sogar - Montierhebel?
Dieser Mann und sein Nachbar, mit dem er sich den Hof teilt, war sehr hilfsbereit, fuhr gleich mit mir im Auto ins Dorf und fragte nach den erwähnten Utensilien. Keiner hatte.
Aber per Telefon wurde dann jemand ausfindig gemacht, der auch gleich vorbeikam und ein komplettes Hinterrad 3,5 x 16 mitbrachte. Leider war die Nabe von ETZ oder TS und passte nicht in den Antrieb der ES...
Also wurde - es war bereits stockdunkel mit Hilfe von Schraubenziehern der Schlauh ausgebaut und in meinen Reifen appliziert. Dass er dreimal geflickt war, spielte solange keine Rolle wie er dicht war.
Nach dem Umbau war ers nicht mehr. Die Luft kam wirklich überall raus. Mitternacht, die Leute konnten mir nicht mehr helfen, gaben mir aber den rettenden Tipp: 11km müsste ich auf eigenen drei Rädern kommen. In Neu Schrepkow wäre einer, der hätte draußen an der Straße schon MZetten und Schwalben zu stehen. Damit erübrigte sich auch die Adresse, auch den Namen wussten sie nicht.
Um eins war ich da. Ich hatte zwischendurch alle 1,5 km 150 Luftpumpen-Stöße auf den Reifen gemacht. Warm war mir, der Reifen war gewandert und zerrte am Ventil. Und das schwammige Fahrgefühl...
Blöderweise standen die erwähnten MZetten nicht mehr da. Er hat aufgehört zu schrauben, macht jetzt in Treckern.
Alle Häuser dunkel, der Reifen platt und das Kind im Beiwagen schlief tief.
Eine LED-Lampe habe ich meist dabei, mit der hab ich auf einen Hof, wo Treckerteile rumlagen, geleuchtet
und gerufen. Es war der richtige Hof. Die Leute waren sowas von nett - unglaublich. Überall wurde Licht angemacht, das Lager in allen Winkeln durchsucht - nix. Irgendwann verschwand der Mann hinter der Scheune und kam zurück mit ... na?
Die halbe Leiche einer ES 150, voll Lehm und mit Gras überwuchert. Nix dran, außer ein hinterer Kotflügel und das Hinterrad. Zustand egal, Luft drauf, hält. Einbauen.
Es war wirklich die letzte Rettung. Dieser Reifen hat mich und das schlafende Kindchen die letzten 93km ans Ziel gebracht:
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Profil gab es, aber nicht vom Hersteller des Reifens, sonderm von seinem Alter...
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Man beachte das Gras vom Vorjahr. Aber auch die Risse können sich sehen lassen.
Die Fahrt war vor allem von Vorsicht geprägt und ich habe auch gebetet. Das wurde erhört, gegen halb vier kamen wir heil an. Kind schlief im Beiwagen, mit Hilfe seines großen Bruders habe ich dann den Kleinen samt Helm ins Bett geschafft.
Mein eigentliches Hinterrad war auf dem Gepäckträger mitgefahren. Der Reifen war, wenngleich hmm**zig Jahre alt, doch eindeutig der bessere. Am Morgen wurde erstmal ausgeschlafen. Aber nach dem Frühstück habe ich den kaputten Schlauch aus dem Ur-Reifen geholt und musste feststellen, dass er unflickbar am Ventil gerissen war.
Eine Hoffnung, nicht auf Glatze mit Rissen 220km heimzufahren?
Das Forum. Ich bat also die Gast-Eltern des Großen um zehn Minuten DSL, was ich auch gewährt bekam.
Gefühlte Minuten später hatte ich eine SMS von Marius und den Rest wisst Ihr.
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Übrigens, für die Rückfahrt habe ich mir einen ganzen Montag Zeit genommen, und sie lief sehr entspannt ab. Beweisfotos hier:
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Der gute Reifen von Marius ist zu erkennen, hoffe ich. Die Rissglatze auf dem Gepäckträger. Sie lässt sich beim Picknick prima als Rückenstütze verwenden. Lederjacke drüber, sieht aus, als müsste es so sein...
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Bisschen unscharf ...
Nochmal Dank an Marius , Dank an dieses weltbeste Forum und den lieben Gott, die mich mit so lieben, hilfsbereiten Menschen in Verbindung gebracht haben. Das schaffen nur diese beiden!
Danke natürlich an El MAtzo und den Langen, die Bereitschaft signalisiert haben.
Am liebsten würde ich mich ja auch noch bei den Hofbesitzern, die mich vor einer kalten Nacht im Feld bewahrt haben, bedanken, aber ich weiß nicht genau, wie die heißen... trotzdem Danke auch an diese!