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Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zschopau

Verfasst:
19. September 2018 12:33
von samyb
Ist die Tatsache bekannt, dass einzelne Häftlinge, die in DDR Strafvollzugsanstalten sassen, im Auftrag vom verschiedenen Auftraggebern, darunter das VEB Motorradwerk Zschopau, eingesetzt wurden, und zwar als "Zwangsarbeiter"?
Weitere (sparliche) Infos hier:
http://ddr-zwangsarbeit.info/tabelle2.html
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
19. September 2018 12:42
von herr blümel
wieso zwangsarbeiter?
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
19. September 2018 12:53
von samyb
herr blümel hat geschrieben:wieso zwangsarbeiter?
In diesem Zusammenhang sind die Begriffe "Haftzwangsarbeit" bzw. "Haftarbeit" vielleicht treffender, siehe :
https://de.wikipedia.org/wiki/Zwangsarb ... in_der_DDR und
https://zeithistorische-forschungen.de/1-2016/id=5331
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
19. September 2018 12:57
von herr blümel
hm,
also laut bundesdeutschem strafvollzugsgesetz von 1977 ist der strafgefangene zur arbeit verpflichtet
das sind ja dann auch zwangsarbeiter
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
19. September 2018 13:23
von EmmasPapa
Was in der verlinkten Liste immer wieder auffällt, ist Hoheneck mit der Esda-Strumpfhosenproduktion. Die Ware wurde zum allergrößten Teil in den Westen verramscht, ganz billig bei Quelle, Neckermann und Co. Hatte dazu auch mal einen Fernsehbericht gesehen, die Produktion lief dort hauptsächlich mit politischen Strafgefangenen, fast ausschließlich Frauen zu äußerst unmenschlichen Bedingungen.
Insgesamt ist das aber ein Phänomen des DDR-Strafvollzuges. Den einzelnen Betrieben oder gar Produkten sollte man das nicht nachtragen. Eher dem Regime, das dort gewütet hat und aus der Zeit von vor 1945 rein gar nicht gelernt hatte.
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
19. September 2018 13:35
von samyb
EmmasPapa hat geschrieben:Was in der verlinkten Liste immer wieder auffällt, ist Hoheneck mit der Esda-Strumpfhosenproduktion. Die Ware wurde zum allergrößten Teil in den Westen verramscht, ganz billig bei Quelle, Neckermann und Co. Hatte dazu auch mal einen Fernsehbericht gesehen, die Produktion lief dort hauptsächlich mit politischen Strafgefangenen, fast ausschließlich Frauen zu äußerst unmenschlichen Bedingungen.
Insgesamt ist das aber ein Phänomen des DDR-Strafvollzuges. Den einzelnen Betrieben oder gar Produkten sollte man das nicht nachtragen. Eher dem Regime, das dort gewütet hat und aus der Zeit von vor 1945 rein gar nicht gelernt hatte.
Ja, und angesichts dessen wollte ich ein Fragezeichen im Titel dieser Diskussion schreiben. Das ging aber, aus welchem Grund auch immer, nicht.
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
19. September 2018 15:08
von MarioTS2501
Grüße.
Der Einsatz von Strafgefangenen in Betrieben war normal. Ich war von Herbst 87 bis Frühjahr 89 bei der Fahne in Dessau. Wir wurden in einer Abteilung im Dessauer Wagonbau eingesetzt. Das nannte sich dann, Einsatz in der Sozialistischen Produktion. Diese Abteilung war eigentlich nur für Strafgefangene und vom restlichen Werk streng abgeriegelt. Auf Grund einer Amnestie, wurde dann die Abteilung aber mit NVA-Soldaten besetzt. Da wurden Stahl-Tischgestelle hergestellt. Hatte also mit Wagonbau nichts zu tun. Aufgefallen waren mir Stahlspinde wo oben der Deckel fehlte und zirka 50cm darüber ein riesen Scheinwerfer hing. Aufmüpfige wurden darin zur Strafe eingesperrt und ordentlich gegrillt.
Von Herbst 88 bis Frühjahr 89, wurden wir nach Döbeln zum Einsatz geschickt. Untergebracht waren wir in der Döbelner Kaserne. Gearbeitet im Waldeimer Knast. Da wurden für Trabi und Wartburg Rollgurte und für Waschmaschinen Heizstäbe hergestellt. Alles Handarbeit. Auch das biegen der Heizstäbe. Mit den Gefangenen sind wir nicht mal auf Sichtweite zusammen gekommen. Frühstück und Mittag wurde für uns extra angeliefert, damit wir nicht mit irgendeinen Gefangenen zusammen kommen.
Also, Zwangsarbeit gabs genügend.
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
19. September 2018 15:36
von samyb
MarioTS2501 hat geschrieben:Grüße.
Der Einsatz von Strafgefangenen in Betrieben war normal. Ich war von Herbst 87 bis Frühjahr 89 bei der Fahne in Dessau. Wir wurden in einer Abteilung im Dessauer Wagonbau eingesetzt. Das nannte sich dann, Einsatz in der Sozialistischen Produktion. Diese Abteilung war eigentlich nur für Strafgefangene und vom restlichen Werk streng abgeriegelt. Auf Grund einer Amnestie, wurde dann die Abteilung aber mit NVA-Soldaten besetzt. Da wurden Stahl-Tischgestelle hergestellt. Hatte also mit Wagonbau nichts zu tun. Aufgefallen waren mir Stahlspinde wo oben der Deckel fehlte und zirka 50cm darüber ein riesen Scheinwerfer hing. Aufmüpfige wurden darin zur Strafe eingesperrt und ordentlich gegrillt.
Von Herbst 88 bis Frühjahr 89, wurden wir nach Döbeln zum Einsatz geschickt. Untergebracht waren wir in der Döbelner Kaserne. Gearbeitet im Waldeimer Knast. Da wurden für Trabi und Wartburg Rollgurte und für Waschmaschinen Heizstäbe hergestellt. Alles Handarbeit. Auch das biegen der Heizstäbe. Mit den Gefangenen sind wir nicht mal auf Sichtweite zusammen gekommen. Frühstück und Mittag wurde für uns extra angeliefert, damit wir nicht mit irgendeinen Gefangenen zusammen kommen.
Also, Zwangsarbeit gabs genügend.
Tja, ich habe diese Amnestie (etwa im Herbst 1987 ([1] und [2]) in Erinnerung. Ein paar frisch Amnestierten hatten sich damals in der Michaeliskiche am Nordplatz, in Leipzig zusammengefunden. Habe an einigen Treffs teilgenommen und eine Dia-Vorstellung über Pariser Denkmäler gemacht (ich war in der Zeit Gastlektor an der KMU). Ich habe mich aber damals nicht getraut, viel zu Fragen.
[1] "Der umfassendste Straferlaß seit Bestehen der DDR gilt für etwa 40000 Häftlinge. Die meisten werden in der Industrie eingesetzt." (
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13523244.html )
[2]
https://de.wikipedia.org/wiki/Amnestie# ... s-Amnestie
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
19. September 2018 16:36
von MarioTS2501
Ja, das war eine sehr große Amnestie. Die fehlenden Arbeitskräfte wurden dann mit Armee Angehörigen aufgefüllt. Für mich war das aber besser, als jeden Tag Wache stehen. Die Leistung der Gefangenen, haben wir aber, ich denke, nicht ansatzweise erbracht.
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
19. September 2018 18:12
von Wladimir
Was hat MZ in Chemnitz produziert?
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
19. September 2018 18:56
von samyb
Im Dokument "Ausarbeitung - DDR-Häftlingsarbeit" (2012) vom Fachbereich WD 1 (Wissenschaftliche Dienste) "Geschichte, Zeitgeschichte und Politik" des Deutschen Bundestages ([1]) steht Folgendes:
Anfang 1986 zählte das Ministerium für Staatssicherheit
(MfS) rund 28500 Strafgefangene in der DDR. Von den arbeitsfähigen Erwachsenen dieser Gruppe waren
18834 in der Volkswirtschaft eingesetzt. Sinkende Häftlingszahlen hatten bereits zu Problemen in einigen
Wirtschaftsbereichen geführt, weshalb SPK und MdI überein gekommen waren, vor allem in den
Arbeitseinsatzbetrieben (AEB) MZ Zschopau, Robur Zittau, KfZ-Zubehör Meißen, Renak Reichenbach,
FAJAS Suhl und WEFA Altenburg sowie in allen Werften den Arbeitseinsatz Strafgefangener möglichst
zu 100 Prozent sicherzustellen. Weibliche Strafgefangene fehlten den AEB Rewatex Berlin, Wäscheunion
Elsterberg und Schuhfabrik Weißenfels.“
und hier weitere - leider spärliche - Infos zum "Arbeitseinsatzbetrieb" MZ Zschopau:
http://ddr-zwangsarbeit.info/tabelle3.html[1]
https://www.bundestag.de/blob/407894/42 ... f-data.pdf
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
19. September 2018 18:57
von pierrej
Servus, Das habe ich auch gesehen von 1985-1990 war ich im VEB BKW Glück Auf Knappenrode beschäftigt und dort gab es eine ganze Halle / Werkstatt für die "Knasties". Die waren mit Stacheldraht und Hunden Bewacht und wurden jeden Tag mit vergitterten Bussen angekarrt.
Gruß Pierre
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
19. September 2018 19:07
von herr blümel
wie glaubst du denn , sieht knast heute aus?
bis auf die hunde genauso
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
19. September 2018 19:29
von schrauberschorsch
herr blümel hat geschrieben:wie glaubst du denn , sieht knast heute aus?
bis auf die hunde genauso
Die Arbeitsstätte der Gefangenen war ja nach der Erzählung gerade nicht ein Knast, sondern ein (abgeschotteter) Teil eines Betriebs...kleiner, aber wesentlicher Unterschied...
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
19. September 2018 19:35
von herr blümel
das ist schon richtig,
arbeit für gefangene in externen betrieben ist heute auch nicht mehr machbar
damals war die arbeitsstätte ja auch bloß ein "ausgelagerter" knast
deshalb die sicherungsmaßnahmen
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
19. September 2018 19:49
von Eisenschwein 1968
Selbst im Vorgängerbetrieb des Werkes in dem ich heute arbeite wurden laut Zeitzeugen Häftlinge eingesetzt. Dazu war ein Teil einer Halle abgeschottet und gesichert. Sie wurden wohl mit Bussen gebracht und geholt.Die betreffenden Maschinen setzten den Bediener erhöhten Belastungen aus.(Wärme, Lärm und Abgase) War allerdings in der DDR durchaus bekannt.
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
19. September 2018 19:50
von samyb
Wladimir hat geschrieben:Was hat MZ in Chemnitz produziert?
Diverse Arbeiten wurden verrichtet:
* "Motorenteile gedreht"
* "Motorradteile (Gehäuse) schleifen"
* "Federball Schläger mit Draht bespannen"
* "diverse Metallteile bohren, fräsen, montieren, verchromen, stanzen"
* Getriebegehäuse frässen und endgraden
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
19. September 2018 19:58
von Eisenschwein 1968
Wladimir hat geschrieben:Was hat MZ in Chemnitz produziert?
Ich glaube mal gelesen zu haben das es um das Fräsen und Bohren von Getriebehälften für die großen ES ging. Bin mir aber nicht sicher.Wohl wegen des Einsatzes gesundheitsschädlicher Substanzen.
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
20. September 2018 06:46
von biebsch666
Im DDR-Knast wurde auch für das grosse schwedische Möbelhaus mit den 4 Buchstaben produziert.
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
20. September 2018 08:01
von samyb
pierrej hat geschrieben:... wurden jeden Tag mit vergitterten Bussen angekarrt.
Gruß Pierre
Also nicht solche Gefangenentransportwagen (Barkas B100 ([1]) & IFA W50 ([2]))?
http://www.andreas-rottleb.de/Gegen-das ... -s-Strasse... aber Ikarus-Busse ([3])?
[1]
https://de.wikipedia.org/wiki/Barkas_B_1000[2]
https://de.wikipedia.org/wiki/IFA_W50[3]
https://de.wikipedia.org/wiki/Ikarus_(Bushersteller)
-- Hinzugefügt: 20. September 2018 14:32 --biebsch666 hat geschrieben:Im DDR-Knast wurde auch für das grosse schwedische Möbelhaus mit den 4 Buchstaben produziert.
Nicht nur... Neckermann hatte auch einen gewissen Anteil an dieser "Arbeitsorganisation".
Auf Seite 216-217 des Buchs "Knastware für den Klassenfeind" ([1]) steht nämlich Folgendes, im Zusammenhang mit dem Neckermann-Modell.
Teile für dieses Motorrad wurden von 160 Insassen der Haftanstalt Karl-Marx-Stadt gefertigt.
Diese Zahlen stammen aus einem Bericht aus dem Jahre 1975 ([2]).
[1] Knastware für den Klassenfeind: Häftlingsarbeit in der DDR, der Ost-West-Handel und die Staatssicherheit (1970-1989), Vandenhoeck & Ruprecht, Jan 22, 2014
https://books.google.fr/books?id=LHrCAgAAQBAJ&dq[2] Information über Reklamationen, die sich auf die weitere Steigerung des Exports in nichtsozialistische Länder auswirken, 8.8.1975, Bundesarchiv, (DC 20/22688)
http://www.argus.bstu.bundesarchiv.de/D ... 233c0c4d5a
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
20. September 2018 17:08
von Gummi
Btw. In der DDR bestand generell Arbeitspflicht für jeden, von daher könnte man auch von Zwang reden, nur ohne materielle Mittel lebt sich's schlecht, also gingen alle Arbeiten, anders als heute, wo.................
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
21. September 2018 07:11
von monsieurincroyable
wir schweifen ab...
finde den Fred klasse und fände es gut wenn hier mehr Zeitzeugen reinschreiben. Das Thema interessiert mich da mein Vater auch "Betroffener" war, er wurde inhaftiert nach seinem Ausreiseantrag und musste unter ziemlich schlimmen Bedingungen in einer Ziegelei schaffen. Er erzählt nicht gern davon, aber gab Schläge sowie nichts zu trinken (bei extremer Hitze) und zu wenig zu essen.
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
21. September 2018 08:04
von samyb
monsieurincroyable hat geschrieben:wir schweifen ab...
finde den Fred klasse und fände es gut wenn hier mehr Zeitzeugen reinschreiben. Das Thema interessiert mich da mein Vater auch "Betroffener" war, er wurde inhaftiert nach seinem Ausreiseantrag und musste unter ziemlich schlimmen Bedingungen in einer Ziegelei schaffen. Er erzählt nicht gern davon, aber gab Schläge sowie nichts zu trinken (bei extremer Hitze) und zu wenig zu essen.
Gewiss, geschichtträchtige Blechteile erhalten und überliefern ist m.E. nur ein (wichtiger und lobenswerter) Teil der Arbeit. Aber hinter dem Blech unserer Motorräder wurde Zeitgeschichte auf persönlicher Ebene erlebt und gemacht. Diese Lebensgeschichten sind aber, im Zusammenhang mit den Zschopauer-Zweirädern, nur ansatzweise überliefert worden.
Wenn Dein Vater nicht gern davon erzählt, hat es vielleicht mit verletzer Menschenwürde zu tun. Vor dem Hintergrund des Grundatzes "Die Menschenwürde ist unantasbar" dürfte, so stelle ich mir vor, jeder begrüssen, wenn Zeitzeugen, die massiv und systembedingt unwürdigen Bedingungen ausgesetzt waren, zu Wort kommen und Gehör finden würden. Ich denke, es is wichtig, dass jeder die Gelegenheit erhält, seine Würde zurückzugewinnen. Das steht keineswegs im Gegensatz zu der unerlässlichen Schrauberei.
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
21. September 2018 08:17
von mathiast2
Hallo,
sehr interessantes Thema, aber ich glaube wir sollten hier unterscheiden, zwischen Leuten die unrechtmäßig in der DDR gesessen haben und ganz normalen Strafgefangenen, die arbeiten durften und mußten.
Keinesfalls sollte man hier pauschalisieren und alle Beteiligten nachher zu Opfern machen.
Ich selbst habe meinen Grundwehrdienst noch in der NVA abgeleistet und war auch in der Zeit im Arbeitseinsatz.
Der Grundsatz "die Menschenwürde ist unantastbar" stand aber so nicht im DDR Grundgesetz, oder??
Beste Grüße Mathias
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
21. September 2018 08:28
von samyb
mathiast2 hat geschrieben:Hallo,
sehr interessantes Thema, aber ich glaube wir sollten hier unterscheiden, zwischen Leuten die unrechtmäßig in der DDR gesessen haben und ganz normalen Strafgefangenen, die arbeiten durften und mußten.
Keinesfalls sollte man hier pauschalisieren und alle Beteiligten nachher zu Opfern machen.
Ich selbst habe meinen Grundwehrdienst noch in der NVA abgeleistet und war auch in der Zeit im Arbeitseinsatz.
Der Grundsatz "die Menschenwürde ist unantastbar" stand aber so nicht im DDR Grundgesetz, oder??
Beste Grüße Mathias
In der Fassung von 1949 nicht, aber ein bisserl später, im "Entwurf Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik", April 1990 (
http://www.documentarchiv.de/ddr/1990/d ... tisch.html )
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
21. September 2018 14:49
von retnuk1408
Ich bin zwar kein Insasse gewesen, aber zumindest als Außenstehender konnte ich es seit meiner Kindheit verfolgen, da ich ein Bautzner bin .
Ich erinnere mich, dass täglich die grauen H6(?) -Sattelauflieger vom Strafvollzug durch die Stadt fuhren, die die Strafgefangenen zu den Arbeitsstätten fuhren. Später waren es dann Ikarus-Busse, ebenfalls grau mit zulackierten Fenstern.
Erst als die Abgottbrücke an der Autobahn zumindest einseitig neu gebaut war, fuhren die Transporte außenrum über die Autobahn.
Auch von meiner Seite die wichtige Anmerkung: in der DDR gab es nicht nur politische Gefangene, sondern auch diverse "normale" Insassen, wie Diebe, Betrüger, Mörder usw. usf., das Verbrechen machte auch keinen Bogen um die DDR.
Leider wird das in den heutigen Medien immer gern einseitig dargestellt, wahrscheinlich um der sich umgreifenden Ostalgie Paroli zu bieten.
Ich würde auch nie von Zwangsarbeit sprechen. Arbeiten zu können war eine Belohnung für die Strafgefangenen, alles ist besser als in der Zelle den ganzen Tag zu sitzen. Und das gilt wohl auch heute noch.
Es gab auch eine Entlohnung, wenn die auch eher symbolisch war, zumindest hat es für zusätzliche Zigaretten gereicht.
Von nach oben offenen Spinden, in denen Gefangene gequält wurden, habe ich nie gehört und solange es da keine Beweise für gibt, möchte ich auch sehr zur Vorsicht raten, zu schnell ist man im Bereich der Zeitung mit den 4 großen Buchstaben.
Von meiner Frau weiß ich, dass die Strafgefangenen auch im Edelstahlwerk Freital bei Dresden eingesetzt waren, natürlich in abgesperrten Bereichen. Und natürlich bekamen sie die schwersten Arbeiten aufgebrummt. Sie hat ebenfalls von den Amnestie-Problemen berichtet, da niemand freiwillig in diesen Bereichen nach der Amnestie arbeite wollte, musste die FDJ ran. Allerdings kam wohl von den Jungendfreunden nicht die Hälfte der Norm rüber.
Insgesamt kann man sagen, dass die Strafgefangenen sicher als billige Arbeitskräfte fester und geplanter Bestandteil der DDR-Wirtschaft waren.
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
21. September 2018 19:46
von flotter 3er
mathiast2 hat geschrieben:Hallo,
sehr interessantes Thema, aber ich glaube wir sollten hier unterscheiden, zwischen Leuten die unrechtmäßig in der DDR gesessen haben und ganz normalen Strafgefangenen, die arbeiten durften und mußten.
Sollten wir? Wie willst du das machen? Alle die eingesessen haben wurden nach gültigen Gesetzen der DDR verurteilt. Wie willst du jetzt unterscheiden? Moralisch geht das sicher (in gewissen Grenzen - wenn auch auf ganz dünnem Eis)
Ein Kifi gehört in den Knast, ein Zeuge Jehovas der den Wehrdienst total verweigert hat nicht - soweit richtig, oder? Aber was ist mit einem, der Material von Baustellen geklaut hat weil er seine damals unbewohnbare Altbaubude in Berlin ausbauen musste - und auf normalem Weg nichts bekommen hat? Dem 14 jährigen der Westgeld aus dem Portmonaie seiner Oma geklaut hat (im knapp 3 stelligen Bereich) und wegen Devisenvergehens verurteilt wurde - zu 12 Monaten ohne Bewährung? Dem Gärtner der 2 (in Worten 2!) Orchideenpflanzen aus der staatlichen Gärtnerei geklaut hat und dafür 2 Jahre Knast bekam (man hat hochgerechnet wieviele Blüten diese Pflanzen im Laufe ihres - fiktiv festgelegten - Lebens produzieren, den Verkaufspreis einer einzelnen Blüte damit multipliziert - es gab im Osten nämlich ein staatliches Monopol auf Orchideenpflanzen, man konnte nur Blüten kaufen. Dabei kam eine 5 stellige Summe heraus. Laut Strafgesetzbuch der DDR war aber jeder Schaden der 10000 Mark überschritt automatisch ein Verbrechen - und wurde damit mit dem Begriff "Verbrechen" geadelt und einer Mindeststrafe von 2 Jahren.....). Es gäbe Massen an ählich gelagrten Fällen aufzuzählen. Selbst bei Bagatellen konnte ganz schnell eine Haftstrafe daraus werden (nach StGb. 3 Tatbestände - Verfehlung, Vergehen und Verbrechen. Verbrechen immer automatisch Mindeststrafe 2 Jahre. "Verbrechen" war es auch bei wie gesagt einer bestimmten Schadenshöhe oder "wenn sich zur wiederholten Begehung von Straftaten mit anderen zusammengeschlossen wurde. Das konnte durchaus auch 3 Säcke Gips sein, bei denen 2 Kumples tragen geholfen haben - und ein WE noch einmal....)
Um den Bogen zur Zwangsarbeit zu kriegen - alle Leute die einen materiellen Schaden verursacht haben (und das waren quasi alle, schon die Gerichtskosten galten als materieller Schaden) wurden zur Arbeit verpflichtet, um den zivilrechtlichen Schaden wenigstens zum Teil zu begleichen.....
Waldheim (Florena) war ein beliebter Betrieb - allerdings Frauenknast. Große Knastbusse fuhren regelmäßig von Bautzen nach Freital (Stahlwerk) Markant (Schreibgeräte) ließ genauso in den Mauern von Bautzen produzieren wie z.B. Narva.....
Woher ich das alles weiß? Der mit dem Gips war ich - 1981 und 1982 in Bautzen..... Insofern bin ich wohl Zeitzeuge mit direkten Erfahrungen. Ach ja, und warum Bautzen? Meine Mutter bekam damals vom Staatsanwalt die Auskunft - "ihr Sohn kommt nach Bautzen damit er dort politisch gefestigt wird". (könnte an meinen selbstgemalten Karikaturen gelegen haben....) War ich dann auch....

Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
21. September 2018 20:44
von samyb
Hat es irgendwie eine Einarbeitung bzw. Ausbildung gegeben? Von wem vermittelt? War es Handarbeit oder wurden Maschinen gebraucht? Und gab es eine Qualitätskontrolle?
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
21. September 2018 22:53
von herr blümel
um mal beim "flotter dreier" anzuknüpfen,ohne alles zu zitieren
einen rechtsstaat haben wir
daß,was du meinst ,wäre ein gerechtigkeitsstaat,wenn ich das richtig verstanden habe
und so was gibts nicht
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
22. September 2018 05:23
von Jungpionier
Ich hab während meines Grundwehrdienstes in Waldsieversdorf zwei Soldaten kennengelernt die vorher in Schwedt im Militär- Knast waren. Ich habe nie jemand direkt betroffenen darüber erzählen hören,die Jungs waren völlig durch den Wind.Für mich persönlich schliesse ich daraus es war die Hölle.
Vielleicht ist aber heute jemand unter uns der darüber was erlebtes weis.
In diesem Sinne, gegen das Vergessen......
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
22. September 2018 06:26
von mathiast2
Hallo Frank,
sicher ist das schwer bis kaum möglich da genau zu unterscheiden. Die DDR war ein Unrechtsstaat und Urteile waren auch in der Zeit und nach den Gesetzen der DDR rechtmäßig, aber doch vieles nicht richtig. Das steht ja alles außer Zweifel. Ich wollte auch nur am Anfang der Diskussion bemerken, daß man nicht alle über einen Kamm scheren sollte, mehr nicht.
Es gab Gefangene in der DDR die das verdient hatten, aber es gab auch genügend, die zu Unrecht saßen.
Im übrigen gibts heute auch viele Dinge die rechtens sind, aber doch moralisch nicht richtig.
Ich traf auch 2 Leute bei der Armee, die aus Schwedt kamen, und die beiden haben nichts davon erzählt, garnichts.
Beste Grüße Mathias
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
22. September 2018 09:08
von flotter 3er
samyb hat geschrieben:Hat es irgendwie eine Einarbeitung bzw. Ausbildung gegeben? Von wem vermittelt? War es Handarbeit oder wurden Maschinen gebraucht? Und gab es eine Qualitätskontrolle?
Es waren i.d.R. alles Anlerntätigkeiten, niederqualifiziert. Vermittelt wurde da garnichts. Es gab eine "Bedarfsliste" der Betriebe, danach wurden die Gefangenen eingeteilt. Es war jetzt nicht unbedingt so das du dir die Arbeit aussuchen konntest. Eine Qualitätskontrolle gab es. Enweder direkt von den Betrieben oder von STVA Angestellten.
Das Bildungsniveau unter den Gefangenen (zumindest in Bautzen) war schon so das du mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung/Handwerksberuf relativ weit vorn warst. Da wurdest du auch anders eingesetzt. Bautzen war ja besetzt (Anfang der 80iger) mit ca. 3000 Gefangenen. Das "öffentliche Leben" dort wurde auch mit Gefangenen aufrecht erhalten. ES gab eine große Küche, die auch außerhalb geliefert hat, klar das da Köche arbeiteten. Es gab eine Bäckerei, KFZ Werkstätten ( wo sich z.B. dienstranghöherer Sack sein F8 Kabrio komplett durchrestaurieren ließ) einen Bauhof, Tischlerei Lager für Sanitär/Elektrik usw. Es war gang und gäbe das sich die Angestellten dort alles von den Handwerkern machen ließen. Autos restaurieren, Häuser bauen, Möbel usw.
-- Hinzugefügt: 22/9/2018, 09:16 --Jungpionier hat geschrieben:Ich hab während meines Grundwehrdienstes in Waldsieversdorf zwei Soldaten kennengelernt die vorher in Schwedt im Militär- Knast waren. Ich habe nie jemand direkt betroffenen darüber erzählen hören,die Jungs waren völlig durch den Wind.Für mich persönlich schliesse ich daraus es war die Hölle.
Vielleicht ist aber heute jemand unter uns der darüber was erlebtes weis.
In diesem Sinne, gegen das Vergessen......
Kann ich auch was zu sagen, wenngleich nicht als direkt Betroffener. 3 Leute waren während meines Wehrdienstes (in Prora als Bausoldat bis zum 26.10.1989) in Schwedt, einer davon von meiner Bude. Der musste auch das Vierteljahr dran hängen, wurde dann aber doch zu Weihnachten entlassen. Und ja, er hat mir das ein oder Andere erzählt, z.B. das sich grundsätzlich nur im Laufschritt bewegt werden durfte, das es an der Tagesordnung war das die Leute dort körperlicher Gewalt ausgesetzt waren usw.
-- Hinzugefügt: 22/9/2018, 11:59 --EmmasPapa hat geschrieben:.....Den einzelnen Betrieben oder gar Produkten sollte man das nicht nachtragen. Eher dem Regime, das dort gewütet hat und aus der Zeit von vor 1945 rein gar nicht gelernt hatte.
Oh doch, die haben jede Menge gelernt und weiterentwickelt. Tatsache ist das Anfang der 80iger Jahre noch eine Messingtafel unter dem Plastikschild STVA Bautzen hing - "Landeszuchthaus Bautzen". Aber das würde jetzt zu einer politischen Diskussion führen, lassen wir also. Wenn da Bedarf besteht schreib mir eine PN.
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
22. September 2018 13:18
von vergasernadel
jetzt geht das wieder los"die DDR war ein Unrechtsstaat" lasst es einfach, es führt zu nichts. Ich wurde 2001 vom Oberlandesgericht Bautzen enteignet. Urteil" Im Namen des Volkes" Pfui Teufel. Sie haben mein Land aus dem Grundbuch gestrichen, von den Kosten ganz zu schweigen. Selbst Anwalt Dr. Schachten mit besten Verbindungen in die höchten CDU Kreise bis zum Lumpen kohl , konnte mir nicht helfen.....Ansonsten denke ich, ist unser tolles Forum nicht für solche politische Meinungsbekundungen da.
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
22. September 2018 13:43
von mathiast2
Die DDR war ein Unrechtsstaat Punkt. Da gibts nix dran zu rütteln.
Niemand behauptete hier, daß unsere heutige Staatsform gerecht ist..es ist ein Rechtsstaat, kein Gerechtigkeitsstaat Punkt
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
22. September 2018 13:55
von vergasernadel
Wenn Du meinst.
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
22. September 2018 14:20
von samyb
Gibt es ein Interesse, Berichte von Zeitzeugen (ich meine nicht nur von Haftarbeitern, sondern auch allgemein von "freien" Arbeitern vom Motorradwerk) in diesem Forum zu lesen?
Hat sowas hier mal stattgefunden? Das Einzige Zeugnis, das mir bekannt ist, ist dieses:
viewtopic.php?f=28&t=39272&start=200#p980829
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
22. September 2018 16:07
von Martin H.
Ich möchte darum bitten, hier keine politischen Meinungen zu äußern - egal in welche Richtung.
Bitte auch den sehr interessanten Thread frei von OT halten.
Sonst muß ich wieder zensieren.
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
22. September 2018 16:26
von voodoomaster
nicht nur in der ddr haben häftlinge in der produktion gearbeitet, auch heute ist das gang und gebe.
in der jva in dessau haben die häftlinge katzenkratzbäume gefertigt, selber gesehen. auch die firma brennenstuhl(stellen kabeltrommeln und tischverteiler her) läßt im knast fertigen. selbst gesehen in der ehemaligen jva dessau, ein bekannter macht die elektrische endprüfung in der jva in burg.
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
22. September 2018 16:38
von flotter 3er
retnuk1408 hat geschrieben:Von nach oben offenen Spinden, in denen Gefangene gequält wurden, habe ich nie gehört und solange es da keine Beweise für gibt, möchte ich auch sehr zur Vorsicht raten, zu schnell ist man im Bereich der Zeitung mit den 4 großen Buchstaben.
Zumindest gab es Dinge die schon nach damaliger Lesart als Folter bezeichnet werden müssten. Auf dem Flur direkt vor unserer Zelle wurde jemand "diszipliniert" indem er, auf Zehenspitzen stehend, mit hoch ausgestreckten Armen mit 2 Handschellen an ein Zwischengitter gekettet wurde. Er blieb dort die ganze Nacht stehen..... Es gab Arresträume innerhalb der Knastes. 21 Tage auf 2x2m Beton, ohne Bett, Tisch, Stuhl oder andere Gegenstände. Stuhl und Tisch (2 Winkeleisenrahmen mit Holz ausgelegt in der entsprechenden Höhe durchs Gitter geschoben) gab es nur zu den Mahlzeiten, "Bett" (auch ein Eisenrahmen mit Holzbrettern und 2 Armeedecken) nur zur Nachtruhe von 22.00 - 06.00 Uhr. Sonst nichts! 21 Tage lang! Weiß ich aus eigener Anschauung. Andere Gefangene berichten glaubhaft von tageweiser Unterbringung in sog. Stasizellen. Komplett ohne Licht und mit 10cm Wasser drin.......Unterbringung von 27 Personen auf genau 40qm war "normal"!
Es gab Dienstvorschriften für die Aufseher - die offiziell "Erzieher" genannt werden mussten (ich habe sie mal selbst lesen können) Auszug: "die Rechte der Strafgefangenen dürfen soweit eingeschränkt werden wie es die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung und Sicherheit erfordern", "aktiver und passiver Widerstand ist mit allen Mitteln zu brechen, notfalls mit Gewalt"..... Freibrief quasi....
Reicht das als "Beweis"?

Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
23. September 2018 07:12
von smokiebrandy
Im Übrigen gab es sogar für jeden nicht eingesperrten Bürger sowohl das Recht als auch die Pflicht zur Arbeit...
Der permanente Versuch das Recht nicht in Anspruch zu nehmen , konnte mit bis zu 2 Jahren Haft belegt werden...
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
26. September 2018 21:37
von mztix
Der Unterschied zum Politischen und Kriminellen Gefangenen liegt in einem selbst. Politische sehen sich nicht als Straftäter und habe kein Unrechtsbewußtsein wie kriminelle Gefangene. Daher ist im Nachhinein, die sogenannte Knastmacke, bei Politischen weit höher. Rückzugstendenzen / Sozialphobie, die eigene Wohnung wird zum selbsterwählten Knast. Wer ehemalige Politische, egal woher, kennen gelernt hat und mit bekommt wie diese nach der Haft leben, weiß was eine ungrechte Haftstrafe mit einem Menschen anrichten kann.
Schikanen in den DDR Haftanstalten gab es für jeden Gefangenen, egeal ob politisch oder nicht. Manche Politische wurden auch von Gefangenen und einigen Wärtern etwas besser behandelt. "Was haben diese hier zu suchen?"
Die Arbeit in den DDR Strafanstalten war und ist Zwangsarbeit mit unmenschlichen Bedingungen gewesen. Das hat nichts mit der heutigen sanatorischen Haftarbeit gemein.
Eine Freundin saß in Berlin Köpenik wegen Fluchtversuch in den 1970ern. Dort wurde Wäsche für den Westen gewaschen. Manche Wärterinen haben die Taktstrasse aus Dafke schneller geschaltet, dann sind die Frauen wie die Fliegen umgefallen. Dreischichtsystem. Eine halbe Stunde Freigang. Einmal Obst im Monat, wenn überhaupt. Wärterinnen haben mit dem Schlüsselbund an die Tür geknallt. Es durfte sich tagsüber nicht in die Betten gelegt werden. Und alles schön auf Kante gelegt ... Die Hoker in den Zellen hatten keine Lehnen. Die Zelle war mit bis zu zehn Frauen überbelegt. Vor dem Zellen WC gab es keinen Sichtschutz. Briefe wurde zensiert und auch zurück gehalten.
Im Rechtsstreit nach der Wende, um den Kampf der Anerkennung der Haftentschädigung, sagte ein Arbeitsmediziner, das die Arbeitszeit in den DDR Gefängnissen doppelt an Zeit angerechnet werden müßte. Da die Häftlinge weit über der Norm arbeiten mußten.
Es ist eines der sehr dunklen Kapitel in der DDR, leider, das Mitmenschen unter solch unmenschlichen Bedingungen arbeiten mußten bzw. gezwungen wurden.
Das MZ da auch in der Liste gleich zweimal auftaucht, wundert mich nicht.
Sehr zu empfehlen ist das Buch: Urangeheimnisse - Rainer Karlsch - Zbynek Zeman - edition berolina
Die BRD gab den ehemals Politischen gnädigerweise eine Haftentschädigung (die in der Regel sehr hart erkämpft werden muß), die ganz still und leise um 50 € pro Monat vor zwei Jahren gekürzt wurde.
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
26. September 2018 21:55
von herr blümel
was du geschrieben hast,ist nicht uninteressant
man kann aber herauslesen,daß du keine hafterfahrung hast
und jetzt noch eine schwere frage:
wann ist man politischer gefangener?
gruß
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
27. September 2018 09:23
von flotter 3er
mztix hat geschrieben: Eine halbe Stunde Freigang. Einmal Obst im Monat, wenn überhaupt. Wärterinnen haben mit dem Schlüsselbund an die Tür geknallt. Es durfte sich tagsüber nicht in die Betten gelegt werden. Und alles schön auf Kante gelegt ... Die Hoker in den Zellen hatten keine Lehnen. Die Zelle war mit bis zu zehn Frauen überbelegt. Vor dem Zellen WC gab es keinen Sichtschutz. Briefe wurde zensiert und auch zurück gehalten.
herr blümel hat geschrieben:was du geschrieben hast,ist nicht uninteressant
Entspricht durchaus den Tatsachen, war bei den Männern nicht anders. Auf den Zellen gab es nur Hocker, stimmt. 27 Leute auf 40m², daneben ein Waschraum mit 3 Waschbecken und 2 Klos - natürlich ohne jeden Sichtschutz. Briefe du man selbst geschrieben hat (nur 1 Brief pro Woche mit insgesamt 28 Zeilen war erlaubt) mussten grundsätzlich unverschlossen abgegeben werden, Briefe die man empfangen hat waren grundsätzlich ohne Umschlag. Auch das mit dem "auf Kante legen" und tagsüber nicht auf den Betten liegen stimmt, Ausnahme Sonntags.
Während der U-Haft in Rummelsburg durfte man alle 2 Monate für eine halbe Stunde Besuch empfangen, nachher dann alle 4 Wochen 1 Stunde.
Ansonsten war es teilweise wie heute auch noch - manche (und garnicht mal so wenige) von den Leuten die freiwillig eine Unform angelegt haben (und besonders im Vollzug) wollen einfach "Macht" ausüben. Und was waren das für Würstchen ohne ihr Kostüm....
Übrigens - ohne das ich die Zahlen jetzt belegen kann (aber mir kamen sie glaubwürdig vor nachdem was ich an Leuten habe wiederkommen sehen) soll die Rückfallquote bei Häftlingen in der DDR bei rund 82% gelegen haben....
Was aber die sog. "Knastmacke" betrifft und das selbige bei den "Politischen" weitaus höher war - sorry, das ist schlicht Quatsch. Das große Problem der "normalen" Häftlinge war (und ist es sicher auch heute noch) das sie sich in die Hirarchien und sozialen Gefüge innerhalb der Mauern eingerichtet hatten, besonders sog. "Langstrafer"; also 5 Jahre/aufwärts. Man konnte "drinnen" auf die Kacke hauen was man für ein toller Hecht draußen war, was man alles besaß oder wen man kannte usw. Überprüfen ließ sich das natürlich nicht oder nur bedingt. "Draußen" war man nur der Ex Knacki, in sozialen Gefüge quasi ein Nichts. Da gab es nur 2 Wege. Entweder man ordnete sein Leben komplett neu, ging durch eine mehrere Jahre dauernde harte Zeit (der weitaus schwierigere Weg) oder man "fuhr" wieder ein und war dann dort wo einem alles "vertraut" war....
Das Problem der Zwangsarbeit war generell, das bei den Zivilbetrieben bzw. deren Angestellten wenig Interesse an den Bedingungen bestand unter denen die Häftlinge arbeiten mussten. Es herrschte die weit verbreitet Meinung "die werden schon zu Recht da drin sitzen, schließlich müssen sie ja irgendwas ausgefressen haben...
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
27. September 2018 11:08
von PeterG
herr blümel hat geschrieben:....
und jetzt noch eine schwere frage:
wann ist man politischer gefangener?
gruß
Das ist leicht zu beantworten, Du willst ja nur stänkern,- gleichwohl für Dich aus Wiki:
"Ein politischer Gefangener, auch politischer Häftling, ist eine Person, die aufgrund politischer oder weltanschaulicher Gründe in Haft ist."
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
27. September 2018 11:39
von Ysengrin
Wobei das in der Praxis schwieriger ist als in der Theorie. Ich denke, in vielen Fällen wurden/werden politisch unbequeme Personen wegen unpolitischer Vergehen verurteilt, weil das für die Justiz einfacher ist. Umgekehrt gab/gibt es sicher auch "normale" Kriminelle, die sich selbst als politische sehen.
Ist ein Nazi, der Ausländer verprügelt und wegen Körperverletzung verurteilt wird, ein Politischer? ist ein Linker, der Autos in Brand steckt, ein Politischer?
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
27. September 2018 20:08
von herr blümel
darauf wollte ich hinaus
warum unterstellt mir PeterG hier stänkern?
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
27. September 2018 20:43
von mztix
Politische Häftlinge der DDR bekamen einige Sonderbehandlungen. Wie Folter, Denunziationen, Medikamenteversuche (ohne es zu wissen), usw. Auch besagte Freundin bekam von ihrer Ärztin, nach der Haft zur Stärkung, ohne Rezept ein Medikament direkt ausgehändigt. Später stellte sich herraus, das dieses Medikament ein Dopingmittel für Sportler war. Damals sich noch in der Erprobung befand.
Daher haben ehemals Politische schwerere psychische Erkrankungen als nicht Politische.
Dazu kommt, die Beweisführung für eine Haftentschädigung für ehemals Politische. 1,5 Jahre für Fluchtversuch , 5 Jahre Klage gegen das Land Brandenburg für die Haftentschädigung, lebenslange physische und psychische Schäden. Beispielsweise kaputte Füße durch mieserable ausgelatschte, teils zu enge Schuhe. Sechs Tage Woche. Sonntag war der einzige freie Tag, selbst da durfte nicht auf dem Bett gelegen werden.
Ich habe besagte Freundin bei Ihrem Haftschädenanerkennungsprozoß begleitet und unterstützt. Es gab im Zentrum für Haft- und Folteropfer eine extra Gruppe für ehemals Politische der DDR. Diese Gruppe bestand ca. 10 Jahre.
In den 1990ern wollte kein Rechtsanwalt einen ehemals politischen Häftling der DDR vertreten. Sebst die Anwälte für ehemals politische Häftlinge nicht. Wir haben drei Anwältte verschlissen. Der letzte und jüngste von allen hat die Klage mit Erfolg durch geboxt.
Ich bin erschrocken, in wie vielen Betrieben Häftlinge eingesetzt wurden. Drei bei MZ ... Uff!
Viele in der DDR verschlossen über solche Dinge die Augen und tuen es heute noch.
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
27. September 2018 20:52
von schrauberschorsch
herr blümel hat geschrieben:man kann aber herauslesen,daß du keine hafterfahrung hast
Aha.
herr blümel hat geschrieben:warum unterstellt mir PeterG hier stänkern?
Hat Herr Blümel Hafterfahrung?
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
27. September 2018 20:59
von herr blümel
ja,aber nur im westen
und du?
Re: Zwangsarbeit in Verbindung mit dem VEB Motorradwerk Zsch

Verfasst:
28. September 2018 08:01
von Koponny
Versucht bitte mal das Thema nicht auf die persönliche Ebene zu ziehen, wenn das Ding hier offen bleiben soll. 