die patina-isten kennen es sicher.
man liebäugelt mit einen unberührten und seit jahren in der scheune oder auf der tenne schlummernden fahrzeug.
augenscheinlich ist alles komplett.
der leicht gelblich angestochene lack mit den tollen abziehbildchen, die über jahre gewachsenen leichten rostnarben an den beispielsweise halbnabigen bremsankerplatte,
das verharzte und dunkle öl am und unter dem vergaser auf dem motorblock, die seidenmatierte aluminiumhebelage an den lenker.
---> ja das lässt unsere herzen höher schlagen.
im inneren auge sieht man sich schon selbst auf den fahrzeug die straße entlang fahren bevor der kauf mittels handschlag abgewickelt wird.
man freut sich über all diese authentizität. die schraubenköpfe tragen die richtige prägung, die hupe das korrekt gestempelte datum, der werkzeugwickel ist noch komplett und die noch so vielfältigen baujahrsbedingten teile sind vorhanden.
es ist mehr als ein fahrzeug!
mit dieser mentalen voreinstimmung hat man eine verantwortung gegenüber dieser ehrbaren schöpfung aus vergangenen tagen.
was mag damals nur passiert sein, als das scheinbar doch betriebstüchtige fahrzeug einfach abgestellt und vergessen wurde?
welcher fabrikarbeiter schimpfte an genau diesen morgen als das fahrzeug oder teile davon gefertigt wurden, weil er vielleicht einen feucht-fröhlichen vorabend hatte?
mit welcher begeisterung empfang der erste besitzer sein neufahrzeug?
es sind fragen die nicht jeden aufkommen und die meist auch nie beantwortet werden können.
wenn das fahrzeug nun aufbereitet werden soll passieren auch ungewollte sachen, wie einen schraubenabriss oder gewinde-vergnaddelung. der von innen schon zerfressene vergaser zerfällt beim demontieren.
wo gehobelt wird fallen eben auch späne!
mit jeden dieser beschädigungen tuts ein im herzle weh.
manchmal bekommt man ersatz und manchmal sucht man vergebens danach.
es ist immer ein kompromiss. selbst wenn man haargenau das selbe teil ergattert weicht der zustand immer etwas ab und im hinterkopf weiß man, das es nie ab werk montiert war.
um es zu humanisieren stelle ich mir das als junger hüpfer wie ein künstliches hüftgelenk am becken vor.
es funktioniert --> ja, aber man weiß es ist nichts körpereigenes!
ein noch zu beschaffenes ersatzteil ist dabei noch das hübsche szenario.
anders schaut es bei teilen aus, die es nirgends mehr als original aufzutreiben gibt.
man muss nach alternativen ausschau halten.
eventuell benötigt es sogar einen schmerzhaften umbau, welcher technisch unbedenklich, aber einen tiefen schnitzer in sachen originalität mit sich führen würde.
wann gibt man mit der suche auf? und wann verschandelt man zu gunsten der technischen betriebsbereitschaft das fahrzeug?
für wen baut man das fahrzeug?
will man vor anderen protzen oder es sich selbst beweisen?
mag man sogar etwas geschichte an die nächste und übernächste generation herantragen?
das sind sachen die ein jeder individuell entscheiden sollte!
man geht mit den fahrzeug seinen ganz eigenen weg. es gibt immer kritiker und befürworter.
bevor jetzt der technische umbau durchgeführt wird gibt es noch eine weitere art teile für die betriebswiederherstellung
--> nachfertigungen!
diese glänzen, sind unberührt und eigentlich gar nicht für ein verbrauchtes fahrzeug gedacht.
manchmal sind es aber die einzigen teile worauf man zugreifen kann.
man erkennt sie sofort an einen patinierten fahrzeug.
die stechen ins auge und sagen uns: "wir gehören hier nicht ran!"
was mag man nun mit diesen und unsere einzige möglichkeit der fahrzeugkomplettierung tun?
man kann sie mit sicherheit optisch anpassen.
und jetzt sind wir an den punkt angekommen, welcher mich dazu bewogen hat diesen thread zu starten!
(dank driver_2 und seiner problemstellung habe ich mir mal kurz zeit genommen)
wie bereite ich neuteile den optisch verbrauchten zustand des fahrzeuges an, ohne technische nachteile zu erhalten?
ich konnte in diesen bereich einige erfahrungen sammeln.
diese möchte ich mit euren erfahrungen hier auch zusammentragen.
angefangen hat es damals mit meinen ersten patina-aufbau.
es war eine schon stümperhaft aufbereitete MZ 125/2
ich arbeitete das obere batteriespannband nach.
es passte optisch nicht zum rest des motorrades. also machte ich mir dazu gedanken und versuchte es mit 37%ige schwefelsäure (säure-batterie).
ich benetzte das komplette blechband und ließ es liegen.
nach ein paar tagen wischte ich die säure runter und montiertees an der RT.
nach zwei jahren sieht es nun so aus:
das motorrad stand immer trocken und hat auch nie regen, nebel oder andere wässrige ereignisse gesehen.
das blechband ist weiterhin ungeschützt.
ich hoffe, das es sich noch im laufe der zeit optisch an den rest anpasst.
wird der grad an patina erreicht, wird es ebenso wie die anderen teile konserviert.
am selbigen motorrad wurde irgendwann mal von einen der vorbesitzer bowdenzüge, tachowelle und kabel mit gewebeband befestigt.
ich ahmte es mit weißen gewebepflasterband aus dem sanikasten nach und präparierte es mit schmutzigen kettenfett.
optisch sind nun die befestigungspunkte angepasst.
verzinkte schrauben, muttern, spangen, scheiben glänzen recht penetrant.
diese altern zu lassen ist aber ein kinderspiel. man beachte aber dabei, das der korosionsschutz verloren geht.
mit einen brenner wird die zinkschicht runtergebrannt und die schraube, mutter & co. mit einen altölgetränkten lappen gekühlt.
diese sachen kann ich aber nur bei den sachen empfehlen, wo die zugfestigkeit eher untergeordnete rolle spielt.
(schutzblech, gepäckträger etc... keine radmuttern, motoraufhängungen etc...!!!)
hier als beispiel eine zuvor glänzend verzinkte federspange:
nachgefertigte gummiformteile wie faltenbälge, kettenschläuche o.ä. können ebenfalls mit verbrauchten kettenfett oberflächlig bearbeitet werden.
hierzu sei auch der hinweis gegeben diese technik an den stellen anzuwenden, die unberührt bleiben.
nicht das hier noch einer auf die idee kommt das an seiner satteldecke durchzuführen und die beschwerde von frauchen kommt, warum denn seine hose so dreckig sei.
ein beilackiertes rahmenteil hatte ich kurz ablüften lassen und danach gleich mit feinsten staubsand (vom werkstattboden) bestreut.
nach dem aushärten des lackes wurde die überflüssige staubschicht abgewischt.
im nachhinein ist keine nacharbeitung erkennbar.
(ein bild hierzu habe ich leider noch nicht. ich werde es hier rein editieren)