von Tom68 » 14. März 2016 12:17
So, ein W201 oder W202 soll es nun sein......
Wie die Anderen schon geschrieben haben würde ich den W201 bevorzugen. Allein wegen der Rostanfälligkeit und der höherern Verarbeitungsqualität. Besonders beim Benz zu beachten ist, dass Mercedes Anfang der 90er Jahre auf Lack auf Wasserbasis umgestellt hat. Wie auch andere Hersteller hatte Benz die ersten Jahre Probleme mit Korrosion.
Aber erstmal was grundsätzliches......
Um einen guten Gebrauchtwagen zu bekommen ists immer gut sich viel Zeit bei der Suche zu lassen und auch schon mal ein paar Kilometer Anfahrtsweg für die Besichtigung in Kauf zunehmen. Immer gut ist es, gerade kein Auto zu brauchen.
Geringe Laufleistung, nachvollziehbare Werkstatthistorie, wenig Vorbesitzer und guter Gesammteindruck sind wichtig.
Bei den Baujahren, die Du bevorzugst gibts aber folgendes zu bedenken: Auch bei geringem Kilometerstand sind die Autos alt, d.H. gewisse Fahrzeugteile sind auch bei nicht oder seltener Benutzung dem Alterungsprozess unterworfen. Bremsschläusche oder Achsgummis müssen häufig gewechselt werden.... wenn mans nicht selbst reparieren kann, wird sowas schon mal teuer.
Außerdem ists bei solchen Wagen doch sehr von Vorteil, wenn man selbst Schrauben kann. Es wird auch immer schwieriger eine Werkstatt zu finden, die sich mit der Diagnose von Problemen bei solchen Autos auskennt.
Und - ganz wichtig ist!!! Auch wenn man ein vermeintlich gutes Auto kauft..... was mit dem wirklich los ist, sieht man erst, wenn man es einige Zeit fährt.
Hier mal ein Beispiel:
Vorweg, ich bin gelernter KFZ-Mechaniker, bin aber seit gut 25 Jahren aus dem Job raus. Im letzten Jahr habe ich für meine Frau einen W201, 2.0E mit 118PS, Bj. 1988, 125 000km, 5-Gang, nur drei Vorbesitzern (zwei davon vor 1920 geboren), bis 2005 lückenloses Scheckheft, bei Benzwerkstatt gewartet, optischer Eindruck sehr gut. Keine Durchrostungen. Achsgummis an Vorder und Hinterachse teilweise neu. Bei der Besichtigung gefundene Mängel: Bremsverhalten trotz zugesicherter, kurzlich geschehner Reperatur und augenscheinlich neuer Bremsscheiben eher schlecht. Ein Scheinwerfer von innen beschlagen. Türfangbänder knarzten. Wegen den Bremsen habe ich den Kaufpreis deutlich drücken können - zum Glück!
So, neue Scheinwerfer gabs günstig und waren auch schnell eingebaut..... beim Einstellenlassen gabs dann die ersten Problem. Der junge Mann vom Boschdienst versuchte verzweifelt sein Laptop anzuschließen. Ich mußte ihm dann zeigen wie´s geht.
Bei der Bremse stellte sich heraus, dass die Bremsschläusche aufgekwollen waren und damit die Bremssättel nicht richtig gangbar waren. Außerdem waren zwar die Bremsscheiben neu, aber bei der Reperatur wurden die alten Bremsbeläge einfach wieder eingebaut, mit dem Erfolg, dass die neuen Bremsscheiben schon wieder defekt waren.
Türfangbänder gabs günstig und waren Problemlos eingebaut.
Nach zwei Wochen fahren verabscheidete sich das Gebläse fürs Amaturenbrett. Ein Neues ist nicht besonders teuer und der Einbau ist im Vergleich zu anderen Autos auch noch "relativ" einfach. Aber sowas ist eigentlich nie besonders easy zu reparieren.
Nach zwei Monaten war ein leichtes Ruckeln beim Lastwechsel aus Richtung Hinterachse spürbar. Ursache waren zwei Fahrwerksgummis, womit die Hinterachse an der Karosse b aufgehängt, bzw. befestigt wird. Die Reperatur war schon eher aufwendig, geht nicht ohne Hebebühne und Spezialwerkzeug. Konnte ich aber dann doch recht kostengünstig in der Werkstatt meines Onkels machen.
Nach nem halben Jahr sprang der Wagen im kalten Zustand wiederwillig, bis garnicht an. Jetzt wurde es schon kompliziert. Beim 2.0 E ist eine sogenannte KE-Jetronik von Bosch fürs Motormangement eingebaut. Die ist zwar in der Regel zuverlässig, aber wenns Probleme gibt nicht so einfach in den Griff zu kriegen. Fehlerspeicher auslesen ist nicht und eine wirkliche Diganose meißt nur im Ausschlußverfahren möglich, heißt: Teile die man verdächtigt muß man tauschen und hoffen, dass dann der Wagen läuft ... oder weitersuchen. Erfahrung mit der Diagnose an solchen Anlagen ist eigentlich auch ein zwingende Voraussetzung. Die hatte ich schon mal nicht und an meinem Wohnort fand sich auch niemand.... beim örtlichen Benzhändler gibts zwar noch Leute die das können..... aber da hätte ich schnell das mehrfache des Kaufpreises versenkt.
Also erstmal im WWW gestöbert und meinen Onkel angerufen, der ist inzwischen über 60 und kennt sich mir diesen Autos noch sehr gut aus. Dann auf Verdacht für 150 Euro die üblichen Verdächtigen (Relais, Sensoren, Verteilerkappe) erneuert..... brachte aber nur kurz Besserung. Mit Hängen und Würgen das Auto 150Km in die Werstatt meines Onles überführt..... der hat es dann letztendlich in den Griff bekommen. Er hat aber insgesammt drei Wochen an dem Auto rumprobiert. Letztendlich war die Zündspule hinüber.... Normalerweise fallen die im Warmzustand aus und nicht umgekehrt. Glück gehabt, hätte noch viel teurer werden können - wenn zb. der Lufmengenmesser defekt gewesen wäre.
Hätte ich das Auto nicht wirklich sehr günstig bekommen, hätte ich da ganz schnell draufgelegt.
Jetzt läuft der Wagen und ist durchrepariert - hat allerdings Zeit, Geld und nerven gekostet. Sowas mußt Du bei nem Wagen aus den Baujahren immer mit einrechnen.
Seit dem er jetzt nun keine Probleme mehr macht, sind wir mit dem 190er zufrieden. Steuer und Versicherung ist günstig, braucht je nach Fahrweisen zwischen 7 und 8,5 Liter. Zuverlässiges Reiseauto, mit dem man auf der Autobahn ordentliche Strecke machen kann... aber nix zum Rasen. Dafür ist er mit seinen 1.4 Tonnen zu träge. Ersatzteile auch direkt bei Benz günstig.
So, wenns denn nun unbedingt noch ein W201 sein soll.... ne kleine Kaufberautung:
1. Nur Autos ab 2 Liter Hubraum und am Besten mit 5 Gängen... alle anderen brauchen schnell mal 12 Liter, besonders der 1,8 Liter, der ist zu schwach und muß immer gut getreten werden.
2. Der erste Gesammteinduck zählt! Gerade beim 190er sind Gammelkisten vom Rost und der Technik meist auch schlecht.
3. Rost: Wenn der schon von Weitem zu sehen ist Finger weg. Wenn nicht, Federaufnahme an der Vorderachse und die vier Wagenheberaufnahmen prüfen. Sind die üblichen Roststellen. Reperaturbleche gibts da recht günstig und auch die Reperatur ist eigentlich einfach - aber man braucht halt ein Schweißgerät.
4. Bereits erwähntes Gebläse, die Türfangbänder testen.
5. Achsgummis an der Voder- wie auch Hinterachse prüfen. Können defekt sein und sind teilweise auch recht teuer..... Reperatur auch nicht immer einfach.
6. In der Kardanwelle kann Spiel sein, sprich da gibt es ein Schiebegelenk, was man aber wieder festziehen kann.
7. Uhr im Amturenbrett ist oft kaputt.
So, das wären die üblichen Schwachstellen.....
Viel Spaß
LG Tom
"Wir essen jetzt Opa"
Satzzeichen retten Leben
Fuhrpark: TS 250 A