Hallo nochmal,
@es-heizer:
danke für deine Erklärungen. Mir kam noch die Idee, dass nach 30 Jahren, durchaus deine Motorlager erneuert werden könnten. Schmeiß' einfach ALLE Gummilager raus und erneuer sie, denn hier könnte ebenfalls die Ursache für dein erhöhtes Vibrations-Problem liegen - de jummies sin dood! Wie zuvor nach dem Grundsatz, wenn du es nicht probierst kannst du es auch als Ursache nicht ausschließen, es ist ja nicht so eine große Investition wie die Kurbelwelle
Zum Wuchten:
Aus meiner Erfahrung kann ich vorab sagen, dass gerade bei den Modellen mit der Kupplung auf der Kurbelwelle grundsätzlich die gesamte Kupplung gewuchtet werden sollte, wenn man Ruhe rein bringen möchte . Das liegt an ihrem hohen Gewicht und dem Raubbau der hier zum Beispiel an der Kupplung über die Lebensdauer der Emme betrieben wurde. Ein Wink mit dem Zaunpfahl gibt es hier aus dem MZ-Rep-Buch wo nicht ohne Grund eine zulässige Unwucht für die Kupplung angegeben wird! Das sollte man ernst nehmen, und nicht mit dem Trugschluss zerreden dass die Kupplung nach einem Kupplungsvorgang eh wieder unrund läuft - Blödsinn, tut sie lang nicht so schlimm wie gar nicht gewuchtet.
Wer dynamisch wuchten möchte sollte wissen auf was er sich einlässt - viel Arbeit die man wenn man sich das machen lässt teuer bezahlen muss. Meiner Meinung nach kann man zudem Kurbelwellenbuden suchen die noch fit darin sind
gebaute Kurbelwellen mit Meistergewichten dynamisch zu wuchten. Bei dem Hokuspokus der einem da erzählt wird bluten mir sofort wieder die Ohren. Aber sei es drum, ich habe eigene Erfahrungen gemacht und bis dato knapp 70 unterschiedliche Kurbelwellen konstruiert, die in Kleinserien zu je 2 bis 25 je Typ gefertigt worden sind.
Deshalb habe ich zusätzlich mal einige meiner Beispiel-Bilder zum dynamischen Wuchten von Zweitaktkurbelwellen rausgesucht und entsprechend angehängt. Die beiden gezeigten Kurbelwellen habe ich selbst konstruiert, bei ORP bauen lassen und zusammengebaut. Nach einer Rennsaison wurden beide Kurbelwellen von mir dynamisch gewuchtet, um für die nächsten Läufe auf meinem Prüfstand oder auf der Rennstrecke ein "Gefühl" zu bekommen.
Bild 1 zeigt eine auf einer 200kg SCHENK Wuchtmaschine aufgespannte 2 Zylinder Kurbelwelle mit 90° Hubzapfenversatz, demontierten Pleueln und Meistergewichten. So eine Kurbelwelle lässt sich komplett montiert nicht statisch wuchten weil sich die Hubzapfen nicht gegenüber stehen! Ich habe mich also zuvor ganz auf meinen konstruierten Ausgleich mit Schwermetall verlassen.
2Zyl_90deg_KW_aufgespannt_zum_dyn_Wuchten.jpg
Bild 2 zeigt die Maschinenanzeige der SCHENK Steuerung CAB700, hier stehen die zu entfernenden Massen in g mit dem zugehörigen Drehwinkel, um die dynamische Unwucht auf unter 25gmm je Wuchtebene auszugleichen.
2Zyl_90deg_KW_Zustand_ungewuchtet.jpg
Bild 3 zeigt die Kurbelwelle unter dem Bohrwerk, hier wurde parallel zur Drehachse abgebohrt. Auf dem Umfang war für effektive radiale Bohrungen wegen der großen Fasen kein Platz, deshalb habe ich unkonventionell von der Seite gebohrt.
2Zyl_90deg_KW_abbohren_am_Schwermetall.jpg
Bild 4 zeigt die fertige Welle auf zwei Prismensteinen gelagert. Rechts sieht man Unscharf eine der Ausgleichsbohrungen.
2Zyl_90deg_KW_dyn_gewuchtet.jpg
Bild 5 zeigt den zugehörigen Zustand im Protokoll
Wuchtprotokoll_2Zyl_90deg_KW.JPG
Das war es zur 2 Zylinder Kurbelwelle mit 90° Hubzapfenversatz.
Die folgende Kurbelwelle ist die Kurbelwelle meines 86cm³ Drehschiebermotors, hier habe ich die komplette Kurbelwelle mit fast allen rotierenden Teilen dynamisch gewuchtet.
Bild 6 zeigt eine 6kg SCHENK Wuchtmaschine mit meiner Kurbelwelle.
SMU80_KW_dyn_gewuchtet.JPG
Bild 7 zeigt die Anzeige der SCHENK Wuchtmaschine mit CAB690 Steuerung und den abzutragenden Gewichten nach der Einmessung - IST Zustand.
SMU80_KW_dynamische Unwucht nach_nach statischem_Wuchten_ohne_Drehschieber.JPG
Bild 8 zeigt den fertigen Zustand - man beachte wie gering die Restgewichte im Toleranzbereich sind!
SMU80_KW_Anzeige_fertig_gewuchtet.JPG
Fazit:
Hier steckt sehr viel Arbeit drin und man sollte abwägen ob man wirklich mit der dynamischen Kanone auf den statischen Spatzen schießen möchte. Zum dynamischen Wuchten muss ich noch loswerden dass bei einer schmalen und moderat hoch drehenden Kurbelwelle - wie zum Beispiel die der MZ, wo die Kurbewangen nur etwa 62mm auseinander stehen und damit die Wuchtebenenen für das dyn. Wuchten nur etwa 50mm voneinander entfernt sind - das dynamische Wuchten lange nicht so einen großen Effekt hat wie bei einer PKW Kurbewelle, deren Wuchtebenen 400mm auseinander liegen. Eventuell überschätzt man das.
Ich würde je nach Möglichkeit und Budget wenn überhaupt wuchten in Frage kommt:
Teuer aber bezahlbar:
- Kurbelwelle nach beliebigem Umbau auf korrekten Wuchtfaktor bringen und statisch wuchten
- Kupplungskorb statisch wuchten (weil er das schwerste Teil der Kupplung ist), Aufnahme anfertigen (diese selbstverständlich auch wuchten) oder die bereits gewuchtete Kurbelwelle als Aufnahme benutzen
Sehr Teuer:
Kurbelwelle auf korrekten Wuchtfaktor bringen und im Zusammenbau mit dem Kupplungskorb dynamisch wuchten
VG
Bastian
P.S.: Die Maschinen standen mir bei meinem vorherigen Arbeitgeber in meiner Freizeit uneingeschränkt zur Verfügung und ich habe viele Stunden daran verbracht - für mich lehrreiche Stunden bei denen mir ihre Bediener während sie Kurbelwellen, Kupplungen, Schwungräder, Turbolader und kleine Wellen gewuchtet haben bereitwillig viele ihrer Erfahrungen mitgeteilt haben. Ein Geschenk für jeden Ingenieur, wenn er durch solche Männer unterstützt wird!
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