smartsurfer81 hat geschrieben:Darüber sollte echtvein Buch geschrieben werden Daumen dreifach hoch
Das muss ich mir wirklich mal durch den Kopf gehen lassen. Auf jeden Fall freut es mich das es dir gefällt, es folgt nun Tag 2, da gab es viel zu erzählen
Tag 2 – Sonntag, der 08.09.2019 „Wir hatten Sommerurlaub gebucht“
Nach einer kurzen Nacht und noch leicht benommen von diversen isotonischen Getränken stiefel ich als erster in meine Sachen und erkunde das Werk des gestrigen Abends. Auf dem Weg zur Garage bemerke ich den eisigen Herbstwind, obwohl doch erst Anfang September ist. Schon vor ein paar Tagen kündigte sich ein Gebiet mit polarer Luft an, welches über die Alpen streifen wird. Unser eigentliches Ziel sollte gestern das Hotel auf dem Stilfser Joch sein, schlafen und frühstücken auf 2700m Höhe, dass konnten wir uns jedoch getrost abschminken, denn die Webcam zeigt eine geschlossene Schneedecke und -3°C.
Daniel und ich trinken noch einen heißen Kaffee während er mit Jonas über die Speichenproblematik diskutiert.
„So weit außermittig war die Felge gar nicht eingespeicht.“
„Aber mehr wie 2,15“ Felgen brauchst du nicht aufm Moped.“
„Edelstahlspeichen sind murks.“
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Ich verkneife mir meinen Kommentar, immerhin fahre ich (wenn auch sehr hochwertige) Edelstahlspeichen seit über 30000km ohne ein einziges Problem. Wir beladen unsere Mopeds für die Weiterfahrt und haben fast vergessen noch etwas zum Frühstück zu essen, dass heben wir uns für die erste Pause auf. Als wäre das Wetter noch nicht herbstlich genug treffen uns auch schon die ersten Regentropfen während des Anziehens. Für uns steht fest, wir fahren gleich in Regenkleidung los. Jonas wartet gelangweilt, halb auf dem Tank liegend auf mich, denn das Navi braucht noch ein Ziel und meine Gepäckrolle muss noch die Getränke aufnehmen.
Daniel hat für uns zum Abschied ein Geschenk in der Hand, es sind 2 Pleuel von der Simson, umfunktioniert als Bieröffner. „Echt genial!“ erwidre ich und grinse über das originelle Geschenk.
„Passt ja auch zu uns.“ Stimmt Jonas zu.
Es ist noch nicht einmal um 9 Uhr, im Niesel starten wir die Motoren und fahren langsam auf die Hauptstraße, ich leite uns durch den Regen, welcher immer stärker wird. Die Straßen würden bei trockener Witterung die 3-fache Geschwindigkeit gut vertragen, doch wir tragen unsere Maschinen um die im Wasser stehenden Kurven der Bundesstraße 15 Richtung Rosenheim. Eine kalte Ewigkeit später sind wir endlich an einer Tankstelle, unsere 2-Takter wären trotz Regen fast verdurstet. Es ist Mittag und wir haben noch immer nichts gegessen. Ich schlage vor eine Vignette zu kaufen, denn auf kurvige Landstraßen haben wir beide keine Lust, höchstwahrscheinlich sind wir auf der Autobahn schneller.
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Mit unseren klatschnassen Regenkombis stiefeln wir an den Tresen zum Bezahlen, die 7-Tages Vignette für Österreich kostet 7,50 und soll an einem gut sichtbaren und schwer entfernbaren Bauteil angebracht werden. Ich entscheide mich für den Gabelholm, mit etwas Zellstoff machen wir unsere Klebestellen trocken und fixieren den Aufkleber.
Das vorläufige Ziel steht fest, schnell über die Grenze und anschließend endlich etwas essen. Unterhalb von Rosenheim fahren wir auf die A93 auf in Richtung Kufstein. Der Regen wird stärker und die Kälte zieht langsam von den Fingerspitzen und den Knien in mein Körper.
Da ist sie! Die eine Tankstelle nach der Grenze wo man etwas essen kann! Es hätte jede beliebige sein können aber hier werden wir auf der Stelle etwas essen!
Normalerweise esse ich nie bei MC Donalds...aber man hat ja Urlaub
Das Wunschmenü war schnell gefunden und während es zubereitet wird macht mich Jonas auf seine Vorderradbremse aufmerksam, welche wohl etwas schwammig reagiert seitdem wir losgefahren sind.
In dem warmen Gaststättenbereich halten wir uns eine knappe Stunde auf bis uns nicht mehr kalt ist, ich gehe auf eine Zigarette nach draußen und spiele an Jonas Moped rum, der Übeltäter war schnell gefunden.
Die Hohlschraube der Bremspumpe hat sich gelockert und lies die unter Druck stehende Bremsflüssigkeit bei jeder Betätigung teilweise ins Freie. Ein 12er Maulschlüssel war schnell parat und die Ursache behoben. Ich schicke Jonas zur gegenüber liegenden Tankstelle, nach Bremsflüssigkeit fragen, denn im Vorratsbehälter war außer Luft und einer kleinen Pfütze nichts mehr übrig.
Negativ, keine Bremsflüssigkeit vorhanden. „Was ist denn das für eine Tankstelle?“ Wahrscheinlich sind wir von den Minisupermärkten mit Zapfsäule in Deutschland zu sehr verwöhnt.
Jonas hat aber Getriebeöl mit und so konnten wir behutsam die Bremspumpe komplett entlüften und befüllen, dies ging nur weil noch keine Luft bis zu dem Schlauch vorgedrungen war. Als Notlösung wird das schon klappen, die Temperaturbeständige Bremsflüssigkeit ist noch im thermisch belasteteren Sattel und das oben liegende Getriebeöl dient als schwer komprimierbarer Kraftüberträger.
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Wir setzen die Fahrt fort, das nächste Ziel ist Innsbruck, das bedeutet ein mal quer durch Österreich, so kommt es uns zumindest vor, denn die rund 100km hatten es in sich. Das Fahren war nicht mehr bequem, die Sicht durch Nebel und Regen eingeschränkt, wir hatten zu tun nicht in die im Wasser stehenden Fahrrinnen abzudriften. Zum Regen kam nun auch der Wind, eine beständige Briese von vorn oder leicht seitlich, es hat mir das Wasser durch die Visierabdichtung gedrückt und der Fahrtwind verwandelte das im Helm stehende Wasser zu einem Whirlpool welcher mit jeder platzenden Blase feine Wassertropfen an die Innenseite des Visiers und in mein Gesicht spritzte.
Ich war gezwungen bei 80kmh im im Regen das Visier mehrmals zu öffnen damit die Tropfen verschwinden, meine Augen fast zugekniffen und die Wangen leicht taub. Es sind nur noch 4°C, das Autobahnkreuz bei Innsbruck erreicht. Wir fahren ab auf die A13 Richtung Brenner, gerne hätten wir eine Pause eingelegt doch es war sowieso keine Besserung in Sicht.
Bei Nößlach, also kurz vor der Mautstation für die Brennerautobahn geraten wir in einen Stau, wir sind auf ca. 1500m Höhe bei 9% Steigung und Stop&Go. Langsam habe ich keine Lust mehr, meine lange Übersetzung ist ungeeignet für 10 km/h und ständiges Anfahren am Berg.
Unsere Mopeds überfetten und lassen sich schwer überreden mit dem Verkehr mitzuschwimmen, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich überhole Jonas in einer Lücke und fahre rechts ran, lasse die Hummel auf den Seitenständer fallen und schreie irgendetwas an die stehende Blechlawine. Was die wohl denken, wenn sie uns hier sehen?
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Jonas kommt hinzu, ich zünde mir eine Zigarette an und sage beiläufig „das ist nichts für meine Kupplung.“. Nach einer kleinen Abkühlpause reihen wir uns wieder ein und verlassen die Autobahn an der nächsten Tankstelle für einen warmen Tee. Hier herrscht reges Treiben, auch viele Biker die gegen das Wetter gekämpft haben. Nach Minuten des Schweigens, wir waren beide erschöpft und die Situation passte uns gar nicht, kamen 2 Harleyfahrer an die Tankstelle. Lederkleidung, große Maschinen, Schnee auf dem Soziaplatz und den Schultern. Aufmerksam sind wir erst auf die geworden als uns auffiel das die Maschinen die ganze Zeit liefen. Wir kommen ins Gespräch, beide zitternd mit einem Tee aus der Tankstelle in der Hand. Als ich unsere Richtung beschrieb meinten sie nur „bleib auf der Autobahn, da wird geräumt“.
„Geräumt?“ fragte ich mit großen Augen. Sie berichten uns von Schneefall weiter oben, Stau, Räumfahrzeuge und einer vollgestopften alten Brennerstraße,
Uns wird mulmig, eigentlich wollte ich vor Italien abfahren und auf der alten Brennerstraße weiterfahren, denn in Italien sind Krafträder unter 150ccm für die Autobahn gesperrt, doch nun haben wir eine Ausrede, es wird ja geräumt.
Wir fahren weiter, Jonas muss anschieben und zieht die Blicke auf sich. Nach 3km erreichen wir die Mautstation und holen unser Ticket. Der Regen hört auf, ich öffne mein Visier und genieße die eisige Luft, wir erreichen die Schneefallgrenze und werden von der Schönheit der Berge überfallen. Es ist alles weiß, man kann die Autobahn am Berg gegenüber sehen, mit jeder Kurve offenbart sich ein neuer Anblick, wenn man Strapazen hinter sich hat kommen einem solche Bilder wie eine Belohnung vor. Man muss sich belohnen denke ich mir, sonst hat man keine Motivation für die nächste Hürde. Deswegen fahren wir auf einen Rastplatz für LKWs und veranstalten eine kleine Schneeballschlacht, das glaubt uns sonst eh keiner.
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Es dauert keine 5 Minuten und wir bewegen uns weiter ehe wir festfrieren. Die Abfahrt nach dem Grenzübergang ist der beschriebene Stau, ohne erkenntlichen Grund steht der Verkehr. Wir fahren an kilometerlangen Autoschlangen auf dem Standstreifen vorbei und machen viel Strecke gut bis wir endlich am Ende der Brennerautobahn angekommen sind. Nach einer 30 Minütigen Irrfahrt auf einem beschrankten Parkplatz haben wir es aus der mautpflichtigen Autobahn heraus geschafft und setzen die Tour auf der Landstraße fort. Ich habe Jonas versprochen das wir baldigst tanken werden, doch unsere Route verläuft im Nirgendwo Richtung Süden.
Der Tag hat uns ziemlich mitgenommen, unsere Klamotten sind zu 1 bis 2/3 durchgeweicht und die Temperatur hat die 7°C nie überschritten. Die lang ersehnte Tankstelle ist gefunden, leider hatte sie geschlossen sodass das aufwärmen entfiel.
Hier lernen wir einen Tiroler kennen, welchen ich sogleich nach einem Hotel frage. Die Offenheit zahlt sich aus und über sein Handy durfte ich telefonisch eine Unterkunft reservieren unweit von hier entfernt.
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Der „Gasthof zum Goldenen Lamm“ sollte es werden, nach einem unkomplizierten Check in gab es nach einer langen heißen Dusche gegen 20 Uhr das wohlverdiente Abendbrot. 3 Gänge – Salat – Schnitzel – Apfelstrudel mit einem oder mehreren Glas Bier haben uns den Abend nochmal gerettet. Doch als ob wir nicht schon geschafft genug wären freundet sich Jonas mit 3 Tschechen an und verwickelt uns in einen alkohollastigen Abend mit dem Wirt und den 3 neuen Freunden...
280km klingen nicht sehr viel, waren aber äußerst mühselig und nach 9h Fahrzeit erreicht, die Alpen liegen fast hinter uns, morgen wird besseres Wetter prognostiziert, was uns sehr freut.
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