Es ist an der Zeit, ein Resümee zu schreiben. Das Resümee „25250km innerhalb 1 Jahr und 3 Monaten mit meinem Alltagskrad, der MZ TS 250 von 1973“.
Zur Vorgeschichte:
Es musste schleunigst ein neues sinnvolles Motorrad für den Alltag her. Nach 4 ½ Jahren / 75000 km auf einer 1996er MZ Skorpion 660 sowie 1 Jahr / 14400 km auf einer 1985er Honda XBR 500 kam es mir in den Sinn, zurück zu den Wurzeln zurückgelangen zu wollen: MZ im Zweitakt!
Am 15.Dezember 2007 holten mein Vater Mecki und ich die MZ ab. Über mobile.de wurde ich auf sie aufmerksam. Wir befreiten sie aus dem Umfeld einer Thüringschen Hühnerfarm. Zu DDR – Zeiten war sie übrigens bei der Feuerwehr in Auma / Thüringen beschäftigt. Daher erklärt sich ihr signalrotes Gewand, das etwas heller als das MZ – Originalrot erstrahlt.
Leider war es uns nicht möglich, auch die armen Hühner aus ihrer grausamen Gefangenanstalt zu befreien.
An dieser Stelle sei gesagt: Volk! Esse keine Eier von Hühnern, die unter diesen Bedingungen dahinvegetieren müssen und denen einzig und allein die Funktion
einer REFAisierten Eiergebär – Maschinerie inne wohnt.
Gleich am zweiten Tag folgte eine große Wartungsschrauberei und Einstellerei. Diese schnell erfolgten Maßnahmen an der TS waren auch von großer Notwendigkeit, war im Detail vieles verpfuscht, falsch eingestellt oder lieblos montiert.
Sogleich am selben Tage ging es mit ihr auf die Gass, hatte ich doch kein Alltagsmotorrad mehr, da mich die XBR einen Monat zuvor im Stich ließ und ich keine Lust darauf hatte, sie nochmals überteuert zu reparieren, japanische Teile sind unverschämt teuer und zeigte sie sich doch unpassend für meine Bedürfnisse. Für 300 Euro habe ich sie dann verkauft.
Seit diesem Tag wird die MZ TS 365 Tage im Jahr bewegt, egal was sich an Wetterkapriolen oder Temperaturen abzeichnet. Da sie mein modernstes Motorrad im Stall ist, soll sie nun den harten Alltag beschreiten, hierfür war sie auch von Beginn an gedacht. Was Moderneres kommt auf keinen Fall in Frage! Moderne Technik versagt definitiv!
So, zur Übersicht:
Gefahrene Kilometer bis jetzt: 25250 (laut Digitacho) / 25089 (laut MZ TS-Tacho).
Im Zeitraum: 15. Dezember 2007 – 15.März 2009 = in 1 Jahr und genau 3 Monaten.
Vorhaben: 500.000km in ca. 20 bis 25 Jahren.
Basis: MZ TS 250 von 1973. Mit der alten 32er Gabel, dem alten Kotflügel, Trommelbremse vorne. Voll authentisch ist sie, außer dem ETZ 250 / 300 – Motor. Er ist mit seiner starken Drehstromlichtmaschine und den 5 Gängen definitiv die bessere Wahl für den Alltag!
Winter:
Zwei komplette hat sie bisher hinter sich gebracht.
Schnee, Eis, Salzduschen, klirrende Kälte, alles machte sie klaglos und zuverlässig mit. Glücklicherweise konservierte ich sie vor dem 1.Winter gründlich mit Ballistol, das soll nicht so umweltschädlich sein, wie es zum Beispiel Motoröl oder Kettenspray sind.
Den zweiten Winter 2008/2009 machte sie ebenso klaglos mit. Leider wurde sie durch diesen stärker von Rost und Gammel gezeichnet. Wurde mehr Salz gestreut? Oder war die Konservierung mit Ballistol im ersten Jahr effektiver als die Konservierung mit Silikonöl im zweiten Jahr? Übrigens steht sie jeden Tag im Freien, egal bei welcher Temperatur und Wetter.
Temperaturen:
Im ersten Winter betrug die maximal negative Temperatur -10°C.
Im zweiten Winter betrug sie -15,5°C. Da waren es in der zweiten Januarwoche und zum Teil im Februar mehrere harte Tage, gesegnet mit Schnee und klirrender Kälte.
Nichtsdestotrotz erwachte sie jedes Mal sofort und unbeschwert zum Leben!
Stürze / Unfälle: Nur einer innerhalb 2 Winter. Top!
Im 1.Winter am 13.Januar 2008: Ein Sturz in Birkach nahe der Fildern bei -7°C. Alle Straßen waren salzgenässt, nur in dieser Ortschaft war es spiegelblank, da dieser auf einer Anhöhe thront und obendrein auch noch im Nebel lag. Fast wären wir auf eine parkende Benz A-Klasse gerutscht!
Sonst waren glücklicherweise keinerlei Vorkommnisse in dieser Rubrik zu verzeichnen.
MZ ist das Winter- (Frühjahrs-, Sommer-, Herbst-) Motorrad schlechthin!
Pannen? Eigentlich keiner Erwähnung wert.
1.April 2008 / km 4856: Morgens auf dem Weg zur Schule hatten wir einen Nagel im Hinterreifen zu beklagen. Montierhebel, Flickzeug und Luftpumpe waren schnell zur Hand. Ich setzte mich auf einen Steinbrocken am Straßenrand und behob das Malheur. Wir kamen zwar mit geschwärzten Händen um eine Stunde zu spät in den Geschichtsunterricht, aber mit einer modernen Maschine hätte ich das Problem sicherlich nicht vor Ort beheben können.
23.November 08 / km 19961: Es schneite und ich ließ sie wegen eines Gesprächs in der Stuttgarter City zu lange im Stand laufen Die Zündkerze fiel aus. Neue eingebaut.
Di., 13.Januar 2009 / km 21867: Ganz kurzer Totalausfall der Elektrik morgens auf dem Weg zur Schule. Es war nur ein „Wackler“ an einer Sicherung des Sicherungskasten.
Gewaltanschläge / Attentate:
Leider gab es auch so etwas.
Am 1.Januar 2009 fiel sie einem heimtückischen Attentat in der Stuttgarter City zum Opfer. Na dann mal auf ein gutes Neues, arme Emmi!

Am Morgen danach stand sie 300m von dem Ort entfernt, wo ich sie nachts um 2.15 Uhr abstellte. Demoliert waren:
-Blinker vorne rechts abgebrochen, Fussraste vorne links hochgebogen, Rücklichtglas zerbrochen, hinterer Kotflügel verbogen / geknickt, Handhebel rechts nach hinten verdreht.
Das hat sie nicht verdient! Wie können Menschen nur so böse mit solch einer charmanten Motorrad – Erscheinung umgehen?
Noch am selben Tag war das meiste wieder behoben.
Neuteile / Umbauten, die sich über den Lauf der Zeit ergaben (ohne Aufzählung von Wartungs - oder Abschmierarbeiten)
Dez.07 / Jan.08: Anbau von Originalgepäckträgern und Aluboxen beiderseits. Für kleine Ersatzteile, Werkzeug oder auch Einkäufe. Neues Zündkabel + Kerzenstecker + Benzinschlauch + Zündkerze montiert.
11.Jan.2008 / km 937: Ein nagelneuer BING-Vergaser.
12.März 08 / km 4079: Flachlenker für frühe TS angebaut (wie ETS).
14.April 08 / km 5455: Kompletter Kettensatz nebst Kettenschläuche montiert.
16.April 2008 / km 5476: Ein gebrauchter ETZ 250-Motor, da der 251er von vorne bis hinten verpfuscht war, das Getriebe machte letztendlich nicht mehr mit.
17.April 2008 / km 5592: Umbau auf kontaktlose Zündung (die mit der orangenen Vergussmasse).
24.April 08 / km 5887: Neue Gabelsimmerringe und neues Gabelöl. Stark undicht war sie gewesen & es war durch Vorbesitzer Motoraltöl eingefüllt worden!!
1.Mai 08 / km 6383: Neue Federbeine hinten (von der NVA mit Hülsen, schwarz umlackiert).
5.Mai 2008 / km 6570: Reifen vorne neu, Heidenau K31 3.00-16.
15.Mai 08 / 7285: Umbau auf einen Bilux – Scheinwerfereinsatz (vorher H4).
30.Juni 08 / km 11552: Auspufftopf sandgestrahlt, aluflammgespritzt und schwarz lackiert. Rostet nie mehr!
25.August 08 / km 14504: Reifen hinten neu, Heidenau K33 3.50-16.
13.Okt. 08 / km 17908: 1 neuer Kurbelwellen – Viton-Siri, unter dem Kupplungskorb, es war mehr Benzin als Getriebeöl im Getriebe! 1 neuer Ansaugschlauch.
21. Januar 09 / km 22239: Umbau auf DDR-Ochsenaugen, die vier Blinker wichen. Emmi wiegt nun 464 Gramm weniger und sieht etwas klassischer aus.
21.Februar 2009 / km 23465: Ein Großteil der Schrauben (vorerst ca.75%) wurde durch Edelstahlschrauben ausgetauscht, denn viele stachen mittlerweile in arg rostiger Manier unangenehmst ins Auge.
9.März 2009 / km 25007: Montage eines Edelstahlkrümmers! Rost ade!
Treffen:
-MZ-Treffen Sosa / Erzgebirge Mitte Mai 2008
-PUCH-Motorradtreffen in Morgarten am Ägerisee, Schweiz, 28.+29. Juni 2008.
-MZ-Treffen am Edersee, 5.+6.September 2008.
-Eisbärentreffen, 13.Dezember 2008, ca. 20km von Schorndorf / Welzheimer Wald
entfernt.
-BSA-Wintertreffen in Hassloch bei Speyer, 7. Februar 2009.
-Südwintertreffen in Gosbach auf der Alb im Garten von Eike, 14.Februar 2009.
Durchschnittsverbrauch 2008 (49 x vollgetankt in 2008):
3,738 Liter auf 100 Kilometer. Reichweite jedes Mal 440 – 480 km mit 17,5 Liter!
Vorausschau und was ist zu tun?
Klar ist, dass hin und wieder Teile entrostet und neu lackiert werden müssen, hier und da die Optik wieder aufgefrischt werden muss. Eine „Rolling Restoration“ eben.
*Ein 300er ETZ – Motor ist in Arbeit.
*Eventuell ein Gabelstabi für die 32er Gabel.
*Edelstahlspeichen im Sommer 09
*Die nächsten Reifen werden niederen Querschnitts sein.
Womit wir auch schon bei meinen Punkten angekommen sind, weshalb ich die TS so sehr schätze.
Die nicht von der Hand zu weisenden Vorzüge der TS 250:
*Sie ist überschaubar und einfach, mehr braucht es zu einem Motorrad nicht!
*Sie ist sehr günstig im Unterhalt. (Steuer 18,-Euro jährlich, Versicherung mit 30% Haftpflicht 35,-Euro jährlich).
*Sie ist sparsam. Nach wie vor genehmigt sie sich nur 3,2 Liter (weite Überlandstrecken, am Stück gefahren) bis 3,9 Liter auf 100km (Mix aus Stadtverkehr und Überland, Kurzstrecken).
*Reichweite mit 17,5 Liter – Tank: Auf jeden Fall immer 440 km, es waren gar schon 500 derer!!
*Verschleißteile wie Reifen, Kette oder Bremsbeläge sind supergünstig und halten um ein Etliches länger (verglichen mit Skorpion 660 & Honda XBR 500).
*Sie ist zuverlässig und springt super an bei Kälte. Es gibt keinen Anlasser, mit dem man die Batterie im Winter runternudeln kann.
*Sie lässt sich bei hohen Minusgraden ebenso leicht antreten wie auch im Sommer!
*Reparaturen sind einfach zu bewerkstelligen, Wartungsfreundlichkeit wird großgeschrieben.
*Auf Eis und Schnee verhält sie sich in höchstem Maße bravourös. Auf Schienen gleich bahnt sie sich ihren Weg.
*Sie kann flink und frech sein und sie macht mir einfach Spaß!
*Sie kann es mit modernen Motorrädern durchaus aufnehmen. Yeah! Ich bin immer wieder erfreut, wie spurtstark, agil und frech sie sein kann!
*Die Bowdenzüge frieren quasi nie ein!! Ich weiß nicht, weshalb die Skorpion und die XBR solche Probleme damit hatten. Obwohl ich sie alle gleich behandelte.
*Die Kette muss ca. nur alle 25.000 bis 30000km gespannt werden! Und ebenso sehr selten geschmiert werden. Dank der tollen Kettenschlauchkonstruktion. 1A!
Spezielle Vorzüge und Begebenheiten:
Da wäre natürlich auch noch die historische Komponente zu betrachten, die dieses Motorrad umgibt (DDR, Arbeiter – und Bauernstaat, Deutsch – Deutsche Teilung, Warschauer Pakt, Wiedervereinigung etc.). Das hatten Skorpion und XBR natürlich nicht zu bieten.
Und ein ausgesprochener Sympathieträger scheint sie auch zu sein: Zum Beispiel fielen mir schon Bauarbeiter auf, die fast von ihren Gerüsten purzelten, da sie meiner Emme hinterher schauten, oder Menschen, deren Augen sie ein Funkeln zu entlocken imstande war. Menschen, die das Einfache zu schätzen wissen oder mit ihrem Erscheinen Erinnerungen verknüpfen? Prädikat „sehr wertvoll“.
Die andere Seite: Menschen, die die Nase rümpfen oder sich auf blödem Niveau lustig über sie machen. Meist sind es Jungdynamiker oder „Biker“, die nicht wissen, was ursprüngliches, echtes und vor allem ehrliches Motorradfahren bedeutet. Sei´s drum, jedem das Seine. Das wissen wir ja zu Genüge.
Fazit:
Im Alltag nie mehr etwas anderes als MZ TS 250! Und das ohne Laptimer, Schaltblitz, radial verschraubten Bremssätteln oder Navi!
Vor ein paar Jahren dachte ich darüber nach, ein Motorrad nach meinen eigenen Maßstäben und Erfahrungen der letzten Jahre zu bauen. Würde ich heute so etwas wieder vorhaben wollen so würde ich garantiert bauen:
MZ TS 250, the unapproachable! Einfach – Robust – Zuverlässig.
Nächste Stichprobe bei Kilometer 50.000 und Kilometer 100.000.
Viele Grüße und macht es gut,
Dominik.