Am Samstag habe ich ja meine neuerworbene ES250/1 in Rochlitz abgeholt. Hier der Ablauf:
Bindlach, Gemein, 6:00 Uhr.
Der Wecker schellt. Müde schäle ich mich aus meinem Bett. Es verspricht, ein
herrlicher Tag zu werden. Waschen, Anziehen, Frühstücken. Und Rucksack und
POLO-Bag mit den Klamotten genommen (hab' ich schon Tag vorher gepackt) und
ab zum Zug.
Bindlach Bahnhof, 7:07 Uhr:
Der Zug rollt pünktlich ein. Ich entere den Zug und bin guter Laune. Aber
schon ca. 25 Minuten später weicht der guten Laune ein Bangen und Hoffen.
Denn aufgrund einer Verspätung kann unser Zug erst vier Minuten später in den
Bahnhof Neuenmarkt-Wirsberg einfahren. Aber ich hätte nur drei Minuten
Aufenthalt...
Neuenmarkt-Wirsberg, Bahnhof, 7:29 Uhr:
Ich steige aus. Sch.. denke ich, der Bahnsteig gegenüber, wo mein Anschlußzug
losfahren sollte, ist leer. Mit Ärger im Bauch frage ich den bereitstehenden
DB-Angestellten am Bahnsteig, was denn mit dem Zug nach Hof wäre.
Lakonisch: "Der kommt ca. 10 Minuten später". Uff. DER Anschluß ist
geschafft. Aber was ist in Hof Richtung Chemnitz? Dort hätte ich nur 8
Minuten Aufenthalt. Also fehlen wieder zwei... Das gleiche Problem hat auch
ein junges, attraktives Mädchen, das ab Hof nach Gera weiterwollte und nur
sechs Minuten Aufenthalt hätte. Gemeinsam gingen wir dann zur Zugbegleiterin,
um uns zu erkundigen. Nachdem sie unsere Karten und Ziele kontrollierte,
sagte Sie "Wir haben einen guten Lokführer. Der holt das wieder auf!" Nach
dieser Aussage legte sich unsere Nervosität nicht wirklich.
Hof/Saale, Hbf, 8:25:
Der Lokführer hat es tatsächlich geschafft, fünf Minuten aufzuholen. Auf ca.
40 km eine respektable Leistung. Trotzdem muß ich schnell sein, um meinen
Anschluß um 8:28 Uhr noch zu erreichen. Der Zug nach Chemnitz steht schon da.
Gut. Nix wie rein. Aber was ist das? Der Zug ist total überfüllt. Mit Mühe
finde ich noch einen Stehplatz im Gang neben zwei stinkenden, betrunkenen
Weltenbummlern. So fahre ich dann ca. 20 Minuten bis Plauen, wo dann eine
Menge Leute aussteigen. Dort ergatterte ich auch wieder einen Sitzplatz. Kaum
saß ich, war es mir klar, warum. Auch hier saß vor mir ein Betrunkener. Die
Bierflaschen rollten nur so unter den Sitzen umher. Fast hätte ich meinen
Rucksack auch noch in eine Bierlache gestellt. Der Typ stieg dann aber kurz
danach aus...
Der Rest ist angenehm verlaufen.
Geithain, 10:59:
Christoph, der Verkäufer, holt mich vom Bahnhof ab. Wir fahren gemeinsam nach
Rochlitz, wo mein neues Schätzchen steht. Während der Fahrt erfahre ich, daß
die ES wohl mehr oder weniger seit der Wende steht. Er hat sie von seinem
Großvater bekommen, 2007 durch den TÜV gebracht und seitdem nicht allzuviel
gefahren. Doch der KM-Stand von ca. 24.000 läßt hoffen.
Rochlitz-Biesern, 11:25:
So, das Nummernschild ist angeschraubt, meine Sachen angezogen, Auch die
Maschine ist bereit. Choke ziehen, Tupfen, Zündung an. Zwei beherzte Tritte
und sie läuft. Nun gehts erstmal ab zur Tankstelle.
Rochlitz, Esso-Tanke, Colditzer Str., 11:40:
Die Maschine ist vollgetankt, Der Reifendruck paßt, Das Unternehmen
Überführung kann beginnen. Ich plane, die B175 bis Glauchau zu nehmen, um
dann Zwickau über Crimmitschau und Werdau zu umfahren, bevor ich die B173
über Plauen bis Hof nehme. Dann gehts weiter über die B2 nach Bindlach.
Das klappt soweit auch ganz gut. Nur - wo ist in Glauchau die Ausschilderung
nach Crimmitschau? Die finde ich nicht, also wage ich mich auf die
autobahnähnlich ausgebaute Straße nach Mosel-Zwickau. Das wollte ich
eigentlich vermeiden. Bei der nächsten Ausfahrt raus und auf die Karte
gesehen. So falsch war ich eigentlich gar nicht, nur daß ich Zwickau nun in
südlicher Richtung statt in nördlicher umfahre. Denn die alte ES hat einen
Nachteil: Der Kupplungszug läßt sich sehr schwer betätigen, so daß mir bei
häufigem Stadtverkehr das linke Handgelenk zu schmerzen beginnt. Auch ist die
an sich recht bequeme Sitzbank doch schon recht durchgesessen, so daß mir
nach ca. dreieinhalb Stunden Fahrt über ca. 186 km doch so langsam die Puste
ausgeht.
Bindlach, Gemein, 15:15:
Ich komme an. Hurra! Die Maschine hat durchgehalten. Nun kann ich den
MZ-Werbeslogan "Maschinen für Männer, die fahren können!" nachvollziehen.
Gemessen an meiner ETZe und der Yamaha ist das Bewegen eines 43-jährigen
Oldtimers doch ein ungleich kräfte- und konzentrationszehrendes Fahren. Naja,
man ist selber ja auch mit 46 Jahren nicht mehr der Jüngste...
Spaß macht's aber trotzdem. Sogar meinen Kindern gefällt sie. Nur meine Frau
und meine Schwiegermutter erklären mich so langsam für verrückt. Aber damit
kann ich leben...
Gruß
Axel