Ich hab mal nichts zu tun, da hab ich mir gedacht, ich schreib mal eine bebilderte Abhandlung über die ES-Motoren der /0- und /1-Serie, große Hubräume. Denn es gibt mittlerweile verschiedene Threads dazu, und da ist es wohl besser, ich fasse das mal zusammen. Hoffentlich geht das Forum davon nicht zu Boden.

Man kann die Zugehörigkeit eines Motors eindeutig an der Motornummer festmachen.
Die 175er Motoren beginnen immer mit einer "4". Die 2. Zahl kennzeichnet, ob es eine /0 oder /1 ist, und zwar steht eine "0" an zweiter Stelle für einen /0-Block und eine "1" für einen /1-Block. Alle folgenden fünf Zahlen sind die fortlaufende Nummerierung. Wer also den Motor 4000001 hat, besitzt den ersten überhaupt gebauten 175er, bzw. mit 4100001 den ersten 175/1.
Die 250er Motoren beginnen immer mit einer "2". Die 2. Zahl kennzeichnet, ob es eine /0 oder /1 ist, und zwar steht eine "1" an zweiter Stelle für einen /0-Block und eine "2" für einen /1-Block.
Die 300er Motoren tragen immer die Nummernreihe 430xxxx.
Zum Verdeutlichen habe ich mal meine aktualisierte Nummernliste hier aufgeführt:
4000307

4001659

4024867

4111375

2100673

2103058

2105318

2106741

2108259

2108260

2122687

2134567

2146172

2155353

2219318

2234312

2255079

2266384

2275210

4300745

4305044

4305214

4306408

Es gibt übrigens keine Übereinstimmung Motornummer mit Rahmennummer bei der ES-Reihe. Das kann nur bei dem allerersten Exemplar der Fall gewesen sein. Ich besitze eine ES 175 von 1956 mit der Motornummer 4000307 und der Rahmennummer 3000345. Die Rahmennummer eilt selbst hier schon etwas voraus, obwohl diese ES sehr nahe am "Urknall" ist. Der Motor 2106741, den ich von Koponny bekommen habe, paßt daher zeitlich sehr gut in das Fahrgestell 1107095 von 1957, das hier noch rumsteht.
Es gibt auch andere optische Merkmale, an denen man die Motoren unterscheiden kann. Hier mal eine Auswahl:
Dieser Motor hat noch alle Details des Doppelport. Alte Kupplung mit weiter zur Motormitte liegendem Kupplungsseilzug, vorn abgerundeter Kupplungsdeckel, Öleinfüllschraube statt Gummistopfen und dem geschwungenen Kickstarter mit dem besonderen Anschlag am Gehäuse, noch ohne Lufteinlaß zur Lichtmaschinenkühlung rechts der Verrippung Kurbelraum.

Hier schon mit der neuen Kupplung, dem vorn eckigem Kupplungsdeckel und dem neuen Kickstarter, mit Lufteinlaß zur Lichtmaschinenkühlung rechts der Verrippung Kurbelraum.

Und hier mit stärkerer Verrippung des Kurbelraumes, obwohl es noch ein /0 ist. Wann die Verrippung verstärkt wurde, weiß ich nicht.

Der echte 250/1-Motor mit der Hülse am Kupplungsseilzug, damit dieser von außen gewechselt werden kann.

Ein weiteres Unterscheidungskriterium von /0 oder /1 ist das Vorhandensein von Ölkanälen links unter der Lichtmaschine. Hier ein /0-Block ohne Ölkanäle.

Und hier ein /1-Block mit Ölkanälen.

Die 300er Blöcke sind wie die 250/1 aufgebaut.
Man kann die Zylinder und Kolben innerhalb einer Hubraumklasse tauschen, das heißt, ein Zylinder der /0 paßt auf die /1 und umgekehrt. So kann man z.B. mit einem 250/1-Zylinder auf einem /0-Block 16PS statt der originalen 14PS erreichen (das muß in den Papieren eingetragen werden!). Theoretisch kann man auch einen 250er Zylinder auf einen 175er Motorblock setzen, aber dann schüttelts gewaltig, weil die 175er Kurbelwelle eine andere Auswuchtung hat. Die 300er Motoren bleiben unter sich. Dort hat die Kurbelwelle mehr Hub.
Außerdem passen alle Motoren in jedes Fahrgestell. Man kann also einen 250er oder 300er Motor in ein /0-Fahrgestell verpflanzen, um mehr Dampf zu haben (eintragungspflichtig!). Umgekehrt geht es auch: Man kann einen 250/0-Motor mit 14PS in ein /1-Fahrwerk setzen, hat dann aber natürlich nicht die 16PS, die eine echte 250/1 hat - also nicht sinnvoll.
Die Zylinder der /0- und /1-Reihe lassen sich folgendermaßen unterscheiden:
Die /1-Reihe hat rechts am Ansaugstutzen den Hubraum eingeprägt. Bei der /0-Reihe fehlt diese Prägung.

Die /1-Reihe hat einen größeren Ansaugquerschnitt.

Dazu müssen unbedingt die passenden Ansaugstutzen verwendet werden, sonst gibt das heftig Verwirbelungen im Ansaugbereich.

Auch die Flanschdichtungen und das schwarze Kunststoffteil zur thermischen Isolierung müssen passend zum Durchlaß sein.
Dazu gehören auch ganz bestimmte Vergaser:
175/0

175/1

250/0

250/1

300

Der Durchlaß ist am Ansaugtrichter des Vergasers eingeprägt.
Der 175er Zylinder hat ausgestellte Kühlrippen auf der rechten Seite.
Beim 250er Zylinder geht es dort glatt runter.
175er und 250er Zylinder haben immer 12 horizontale Kühlrippen, der 300er hat 14 Rippen.
Hier die legendären 14 Kühlrippen.

Die rechten Seitendeckel unterscheiden sich zwischen /0 und /1 ganz deutlich in der Optik. Die Bohrungen und die Kontur sind aber identisch, so daß sie untereinander austauschbar sind. Der /0-Deckel baut ca. 15mm höher, ohne daß das einen funktionellen Grund hat.
Oben /0, unten /1:
Interessant auch die Innenseite des /0-Deckels, hier von der Nr. 2106741. Da ist in Lichtmaschinenhöhe ein Ring angegossen, ohne technische Bedeutung. Außen zeichnet er sich nicht ab. Da kann man vermuten, daß ursprünglich an einen kleinen runden Deckel an dieser Stelle wie bei der RT 125 gedacht war.