Hier mal ein kleiner Bericht über einen Traum, den ich mir dieses Jahr erfüllt habe:
Nachdem ich meine ETZ 250 BJ 84 letztes Jahr an den Bodensee geholt habe und einige Optimierungen vorgenommen habe, nahm ich mir vor, endlich eine Alpentour zum Stilfser Joch zu machen. Während der Überführungsfahrt hatte Emma ihre Zuverlässigkeit bewiesen und so sollte das Entfernungs-technisch auch kein Problem darstellen. Der Motor wurde das letzte Mal im Jahr 1999 gemacht und hat bis jetzt ca 21000 km gelaufen, stand aber von 2001 bis 2016 mehr oder weniger in der Garage rum.
Am 05.09.18 war es dann endlich soweit, nachdem wir es mehrfach verschieben mussten fuhr ich endlich mit meinem Nachbarn (Honda VFR 800) zusammen Richtung Alpen los. Am Vorabend packte ich bereits die Maschine. Gefühlt habe ich nen ganzen Werkzeugkoffer im Tankrucksack mitgenommen: Panzertape, Kabelbinder, Dichtringe, Kabelschuhe, Schraubenzieher mit Bitsatz, Abisolierzange, Multitool, kompletter Nußkasten, Ringschlüsselsatz, Ersatzschrauben und Muttern. Dazu noch Warnweste und Verbandskissen wie man es halt im Ausland braucht. Aber die Magnete des Rucksacks konnten es grad noch sicher am Platz halten.
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Um 7:30 Uhr frühs ging es in Markdorf los. Nach 3 km merkte ich, dass ich zwar Werkzeug en masse mithatte, aber meine Fahrzeugpapiere vergessen hatte. Schnell umdrehen und weiter gings. Wir fuhren dann über Friedrichshafen, Lindau, Bregenz nach Dornbirn. Dort ist der Einstieg in den Bregenzer Wald. Über das Bödele sollte es dann zum Hochtannbergpass Richtung Warth gehen. Die ersten Serpentinen und Anstiege ließen schon erahnen wie der Tag so laufen würde. Die MZ fuhr trotz 21 PS munter draufzu. Klar war auch öfters der 2. Gang vonnöten, aber in der Regel reichte der 3. Gang gerade noch so. Da hatte es sich bewährt schon länger auf das 18er Ritzel gewechselt zu haben. Original war bei mir ein 19er drin gewesen. Die sauerstoffämere und dünnere Höhenluft war nicht ganz so spürbar wie erwartet, vielleicht ja ein positiver Nebeneffekt des K&N Luftfilters.
Bei der Abfahrt vom Bödele drückte die Blase deswegen wurde ein kleiner Zwischenstopp eingelegt. Wie sich herausstellte war das auch ganz gut so. Die MZ hatte eine ziemliche Ölinkontinenz! Ich habe ja den Öltank für die Getrenntschmierung montiert, damit ich kein Öl mit mir rumtragen muss. Der Schlauch von der Entlüftung endet oben beim Gleichrichter. Die Schwinge war voll Öl, aber Gott sei Dank war noch nichts auf den Reifen getropft. Durch die steilen Berge muss das Öl recht hoch in den Schlauch gelaufen sein. Und da der oben offen ist kam es da auch wieder raus. Da habe ich dann einfach eine von meinen Ersatzschrauben reingedreht. Allerdings schien der Schlauch an sich porös zu sein, da relativ weit unten die Stoffummantelung durchölt war. Da habe ich dann straff Panzertape umwickelt und das hat dann die ganze Fahrt gehalten.
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Weiter ging es Richtung Hochtannbergpass. Auf den geraden Strecken und leichten Steigungen kam ich mir nicht untermotorisiert vor. Die Kurven machten richtig Spaß, da immer genug Schwung vorhanden war. Mit der 125er im Allgäu hatte ich da in der Rohrachschlucht richtig geflucht, weil ich fast aufrecht die Kurven hoch mußte und auf Grund der geringen Geschwindigkeit keine Schräglage hatte. Natürlich darf man nicht alles schönreden…ich war trotzdem der langsamste am Berg und wurde permanent überholt. Langsamer waren nur die Radfahrer. Nicht schön fürs Ego aber das wars dann auch. So hatte ich wenigstens genug Zeit Kurven und Ausblicke zu genießen.
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Nach dem Hochtannbergpass ging es weiter nach Lech und dann die Galerie runter nach Sankt Anton. Die wurde vor nicht allzu langer Zeit neu geteert, deswegen lies es sich gut fahren. Das Sonnenvisier macht man trotzdem auf, da es ab und an Wechsel zwischen hell und dunkel gibt und man Probleme beim Sehen bekommt. Blöd, wenn man aufeinmal Richtung Wand fährt, weil man die Kurve nicht rechtzeitig erkannt hat. Unten in St. Anton sind wir erstmal auf ein Frühstück eingekehrt.
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Ein Prol in seinem Porsche schnauzte uns an, warum wir eine Parkbucht blockieren und war tatsächlich zu faul auf die andere Seite auf den Schotterparkplatz zu stehen. Naja Klischee erfüllt sag ich da nur. Von dem Horst haben wir uns aber nicht weiter ärgern lassen und sind weiter zum Reschenpass. Aber nicht ohne vorher das zollfreihe Gebiet zwischen Österreich und Schweiz zu besuchen. Echt zum Empfehlen, wir fuhren eine der besten Strecken auf der ganzen Tour und nur ganz wenig Verkehr. Es macht einfach Spaß, wenn man leicht geschwungene Kurven en masse hat und die Steigung einen nicht den 2. oder 1. Gang abnötigt. Oben angekommen haben wir bei der Shell für 1€ /l Super Benzin reingelassen. Mein Nachbar kaufte noch 2 Stangen Kippen und ich habe ein schönes sauscharfes Schweizer Brotzeitmesser für meine Frau mitgenommen.
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Dann zum Reschenpass. Den werden viele kennen, der Stausee mit der Kirchturmspitze, die aus dem Wasser ragt, ist doch sehr bekannt. So waren dann auch der Verkehr und der Touristenandrang recht groß. Wir haben nur kurz für ein paar Bilder angehalten und dann gleich weiter nach Italien runter. Das Stilfser Joch ist von dort aus nicht mehr ganz so weit.
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Wir waren dann gegen 15:30 Uhr am Fuße des Passes angekommen. Und dann fingen Sie an…die 360 Grad-Kehren…viele davon…verdammt viele, 48 Stück und das bis auf ca. 2760 Höhenmeter. Aber Emma zuckelte brav voran…leider nur immer vom ersten in den 2. Gang und ganz selten in den dritten. Meistens mußte man mitten in der Kehre runterschalten, weil einfach zu wenig Anzug für den 2. da war. Die Anzahl der Fahrradfahrer und Autos hielt sich dank der späten Stunde in Grenzen. So konnte mal flüssig die Steigungen bewältigen. Aber ich sage Euch eins, ich habe echt um mein Getriebe gebangt. Das war schon ganz schön Hardcore da hoch und gegen Ende erlahmt dann ziemlich die Kupplungshand und die Lust fängt sich erst wieder, wenn man die Spitze endlich erreicht hat. Als ich fast oben war, kam mir ein Trabi und ein alter DKW / Autounnion Bus entgegen. Demnach war ich wohl nicht der einzige Ost-Zweitakter an diesem Tag. Oben angekommen machten wir erst einmal obligatorische Siegesbilder und zogen uns eine Salsiccia aus Hirsch mit Sauerkraut und Zwiebeln im Brot. Voll lecker. Danach wanderten wir ein bissel umher und schauten uns um. Der obligatorische Aufkleber für den Seitenkoffer (der blieb zu Hause, ich hatte nur Tankrucksack dabei), wurde natürlich auch erworben. Die BMW-Dichte da oben ist enorm.
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Nachdem wir uns ein Bisschen erholt hatten wurde es so langsam Zeit die Heimreise anzutreten. Das Navi sagte schon jetzt 22 Uhr Ankunftszeit. Wir fuhren auf der anderen Seite über den Umbrailpass wieder runter. Diese Strecke hat in den vergangenen Jahren ihren Schrecken verloren. Früher war es brutal schlechter Asphalt mit Schotterstrecken zwischendrin. Alleine 2 Arbeitskollegen hatte es in der Vergangenheit auf der Strecke schon gelegt gehabt mit bösen Folgen für Mensch und Maschine. Aber bei uns war es, wie wenn die Heinzelmännchen jeden Tag zu gang sind. Keine Steine und nix auf der Strecke, super Asphalt. Ich war bergab so schnell, das ich gut an der Honda dranbleiben konnte. Ich habe sogar bei einem Patzer meines Nachbarn auf der „inneren Kampflinie“ in der Kurve überholen können. Das hat richtig Laune gemacht. Die Bremsen haben natürlich richtig gestunken als wir im Tal ankamen.
Rückzu fuhren wir dann über den Ofenpass über die Schweiz und Lichtenstein wieder nach Bregenz und dann nach Hause.
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In der Schweiz fuhren wir mitten durch eine Kaserne bzw. Übungsgelände, das ist bei denen kein Thema. Auch sahen wir öfters Leute mit langen Gewehren am Straßenrand umherlaufen. Die Straßen waren über sehr lange Strecken eben und gerade und führten gefühlt ewig durch irgendwelche Käffer, so dass uns sehr schnell die Hintern weh taten. Das war dann nicht so prickelnd. Das nächste Mal fahren wir anders zurück, ganz sicher. Auch wenn Lichtenstein ganz interessant war, mit ihren geleckten Städten und glitzernden Kreiseln. Nur Menschen sah man da nicht viele draußen sitzen. Das war dann in Österreich anders, da ist das Nachtleben definitiv aktiver.
In Dornbirn tankten wir nochmals an der Jet für 1,27€ / l. Um 22:20 waren wir wieder zu Hause und waren froh nach 574km Gesamtstrecke final absteigen zu können. Der Erfolg wurde nochmal mit einem Bier begossen und dann gings ab in die Heia.
Die MZ stand bis jetzt unbewegt im Carport. Wenn man an einem Tag so eine Gewalttour runterreißt fehlt einem einfach die Lust zeitnah wieder aufs Moppi zu steigen. Die nächsten Tage plagten mich dann auch kribbelnde Fingerspitzen…echt eklig. Die MZ hatte einen Durschnittsverbrauch von 4,9 l/100 km. Erstaunlich, weil ich sie ganz schön gescheucht und gequält habe. Die Kerzenfarbe war einen Tick zu hell. Ich hatte gelesen gehabt, das man für die Berge eine Düsennummer kleiner reinmacht, also bei mir von 124 auf 123 (Bing). Das kann ich so nicht bestätigen. Die 124er wäre mir lieber gewesen. Aber geklingelt oder festgegangen ist sie nicht, also alles noch im grünen Bereich.
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Fazit: Hohe Berge und viele Kurven vertragen sich auch mit einer alten 250er ganz gut. Das machen wir auf jeden Fall wieder! Ich werde dann nur ein bissel aufrüsten auf einen 300er, vielleicht erspare ich mir dann beim nächsten Mal das ewige in den 1. Gang geschalte am Stilfser Joch.
Wir könnten da oben mal ein Treffen machen und die Bergspitze in blauen Rauch hüllen!!!
Viele Grüße
Thoran
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