von hiha » 12. Oktober 2020 10:03
Ja, gut, ich revidiere und bleib mal hier. Ich weiß halt, was ich mal mühsam gelernt und jahrelang praktiziert hab, und ich will das ungern rechtfertigen, zumal mans damals ja auch in sämtlichen Lehrbüchern nachlesen konnte. Warum muss das plötzlich in Frage gestellt werden. Egal, ich schreib mal was ich halt so weiß.
Härtepresse oder Quette kenn ich als Abschreckverfahren unter einer gekühlten Formpresse, um beim Abschrecken Verzug zu vermeiden. Das brauchts bei verzugsgefährdeten Teilen wie z.B. Schaltgabeln, und vielleicht Getrieberädern mit filigranen Fenstern. Das Bauteil muss aber zuvor an den betreffenden Stellen eingesetzt (aufgekohlt) werden, wozu man es wiederum verkupfern muss.
Die Theorie vom kutt mit der Cu-P-Fe Schicht hat irgendwie damit nix zu tun, denn selbst wenn Cu in den Stahl reindiffundiert, wird er dadurch noch lang nicht härtbar. Das Kupfer ist wirklich zur zum Abdecken da, manche Viertaktpleuelhersteller verkupfern zusätzlich das obere Pleuelauge innen mit um eine bessere Gleitschicht für den Kolbenbolzen zu erhalten. Dass Kupfer in die Oberfläche eindiffundiert mag sein, aber es hat keine Auswirkung aufs Gefüge.
Der Literatur nach eignet sich Verkupfern als Abdeckmethode nur für Gas- und Kastenaufkohlung, es ist auch ein Verfahren das u.A. auch im Apfelbeck zur Herstellung einsatzgehärteter Teile beschrieben wird. Pleuel werden dann im Doppelhärtungsverfahren gehärtet, wodurch die Wälzlagerflächen die optimale Härte, und der Pleuelschaft die optimale Zähigkeit/Zugfestigkeit erhalten.
Temperaturen am Nadelkäfig unten: Alukäfige haben erhebliche Gewichtsvorteile, dem gegenüber steht der niedrige Erweichungspunkt. Diese Nadellager leben von Frischgaskühlung und Schmierung, aber ganz besonders von der präzisen Fertigung. Die Nadelfenster müssen pingelig genau achsparallel zur Bohrung stehen. Schieflaufende Nadeln laufen seitlich raus und erhitzen den Käfig. Ab 150° wird übrigens nicht erst das Alu weicher, auch die gehärtete Wälzlagerfläche fängt ab da an, Härte zu verlieren. Heutige Stahlkäfige sind meist verkupfert oder sogar versilbert, was möglicherweise auch mit Wärmeableitung zu tun hat, vor Allem aber mit Ölanhaftung und der Bildung von Triboschichten. Der Lagerkäfig wird von der immensen Fliehkraft ins Pleuelauge gepresst und rumgewirbelt, dabei soll er natürlich möglichst wenig gebremst werden weil sonst die Nadeln rutschen. Wenn man sich das genauer durchdenkt, wundert man sich eh warum das so gut funktioniert.
Zu Cristof: Man spart die WÄLZlagerstellen beim Verkupfern natürlich aus, weil ein Wälzlager auf Kupfer einfach nicht läuft. Ausserdem will man sie ja aufkohlen, was das Kupfer ja verhindert. Dass Kupfer die Wärmeabstrahlung (nicht konvektion, die findet in mehr oder weniger stehenden Flüssigkeiten und Gasen statt) durch Kupfer verbessert wird, ist höchstens eine Vermutung, und findet wenn dann im kaum messbaren Bereich statt. Im Kurbelgehäuse tobt ein Rumgewirble, da geht eine eventuelle Abstrahlung im Rauschen unter. Dass im verlinkten Dokument das verkleinerte Axialspiel direkt mit der Verkupferung zu tun hat, kann ich mir nur erklären, wenn die Seitenflächen des Pleuelfußes mit verkupfert wurden. Da müsste man sich dieses Pleuel mal anschauen.
Die Kupferschicht kriegt deshalb keine sichtbaren Spuren ab, weil man da peinlichst drauf achten muss. Hat die Kupferschicht eine minimale Beschädigung, diffundiert an der Stelle Kohlenstoff ins Gefüge, die Stelle wird eine Härtespannung bekommen, und davon wird mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Rissbildung stattfinden. Man verkupfert deshalb kritische Teile oft mehrfach mit Zwischenpolieren.
So, genug geschwafelt, schönen Tag wünsch ich.
Hans
Fuhrpark: Viel zu viele verschiedene Mopeds...