Der Motor (hier EM250) hat einen spezifischen Kraftstoffverbrauch. Warum "spezifisch"? Spezifisch bedeutet "bezogen auf" Leistungsabgabe und Drehzahl. Das muss auch so sein, denn der Motor hört am Kurbelwellenstumpf auf! Alles was danach kommt, ist Primärantrieb, Getriebe und Sekundärantrieb. Das hat nichts mehr mit der Leistungserzeugung zu tun. Das ist nur noch Kraftumwandlung!
Diesen spezifischen Verbrauch findet man in der Vollastkennlinie (siehe Reparaturanleitung) des Motors und wird angegeben in Gramm pro Kilowattstunde. Masse des Kraftstoffs um 1 Kilowatt eine Stunde lang abzugeben. Um die Masse Kraftstoff vernünftig zu verbrennen wird eine bestimmte Masse Luft benötigt. (Vergaserangelegenheit) Und um die Schmierung des Motors sicherzustellen wird ein gewisser Anteil Schmierstoff (=Öl) benötigt, nämlich ein fünfzigstel (1/50) der Masse des Kraftstoffs. Warum das so ist, später!
Die Kraftumwandlung interessiert den Motor nicht mehr. Genau so interessiert es den Motor nicht, in welches Fahrzeug er eingebaut wird. Der Motor hat immernoch seinen spezifischen Verbrauch (in g/kWh). Anders ein Fahrzeug: das ist das Gesamtbild aus Motor, Antriebsstrang und Radumfang. Erst jetzt lässt sich für diesen Motor in diesem Fahrzeug mit dieser Gesamtübersetzung ein Kraftstoffverbrauch in Liter pro 100km (l/100km) angeben.
Uns geht es jetzt um den Ölbedarf. Das Fahrzeug brauch kein Öl, sondern der Motor braucht das Öl!! Das ist eine Tatsache, die hoffentlich keiner in Frage stellen wird. Deswegen wird ab jetzt die Verbrauchsangabe in l/100km komplett für diesen Fred aus den Vokabular gestrichen, denn ab jetzt interessiert nur noch der spezifische Verbrauch in g/kWh. Es geht ja nur um den Motor und der weiß ja nicht, in welchem Gesamtfahrzeug er hängt. Aber er musst trotzdem seine Aufgabe (Nennleistung erbringen) zuverlässig nachkommen!
Wenn man sich die Einheit der spez. Leistung mal auf der Zunge zergehen lässt, merkt man, das der Kraftstoffbedarf des Motors abhängig ist von dessen Leistungsabgabe. Und die Leistungsabgabe des Motor sollte gleich dem Leistungsbedarf des Fahrzeugs sein. Und der setzt sich u.a. aus der gewünschten Geschwindigkeit und den Fahrwiderständen (Luft, Reibung, Straße, Wind, etc.) zusammen.
Am Beispiel der ETZ150 mit 10,5kW sieht man die Kurven im Reparatuhandbuch für die ETZ125, 150 und 251 (Ausgabe 1.7.89) auf Seite 16. Bild 4 und 6.
Ich möchte also bei gegebenen Fahrwiderstand (Steigung, Rollwiderstand, Luftwiderstand, Wind) 80km/h im 5. Gang fahren. Aktuelle Motordehrzahl etwa 4700Upm (siehe Bild 6). Damit gehe ich jetzt im Bild 4 und lese meinen aktuellen Leistungsbedarf von ca. 6,5kW ab. Bei 6,5kW Leistungsabgabe benötigt der Motor etwa 550g/kWh Kraftstoff (auch Bild 4).
Ich möchte beschleunigen. Und zwar kräftig. Also runterschalten und aufziehen. Im 4. Gang bei 80km/h dreht der Motor mit ca. 5600Upm und stellt eine Leistung von 8,5kW zur Verfügung. Bei 8,5kW Leistungsabgabe benötigt der Motor etwa 450g/kWh Kraftstoff.
Das Absinken der Kurves des spez. Verbrauchs lässt sich damit begründen, das in diesem Bereich die Gaswechselprozesse am effektivsten ablaufen (Spülung, Resonanz, etc.). Praktisch bedeutet das, das der Motor EM150, 10,5kW bei etwa 6500Upm am wenigsten spez. Kraftstoffverbrauch hat und bei dieser Drehzahl folglich am wenigsten Öl geliefert bekommt.
Thema Schmierung:
Da gibt es eine Wissenschaft dazu. Tribologie - die Lehre von Reibung, Schmierung und Verschleiß. Wenn man das in Frage stellen will, was die Jungs machen, muss man ganz schön was auf dem Kasten haben. Aber ein bischen was ist vom Studium noch hängen gebleiben.
Warum überhaupt Schmierung beim Motor? Um Reibung und Verschleiß zu mindern! Das erfolgt, indem sich ein Schmierfilm (=Schmierkeil) zwischen die Reibungspartner legt und somit Festkörperreibung weitestgehend verhindert. Stahl auf Stahl aufeinender gerieben quietscht. Tropfen Öl dazwischen, quietscht nicht mehr und geht leicht. Es hat sich nämlich ein Schmierkeil zwischen den beiden Stahlteilen gebildet. Nun erhöhen wir den Druck auf einen Reibpartner. Der Schmierkeil bricht zusammen (weil die Menge des Öls nicht ausgreicht hat), es quietscht wieder und wir haben wieder Festkörperreibung mit dem Effekt einer feinen Feile. Es kommt also wirklich auf die Menge des zugeführten Öls an! Was passiert, wenn der Schmierfilm in einem Motor zusammenbricht, weil die Last auf den Kurbeltrieb infolge höherer Leistungsabgabe zusammenbricht, kann sich jetzt jeder denken, oder?
Die Tribologen beschäftigen sich also den ganzen Tag mit der Frage "Wieviel Schmierstoff brauch ich wirklich?" Und da gibts nur "zuviel" oder "zuwenig". Die selbe Frage haben sich damal sie Jungs bei MZ auch gestellt. Wieviel Öl muss rein, damit (hier bei der ETZ150 10,5kW) bei 6500Upm der Schmierfilm nicht versagt? Offensichtlich war das bei einen Ölanteil von 1/50stel im Kraftstoff sichergestellt. Vielleich hätte auch 1/60stel gereicht, aber welche Tankstelle hätte das verkaufen sollen?
Ich hoffe, damit wird verständlich, das der Ölbedarf nicht konstant ist, sondern immer abhängig von Last und Reibgeschwindigkeit ist. Deshalb muss die Ölzuführung für den "worst case" ausgelegt werden, also dem Fall, an dem (technisch/prozessbedingt) am wenigsten Öl zugeführt werden kann und die höchsten Belastungen auftreten.
Okay, die Mineralölindustrie stand die letzten 20 Jahre nicht still. Die Schmierstoffe von heute mögen leistungsfähiger geworden sein. Aber eigenmächtig den Ölanteil herabzusetzen würde ich mir nicht getrauen. Da könnte man heute einige Tribologen damit beschäftigen, dieses "zuviel" an Öl auf ein betriebssicheres Minimum zu reduzieren.
Und bis das geklärt ist, lebe ich damit, das mein Bock untenrum mehr Öl verbraucht als notwendig, dafür aber im Resonanzbereich 100% (naja 99,8%
