trabimotorrad hat geschrieben:Das, mit dem 10Prozent-Ladestrom, das habe ich auch mal gelernt, aber dann müßte ein 9AH Gel-Akku mit 0,9A geladen werden - so ein kleines Ladegerät habe ich nicht.
Diese historische Laderegeln sind Teil eines Widerspruchs, den ich bis heute, trotz intensiver Bemühungen, nicht auflösen konnte,
dem aber der Großteil der Bleibatterie-Nutzer willig und fromm folgt.
Was passiert Schlimmes, wenn mit 0,2 oder 0,5 oder gar mit 3C geladen wird? Genau das passiert nämlich im Fahrzeug durchaus, dort
interessiert es aber offensichtlich keinen. Es gibt meines Wissens kein nachvollziehbares Kriterium, warum gerade 0,1C seit mehr
als einem halben Jahrhundert propagiert wird. Jedoch, auch wenn diese Vorgabe heftig anzuzweifeln ist, behält sie natürlich dann ihre Berechtigung,
wenn der Hersteller diese Vorgabe macht und eine Verletzung derselben einen Garantieanspruch in Frage stellen könnte. Aber das hat
mit physikalisch-chemischer Sinnhaftigkeit nichts zu tun.
Alle diese penibel eingehaltenen Regeln sind nämlich für das Laden außerhalb des Fahrzeuges gemacht. Was ist aber
IM Fahrzeug los.
Da zieht keiner die Stöpsel, damit die Gase entweichen, da überwacht niemand, ob es ordentlich blubbert, da zieht keiner den Stecker,
wenn die vorausberechnete Zeit um ist, da achtet keiner drauf, dass 0,1C als Ladestrom nicht überschritten wird.
Aber es ist ein und derselbe Bleiakku, den wir betreiben ... !
Ich hatte es schon mal an anderer Stelle geschrieben: Diese Regeln, die vor 50 oder mehr Jahren für Bleibatterien durchaus sinnvoll
aufgestellt wurden, müssen heute auf jeden Fall neu durchdacht und im Bedarfsfall angepasst werden. Der Einsatz von klassischen
Blei-Flüssigkeitsbatterien geht z.B. zunehmend zurück. Die wurden tatsächlich geladen, bis es blubberte, man konnte Wasser nachgießen,
wenn es weniger wurde und alle haben sich gefreut, wenn der Regler so hoch eingestellt war, dass das Licht schön hell und die Batterie
ordentlich Schwefelsäure abgehustet hat, dass es die Umgebung am Batteriefach oder am Motorradrahmen zerfressen hat.
Was hat die Zeit gebracht? Es ist vor allem die Präzision der elektronischen Spannungs-Regelung und die mit elektromechanischen Reglern
niemals erreichbare Konstanz. Wir sind heute nicht mehr gezwungen, die Batterie zu ÜBERLADEN damit sie GELADEN ist. Wir können
eine der Lebensdauer der Batterie zuträgliche, optimale Ladespannung vorgeben, die auch nicht im Sommer/Winter und auch nicht bei
Licht/kein Licht große Sprünge macht. Wir können auch den vor 1990 niemals beachteten Temperaturgang von Bleibatterien berücksichtigen,
der ihnen eine weitere Verlängerung ihrer Lebensdauer beschert. Die heutige hohe Messauflösung moderner Digitalmultimeter gestattet es,
selbst die alten elektromechanischen Regler präziser einzustellen, als es vor 30 Jahren möglich war, was einen Fortschritt in die richtige
Richtung bedeutet, auch wenn ein optimales Regelregime mit ihnen ausgeschlossen ist.
Die Laderegeln "nach Zeit" können wir heute getrost über Bord werfen. Sie orientierten sich an der NENN-Batteriekapazität und nicht an
der VERBLIEBENEN Batteriekapazität, die sowieso keiner genau kennt.
Eine heute vernünftige, allgemeine Laderegel ist genau dieselbe, wie im Fahrzeug:
Konstante optimale Ladespannung (abhängig von Zellenzahl und Temperatur) und Ladeende, wenn der Ladestrom bei der optimalen
Ladespannung auf 1/50 C zurückgegangen ist. (Im Fahrzeug gibt es kein Ladeende, jedoch schadet ein dauerhafter Strom von <1/50C
der Batterie nicht).
Moderne Ladegeräte, auch mit µP gesteuert, orientieren sich an dieser Regel. Die Realisierungen dieses Grundprinzips können durchaus sehr
unterschiedlich sein, bis hin zum Impuls-Laden mit zwischengeschalteten Pausen. Niemals wird aber die äquivalente Gasungsspannung erreicht.
Fazit: Blubbern ist out.
Gruß
Lothar
PS:
Im übrigen gibt es nur wenige Gründe, die Batterie nachladen zu müssen,
häufiges Nachladen ist in der Regel ein Zeichen dafür, dass die Batterie hinüber ist ...
MZ500R/92, ETZ150/88, ES175-2/72, ES150-1/70, ES150/65, ES150/63, RT125-0/52