Kurz zu mir: Werde langsam alt (gehe auf die 30 zu

Schließlich hab ich jetzt schon viermal den Polarkreis in einem Youngtimer überquert, das ist keine Herausforderung mehr. Es war klar, daß jetzt eskaliert werden muß.

Ich bin zwar handwerklich nicht wirklich begabt, aber stumpfsinnig genug und mit ausreichend technischem Verständnis gesegnet, daß ich bei meinen bisherigen fahrbaren Untersätzen einfache Wartungstätigkeiten wie Filter wechseln, Zündung und Ventile einstellen, Kopfdichtung wechseln und Turboladertauschen regelmäßig selber gemacht habe.
Leider habe ich hier keine Garage (die Schätzchen stehen alle 70km entfernt), aber ich hätte die Möglichkeit, zur Not nach Feierabend in einer Halle meines Arbeitgebers Kleinigkeiten zu erledigen.
Meine bisherige motorisierte Karriere umfaßt: 1984er Saab 900 turbo 16S (vulgo "aero" - das erklärt auch den Nick, denn in der guten alten Zeit, als das Internet noch aus Holz war, war es guter Brauch, den Nickname im Forum so zu wählen, daß ein Bezug zum Fahrzeug da war), 1983er 900 Turbo de Luxe, 1984er turbo 8V sedan (der "Schlampenschlepper": babyblaumetallic, bordeauxrotes Leder, rosa Plüsch, hochglanzpolierte Ronal Turbo-Felgen) sowie zwei Saab 90. Dann noch zwei Mercedes w123, einen 200d und einen 300d automatik.
Mein derzeitiger Fuhrpark beschränkt sich auf einen 900 turbo 16 (Bj 85) und einen 560 SEL.
Damit ist auch klar, daß ein Zweirad möglichst geldbeutelfreundlich sein muß - die beiden Autos haben ein ausgeprägtes Talent, sich dem Eigner immer wieder kostenintensiv ins Gedächtnis zu bringen.

Also, ein Zweirad. Damit die Reisen zum Ende der Welt etwas spannender werden. Kann ruhig unvernünftig sein, aber bitte so, daß man es noch irgendwie in den Griff bekommen kann.
Eigentlich wollte ich mir ja einen Russenboxer kaufen. Laut Internet seien die Dinger völlig unzurechnungsfähig verarbeitet, das Material grottenschlecht und die Dinger niemals wirklich ganz - aber auch niemals ganz kaputt.
Klang lustig. Außerdem sollte mir der völlige Mangel an Leistung auch helfen, intakt und unter Behalt der eigenen noch nicht zur Spende vorgesehenen Niere durch das erste Jahr zu kommen.
Also habe ich im Sommer dann mit dem Erwerb einer Fahrerlaubnis Klasse A begonnen. Es ging, auch aufgrund der Arbeitsbelastung, nur äußerst zögerlich vorran - wenn man um 22 Uhr nach Hause kommt hat der Fahrlehrer meistens keinen Bock auf Grundfahraufgaben. Irgendwie ja auch verständlich.
So ganz nebenbei wurde mir dann aber auch klar, daß das Projekt Russenboxer nicht ganz billig würde. Entweder direkt einen deutlich vierstelligen Betrag ausgeben, oder über die nächsten Monate verteilt, während man das Ding überhaupt wieder rollfähig macht. Das hätte aber zur Folge gehabt, daß ich nach bestandener Prüfung erstmal nichts zum Fahren gehabt hätte...
Und aus meiner Sicht als Autofahrer bin ich der Meinung, daß nichts wichtiger ist als so schnell wie möglich so viel Fahrpraxis zu sammeln wie es nur irgend geht. Es mußte also eine Alternative gefunden werden.
Die Kriterien auch hier:
- billig
- zuverlässig
- simpel
- möglichst altmodisch
und:
- schotterpistentauglich (meine Eltern suchen sich gerade ein Haus ein Schweden. Das letzte, was sie sich angeschaut haben, war auf Asphalt nicht mehr zu erreichen...)
Das engte die Möglichkeiten schonmal drastisch ein.
Zu dieser Zeit schleppte ein Kamerad seine ETZ 251 an, die er seitdem täglich nutzt, um in Wind und Wetter zum Dienst und zurück zu fahren. Das brachte mich auf eine Idee. ich fing an zu recherchieren, beobachtete ebay...
... und fand mich eine Woche später mit einem Auto, daß nicht mir gehörte, und einem fremden Anhänger auf der A2 nach Osten zuckelnd wieder.
8 Stunden später war ich dann stolzer Eigner dieser Schönheit:


ETZ 250, Bj 86, 36.000km, 555€ (plus Fahrkosten.)
Bei der Abholung fragte der sichtlich geknickte Verkäufer: "Sagt mal, habt ihr ne Plane dabei? Die hat noch nie Regen gesehen..." Verkaufte sie, weil er sich eine 1000er holen wollte. Seine Frau war gut gelaunt und offensichtlich froh, daß das Fahrmöbel aus der Garage verschwand.
Ich hab das Geld auf die Werkbank gelegt, da blieb es auch liegen, als wir mit der Maschine nach draußen gingen. Er hat es nicht angerührt. Drehte dann mit der Emme noch einmal eine letzte Runde über den Hof, bevor wir sie verzurrt haben. Während ich die Spanngurte aus dem Zugfahrzeug holte, fragte er mit brechender Stimme "Ihr reißt die jetzt aber nicht auseinander, oder?" Als wir vom Hof fuhren schaute er uns nicht hinterher.
Ich glaube, man hätte auch einen schlechteren Fang machen können.

Zwei Wochen später hat sie übrigens ohne irgendwelche Umstände TÜV bekommen.
Gefahren bin ich sie allerdings noch keinen Meter.
Derzeit warte ich auf besseres Wetter. Unmittelbar nach dem Kauf hat mich eine Lungenentzündung umgehauen, und zeitgleich zur Genesung setzte der Winter ein. Mein Lappen ist also immer noch "work in progress".
Bei dem ganzen Eis und Schnee auf den Eifelstraßen sieht es derzeit auch nicht so aus, daß sich in den nächsten Tagen etwas daran ändert.
Derzeit bleibt mir also nichts anderes, als auf den Frühlingseinbruch zu warten - und die Zeit bis dahin will ich nutzen, mir die wichtigsten Teile schon mal auf Seite zu legen.
Denn eines habe ich bei den Saabs gelernt: es geht immer genau das Teil kaputt, was Du nicht in Reserve hast.oder andersrum: was Du greifbar hast, bleibt heile.
Und falls nicht, ist es dann jedenfalls nicht mehr so schlimm.
Ich freue mich jedenfalls auf den Sommer und auf meine ersten Kilometer mit der schönen Kommunistin.
Mal sehen, o es mich mit ihr hinverschlägt...