Ligurische Grenzkammstrasse die 2.
1. Tag
Nachdem wir um ca. 10 Uhr vom Allgäutreffen in Kempten losgefahren sind, kamen wir ohne Stau und sonstige Unnannehmlichkeiten gegen 17 Uhr in Pieve di Teco an und bezogen unser gemietetes kleines Haus.
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Da wir ja nur zu zweit sind, haben wir übermäßig viel Platz und ich musste mein Bett nicht mit Thomas teilen
Thomas zeigte auch noch seine tollen Kochkünste zum Abendessen und kredenzte Schinkennudeln mit Ei.
Als ich abends nochmal zum etwa 100 m entfernt geparkten Auto ging, fühlte ich mich wie Captain Kirk und seine Kollegen, die ja im Weltall umhersausen um fremde Welten zu entdecken, unbekannte Lebensformen und neue Zivilisationen.
Ich entdeckte eine Population von Glühwürmchen, die im Intervall blinkten wie kleine fliegende LEDs. Sowas kannte ich noch nicht.
Also unbekannte Lebensform...Wenigstens für mich...
Als ich Thomas von meiner Entdeckung erzählte kommentierte er diese mit der absolut wissenschaftlichen Meinung, dass es für die menschlichen Männer doch viel einfacher wäre wenn der Hintern der weiblichen Artgenossinnen, die "poppen" wollen, auch rot blinken würde.
Ist nicht von der Hand zu weisen, das würde vieles im Leben einfacher machen.
2. TAG
nach dem Frühstück brachen wir so ca. 9 Uhr auf.
Der erste Weg führte uns nach Monesi di Triora. Dort waren wir bereits letztes Jahr auf dem Weg zur Südstraße der ligurischen Grenzkammstrasse.
Damals war die Strecke sehr schwer zu passieren, da es dort vor einiger Zeit einen Erdrutsch gab und die Straße unpassierbar war.
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Wir fuhren damals etwas durch das angrenzende Gelände um an dieser Stelle vorbeizukommen.
Dieses Mal war aber alles abgesperrt. Mit Zäunen und Betonklötzen.
Wir wollten trotzdem durch und haben die MZ von Thomas über Steine, Bäume und Geröll mit viel Muskelkraft gehievt, nur um festzustellen, dass auf der anderen Seite des Hindernisses der Weg mit Betonklötzen und Drahtzaun versperrt war.
Also Kommando zurück.
Übrigens war die zerstörte Straße noch genau in dem selben Zustand wir vor 1 Jahr.
Der geneigte, vorurteilsfreie deutsche Durchschnittsleser mag nun im Gedanken vor sich hinmurmeln: Ja ja , typisch Italiener...Immer Amore mit bella Ragazza auf der Matratza, aber nix arbeiten.
Das gäbe es bei uns nicht....
Das ist aber nur die halbe Wahrheit.
Das komplette Dorf wurde evakuiert, weil wohl die Gefahr von weiteren Erdrutschen besteht.
Monesi ist eine Geisterstadt wie Pripyat bei Tschernobyl. Nur aus anderen Gründen.
Trotzdem ein mulmiges Gefühl durch solche Straßen zu fahren, wie in einem Gruselfilm. Extrem steile Hinterhofwege um auf die andere Seite des Dorfes zu gelangen.
Also Route geändert und über eine andere Straße den Weg zum Gipfel gesucht.
Aber auch da war die Straße nach ca. 3-4 Kilometer auf eine Länge von ca. 15 Metern weggespült.
Aber schlaue Leute hatten sich schon einen Weg hoch durch den Wald an dem Abgrund vorbei gebahnt.
Steigung geschätzte 40%.
Also was die können, können wir auch.
Thomas setzt mit seinem 10 PS Boliden zur Höllenfahrt nach oben an (mit Anlauf) bleibt aber nach ein paar Metern aus Mangel an Kraftentfaltung des 150er Motors mitten am Berg hängen. Mit gemeinsamen Kräften schieben wir das Fahrzeug dann an den Scheitelpunkt des Bergs.
Unsere Lungen brauchten danach keinen Funktionstest mehr, daß sie funktionieren haben sie soeben bewiesen...
Den Fehler von Thomas will ich natürlich nicht machen, bin ja lernfähig.
Also noch mehr Anlauf und Gas stehen lassen...
Das geht die ersten 5-10 Meter gut, dann kommt ne Bodenwelle und hebelt mir den Lenker aus den Händen. Mein Motorrad sucht Kontakt zu Mutter Erde und ich auch. Wir beide finden ihn auch ohne größere Umwege.
Rechte Fußraste verbogen und Fußbremshebel auch.
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Den Rest des Bergs gings dann mit Schieben hoch, aber das kennt ihr ja schon...
Wenigstens hab ich mal Thomas gezeigt , wie man professionell stürzt und nicht so stümperhaft wie er letztes Jahr. Bergab kann ja jeder stürzen, aber bergauf erfordert da schon mehr Können.
Eigentlich wollten wir ja eine Strecke fahren, die leichter als die von letzten Jahr sein sollte, aber das Gegenteil war der Fall.
Große Geröllsteine, die eine permanente Fahrt im 1. Gang unumgänglich machten.
Nach weiteren 8 km Belastungstest für die Zahnräder des 1. Gangs unseres Getriebes erreichten wir sozusagen den offiziellen Zugang zur südlichen Ligurischen Grenzkammstrasse in Form eines Tunnels am Passo de Collardente.
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Ab da gings dann richtig los.
In unserem unerschütterlichen Glauben an den positiven Gang der Dinge wurden wir mit den ersten paar Kilometern der Schotterstrasse darin bestätigt, daß es eine leichte Tour werden würde.
Das änderte sich aber umso mehr wir voran kamen.
Der Zustand des Wegs verschlechterte sich zusehens und es tauchten immer mehr Felstreppen und grobe Schotterstrecken auf, die unseren Stoßdämpfern das Öl aus allen Poren drückten (speziell denen von Thomas)
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Als ob dieser Untergrund noch nicht genug wäre gings natürlich dabei ziemlich steil bergauf, was unsere Motoren mit übermäßiger Wärmeabgabe quittierten.
Gott sei Dank kam dann ein Tunnel, der ja innen meistens nicht so steil ist.
Aber dafür haben die Erbauer sich die Beleuchtung gespart.
Dafür haben sie jede Menge Kurven eingebaut, so daß man sich wie auf dem Weg in den Hades fühlt, da kein Ende des berühmten Tunnels zu sehen ist.
Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichen wir das helle Ende des Tunnels. Dort treffen wir ein paar italienische
Endurofahrer, die uns mit "thumbs up", also Daumen hoch begrüßen. Bei einem anschließenden Gespräch mit ihnen sind sie sehr überrascht über die Masse an Kubik, die unsere Maschinen mit sich rumschleppen.
Auf die Frage "due cento cinquente" sagte ich in meinem besten Italienisch:" No, cento cinquente"
was uns ein bewundendes "OH" einbrachte.
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Weiter gings über die schon bekannten unfahrbaren Wege.
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Endlich war der höchste Punkt erreicht, der Monte Saccharello. Ca. 2200 Meter über Null.
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Dort klebt seit heute ein MZ-Forums Aufkleber, so wie es sich gehört.
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Für Thomas war diese Anstrengung wohl doch zu viel. Er fing auf einmal an, sich mit seinem Helm zu unterhalten. Er sprach ein lautes „Hallo“ in seinen Helm (Beweisfoto liegt bei) , aber der doofe Helm wollte nicht antworten…..
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Thomas seine Kiste suchte immer mehr nach der abhanden gekommenen Leistung, er vermutet dass es an seinen Tuningmaßnahmen bezüglich eines K&N Luftfilters liegt. Na mal sehen...
Aber wie heißt es so schön:
Von nun an gings Bergab. Was aber oft schwieriger ist als die andere Richtung (die Bergsteiger wissen was ich meine).
Noch dazu konnte ich meine Hinterradbremse auf diesem Stein und Schotter Untergrund aufgrund des vorherigen Sturzes nur noch rudimentär einsetzen.
Aber man quält sich doch gerne wenn die Belohnung dafür ein Cola und ein Bier (und eine große Platte mit Schinken, Salami, Käse etc.) ist.
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Diese Lebensmittel haben wir dann zu uns genommen, als wir diese Bergabfahrt bis zu einem Café in Upega am Ende des Wegs fortgeführt haben.
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Im Glauben daran, daß wir uns das redlich verdient hatten, stoppten wir noch an einem Lebensmittelladen um noch mehr von diesen leckeren Käsesorten käuflich zu erwerben und fuhren die letzten Kilometer zu unserem Haus ohne weitere erwähnenswerte Vorkommnisse.
Dort war erstmal ein kurzer Schraubereinsatz nötig, ich hab meine Raste und den Bremshebel unter Zuhilfenahme eine großen Hammers annähernd wieder in die Nähe der Idealform gebracht und Thomas hat sich mit seinem Vergaser und Luftansaugsystem beschäftigt.
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Also morgen kann es weiter gehen. Wir haben für morgen eine Tour auf festerem Untergrund geplant.
Ja hier gibt es auch Teerstraßen, die sind aber so einsam, daß sich dorthin kaum ein Fahrzeugführer traut. Nur wir beiden Mutigen wollen es wagen...
Letztes Jahr haben wir für solch eine Tour von 180 km auf den eben erwähnten befestigten Straßen 9 Stunden gebraucht. Den Durchschnitt in km/h dürft ihr selbst ausrechnen
Güsi
P.S: ist alles auf Video
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